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JUNGKOOK

Abgesehen davon, dass dies einfach ein neuer, schlechter Scherz sein musste, fragte ich mich in diesen Sekunden, die Ewigkeiten brauchten, um zu verstreichen, tatsächlich, ob ich eigentlich dumm war.
Mir fiel es wie Schuppen von den Augen: Kim war der Nachname des Freundes meiner Mutter... deshalb war mir der Name etwas bekannt vorgekommen. Doch keinen einzigen Gedanken hatte ich daran verschwendet. Wie auch? Wie viele Leute in diesem Land hießen bitte Kim mit Nachnamen?

Taehyung, also Kim – also Kim Taehyung starrte zurück. Wahrscheinlich spiegelte er gerade meinen Gesichtsausdruck. Das konnte doch nun nicht wahr sein..., dachte ich mir immer und immer wieder.
Dieses Arschloch, der sich mit meinen Freunden anlegte und wahrscheinlich noch ständig irgendwelche Mädchen mit nach Hause brachte, sollte mein Stiefbruder werden?

In meiner Schockstarre bemerkte ich kaum, dass meine Eomma an meinem Ärmel zog.
„Jungkook, Kookie!", sagte sie und endlich begannen meine Muskeln wieder zu arbeiten, sodass ich meinen Kopf ruckartig zu ihr drehte.
„Das ist Taehyung. Taehyung, das ist Jungkook. Und ich bin Do-yeon, aber du kannst mich auch einfach Yeon nennen. Schön, dass wir uns endlich auch 'mal kennenlernen."

Erneut legte ich meinen Blick auf den Sohn Dong-wooks, der die Lippen aufeinander presste und anschließend nickte. „Hallo."

Abgesehen davon, dass ich ebenso kaum ein Wort herausbekam, fragte ich mich, weshalb meine Mutter diese Situation als so entspannt abstempelte. Normalerweise würde sie nun verlangen, dass wir beide uns vollständig begrüßten und die Hand gaben. Doch in ihrem Liebeswahn schien sie diese Förmlichkeiten wohl als unwichtig zu empfinden.

Vielleicht war das im Endeffekt ja sogar etwas Gutes für mich. Denn auf dummen Smalltalk hatte ich beim besten Willen keine Lust. Zumindest nicht mit ihm.

Während Taehyung sich neben mir niederließ, konnte ich ihn von der Seite etwas mustern.
Tatsächlich sah er seinem Vater schon etwas ähnlich. Beide hatten dieselben Augenbrauen, dunkelbraune Augen, eine sehr gerade Nase und ein breites Kreuz, wobei der jüngere sichtlich etwas kleiner als sein Vater war und ein dunkelblonde, wellige Haare und vollere Lippen aufwies.

Bevor jener dies bemerken und mich zudem anmotzen konnte, da ich ihn beobachtete, legte ich meine Aufmerksamkeit auf das Gespräch meiner Eltern. Innerlich klopfte mein Herz hingegen stark vor Aufregung, Wut und Unwohlsein gegen meinen Brustkorb.

Wie konnte mein Sitznachbar so ruhig in dieser Situation bleiben? Sowieso sah er im Großen und Ganzen nicht so entgeistert aus. Er konnte mich doch nur nicht-mögen – ergab das hier alles einen Sinn?
Oder blieb er so ruhig, da er solche Abendessen mit seinem Vater gewöhnt war, und – eigentlich ja so wie ich, wenn Olga nicht gewesen wäre – nichts von den Heiratsplänen wusste?

Den Salat mit den Garnelen schaffte ich nur etwa zur Hälfte, während Eomma und Dong-wook zusammen lachten und tratschten, und Taehyung kein weiteres Wort mehr von sich gab.

Schließlich kam die Hauptspeise. Es duftete nach Nudeln und liebevoll hergerichteten Beilagen, die mit scharfen Gewürzen verfeinert worden waren.

Auch hier aß ich weniger als sonst, doch schaffte es zumindest über die Hälfte meiner Portion zu essen. Ich zwang mich, nicht zu Taehyung hinüberzuschauen. Abgesehen davon, dass ich etwas Schiss hatte, dass er mich ankläffen könnte, wollte ich auch keinen weiteren Kontakt mit ihm austauschen.

„Taehyung, Jungkook."
Eomma und ihr Freund hatte ihre Konversation über Gartenmöbel und falsche Anrufer am Telefon beendet und sahen uns beide aufmerksam an. Da keine Antwort von uns beiden folgte, warfen die beiden sich einen ernsten Blick zu, ehe ein Lächeln über ihre Lippen huschte.
„Da ihr ja nun beide endlich hier seid.... können wir euch endlich sagen, weshalb wir dieses Treffen schnellstmöglich wollten."

Sogleich verkrampfte ich mich. Jetzt kommt's. Die Nachricht, die zur vollständigen Eskalation führt.

„Wir... also dein Vater, Taehyung, und ich..." Meine Mutter ließ ein Kichern, welches gar nicht bei ihr üblich war, von sich hören. „... haben beschlossen – wie ihr euch bestimmt schon denken konntet – zu... heiraten. Wahrscheinlich werden wir bald schon beginnen, unser Haus bezugsfertig zu machen, sodass Taehyung und Dongi bei uns einziehen können."
Erneut lächelte sie sogar etwas schüchtern, als sei sie ein verliebteres Teenie-Mädchen, dass so eben von ihrem Schwarm gefragt worden war, ob sie zusammen ins Kino gehen wollten.

Obwohl ich mir vorgenommen hatte, mich um eine möglichst geschockte Reaktion zu bemühen, musste ich feststellen, dass dies nicht unbedingt von Nöten war. Denn in Wirklichkeit nahmen mich diese Worte aus dem Mund meiner Mutter, die mir diese Nachricht so locker und gewissenlos beibrachte, genug mit. In Wirklichkeit war ich stark geschädigt – nun gut, das war ich schon seit gestern.

Sie klang so, als würde sie mir mitteilen, dass der nächste Urlaub wieder in den Süden zu meiner Oma gehen würde. Also so, als sei es schon vorprogrammiert, dass ich mich freuen musste.

Taehyung hingegen sprang geradezu von seinem Platz auf. „Was ist denn los?", sprach Dong-wook seinen Sohn an, sodass ich mich fragte, ob diese Frage wirklich ernst gemeint war.

„Was los ist, möchtest du wissen, Appa? Ihr habt sie doch nicht mehr alle!"
Oho, tatsächlich sprach er mir aus der Seele. Normalerweise lachte ich Personen, die so wie ich dachten, stets an; doch abgesehen davon, dass er mir keines Blickes würdigte, verabscheute ich ihn, sodass ich es mit dem zustimmenden Lächeln eher unterließ.

Ohne auf eine Antwort der beiden zu achten oder seinen Stuhl zurückzuschieben, erhob er sich und ging quer durch das Wohnzimmer hinaus auf die Terrasse, die wiederum in unseren weitläufigen Garten führte.

Eomma sah ihren Freund unschlüssig an, der ihr zumindest nicht dieselbe Miene entgegenbrachte. Es herrschte noch unangenehmere Stille als zuvor, und sie brauchte etwas, um sich zu entspannen.
Liebevoll sah meine Mutter mich letztendlich an. „Zumindest erscheinst du nicht allzu entgeistert darüber zu sein. Ich weiß, dass es eine große Umstellung für dich sein muss, doch unsere Entscheidung war keineswegs unüberlegt."

Wenn du wüsstest, Eomma... und schon wieder fühlte ich mich schlecht, da ich unfähig war, ihr über meine Gedanken zu berichten. Dabei erzählte ich ihr sonst so gut wie alles.

„Vielleicht sollte ich mit ihm reden", beschloss Dong-wook nun ebenso und drehte sein Weinglas in der Hand. „Wiederum weiß ich aber auch, dass er in solchen Momenten seine Ruhe braucht."

„Kookie könnte ihm ja nachgehen. Die beiden sind nun schließlich in derselben Situation", schlug seine Freundin vor, dass mir beinahe die Augen aus den Höhlen sprangen. „Ich?!"

„Tatsächlich könnte das klappen", überlegte er nun laut, und blickte mich an. „Könntest du das tun? Sprich ihn einfach ehrlich an. Du brauchst nicht lange zu überlegen, dass du 'was falsches sagen könntest. Taehyung wird dir sicherlich zuhören..."
Wusste dieser Mann eigentlich von wem er hier sprach? Sein Sohn würde mir offensichtlich nicht (nun, wo er mich zusätzlich nicht nur im Matheunterricht ertragen musste) sein Herz ausschütten, geschweige denn mich zu Wort kommen lassen...

Als ich Eommas zustimmenden Blick auffing, seufzte ich erneut. Sollte ich es versuchen? Sollte das mein erster Schritt in Richtung einer glücklichen Geschwisterbeziehung werden?

Schließlich erhob ich mich ebenso und nickte widerstandslos.
„Okay. Ich suche ihn dann mal."
Die dankenden Rufe meiner Eltern im Rücken und mit einem unangenehmen Herzklopfen folgte ich Taehyung durch die Terrassentür in den Garten.





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vllt erstes richtiges gespräch der beiden incoming :0

𝐒𝐓𝐄𝐏 𝐈𝐍𝐓𝐎 𝐌𝐘 𝐇𝐄𝐀𝐑𝐓  |  taekook  ( ✓ )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt