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Meine Augen weichen nicht von den Bildschirmen. Ich kann jedoch auf keinem von denen erkennen, was passiert ist. Auf dem einen sieht man nur die gelbe Flagge und auch die Jungs hier sind fleißig am Funken um die zwei auf der Strecke vorzuwarnen. Ich habe wirklich gedacht, dass der Sieg schon so gut wie in der Tasche ist.
Aber ob Lewis jetzt hinter dem Safety-Car durchs Ziel fährt macht ja im Endeffekt auch keinen großen Unterschied. Vergeblich versuche ich ihn irgendwo auf der Strecke zu erkennen.

Kurz bin ich erleichtert, als ich unser Wagen um die Kurve fahren sehe und gleichzeitig bleibt mir die Luft weg, als ich die 77 auf dem Wagen lese und nicht die 44.

"Oh nein. Bitte nicht." Ich blicke zu Toto, der todernst auf das Bildschirm vor ihm starrt. Es passiert alles so schnell.
Plötzlich tauchen hinter dem Staubnebel zwei Autos auf. Mir rutscht das Herz in die Hose und ich bin kurz davor durchzudrehen, als ich Lewis seinen Wagen erkenne. Ich weiß nicht, was ich machen soll.

"Ist er ok?", fragt Toto und schaut dabei zu den anderen, die am Pult mit sitzen.
Was zum Teufel ist hier los?
Warum funkt Lewis denn nicht zurück?
Ich beobachte wie Grosjean humpelnd aus dem Auto aussteigt. Mittlerweile haben sich viele um die beiden Autos versammelt. Die Sanitäter knien vor Lewis' Wagen, der auf der Seite steht und komplett demoliert ist.

"Warum sagt denn keiner wie es ihm geht?" Langsam werde ich auch ungeduldig. Das kann einfach nichts Gutes heißen. Ich rutsche von dem Stuhl runter und stelle mich zwischen Bono und Toto.
"Lewis? Bist du ok?" Keine Antwort.
"Warum kommt nichts zurück? Könnt ihr nicht die Sanis anfunken oder so?" Ich stütze mich an einer Stuhllehne ab und versuche ruhig zu bleiben.

"Jess, es wird alles gut. Es ist wahrscheinlich nur die Verbindung beschädigt."
"Das ist mir doch egal! Wen kümmert es, ob die Funkverbindung noch richtig funktioniert?"
"Wir können im Moment nur abwarten. Er wird so schnell es geht aus dem Wagen geholt. Es wird schon alles gut." Toto legt seine Hand auf meine Schulter, jedoch hilft es nicht wirklich viel.
"Ich halte das nicht aus. Warum brauchen die so lange? Egal, ich gehe da jetzt hin und schau selber nach ihm." Ich kann einfach nicht nur hier warten und hoffen, dass es ihm gut geht.
Was ist wenn...oh mein Gott!
Er könnte übel zugerichtet sein, immerhin sieht das Auto erschreckend aus.

"Jess du kannst da nicht hin. Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst. Ich weiß, dass da mehr zwischen euch ist und dass du nicht willst, dass ihm was zustößt aber der Unfall ist bereits passiert. Wir können ab jetzt, so schlimm das auch klingt, erstmal nur abwarten."
"Abwarten? Ich soll einfach hier rumsitzen und warten?"
"Du kannst ihm dort eh nicht helfen. Das Medical-car bringt ihn zu der Krankenstation hier hinten. Wenn du nicht hier warten willst, kannst du sonst nach hinten und dort auf ihn warten. Es wird auch ganz bestimmt ein RTW kommen müssen und hoffentlich nicht der Hubschrauber."

Ein Mechaniker ist so nett und begleitet mich bis zu dieser Krankenstation, wo ich erneut warten muss. Dieses Warten und das Ungewisse macht mich einfach fertig.

Während ich dort warte, wird die Widerholung vom Unfall nochmal gezeigt. Man sieht deutlich wie Lewis zum Überrunden ansetzt und er dann zu wenig Platz hat, aufs Kiesbett rausfahren muss und er sich daraufhin dreht.
Als die Bilder zeigen, wie er sich mehrmals überschlägt muss ich wegschauen, weil ich den Anblick nicht ertrage.

Between two hearts  || LH ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt