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JUNGKOOK

Leere.
Ein ganz schön großes Wort, um die eigenen Gedanken, Gefühle und Pläne damit in Verbindung zu bringen. Doch mir war nicht klar, wie ich diese sonst definieren sollte.

Dieses erdrückende Vakuum in mir bezog sich nicht auf eine sexuelle Ebene, sie war viel tiefgründiger, als ich es jemals von mir erwartet hatte.
Es war wahrer Kummer, der jeden Faser meines Körpers erfasste und jede Art von auch nur anbahnender Freude im Keim ersticken konnte. Mein Herz litt. Und damit war meine ganze Person dem Leid verfallen.

Alles fehlte mir an ihm. Es machte mich fertig, keinen Bezug mehr zu ihm zu haben, ihn nur für einige Sekunden pro Tag an mir vorbeilaufen zu sehen, ehe die Hoffnung, dass wir doch miteinander sprachen, wieder erstarb.

Denn ich wusste nur zu gut, dass er sich nicht nur von mir fern hielt, da ich ihn seelisch und Stück für Stück durch meine Gegenwart verletzt hatte – selbst wenn ich es in den letzten Wochen durch unsere heimliche Beziehung kaum realisiert hatte – sondern weil vor allem auch er befürchtete, seine Gefühle nicht kontrollieren zu können und auf mich loszugehen.

Er hielt sich für ein Monster und mich für einen gefühlskalten, unerreichbaren Traum. Und dieser Fakt zerriss mich.

Am gestrigen Abend hatte ich mich in seinem Zimmer niedergelassen, während Taehyung erneut bei seiner Arbeit gewesen war. Der Raum war inzwischen nahezu leer. Es stand schon fest, dass er nur noch die kommende Nacht in unserem trauten Heim übernachten würde. Ja, und dann? Dann würde er gehen. Jedoch wusste niemand, wohin es ihn dann verschlug.

Ich hatte Angst, dass er am Ende an irgendeinem verlassenen Ort landete. Und dort zugrunde ging. Sei es durch seine eigene Person oder durch irgendwelche bösen Menschen.

Abgesehen davon, dass er begonnen hatte, wieder mehr zu rauchen, sprach er auch kein Wort mehr mit Eomma oder Olga. Er tauchte nicht zum Essen auf, befand sich nicht mehr im Haus.
Mir war ein weiteres Mal kalt geworden, als ich mich in seinem Zimmer umgesehen hatte. Die kahlen Wände schienen mich einzuengen, seine letzten persönlichen Gegenstände versetzten mich in Nostalgie.

Es war schon fast so, als würde ich einer längst vergangenen Erinnerung nachtrauern. Dabei sollte Taehyung meine Zukunft werden. Die Länge der Zeitspanne, in der wir uns kannten, spielte dabei keine Rolle.

Denn ich hatte es realisiert.
Ich hatte verstanden, dass ich ihn liebte.

~*~

Meine Konzentration in der Schule war mehr als am Arsch. Taehyung war nicht in Mathe aufgetaucht, was Frau Shin sofort kommentiert hatte: „Zumindest hast du dich wieder besonnen, Jungkook, wieder in meinem Unterricht zu erscheinen. Dein Stiefbruder hingegen..."

Sie verstummte und zog eine Augenbraue in die Höhe, wollte ihren Satz wohl nicht beenden. Eigentlich war ich mehr als wütend, dass immer mehr Leute behaupteten, Taehyung würde mich auf die falsche Seite ziehen, nur weil unsere Gefühle füreinander uns durcheinanderbrachten. Doch ich war in diesem Moment zu geschwächt von meinem Schlafmangel und Herzschmerz, dass ich mich nicht rechtfertigen oder Tae verteidigen konnte.


„Du bist doch krank", stellte Jin fest und legte beunruhigt eine Hand auf meine Schulter, als wir den Unterricht verließen und auf dem Flur auf Namjoon trafen, der augenblicklich Jins und seine Finger miteinander verschränkte. „Brauchst du Mars?"

„Mir gehts gut", entgegnete ich tonlos, ohne zu realisieren, dass meine Stimmlage ihnen ganz und gar nicht weismachen würde, dass meine Worte der ganzen, wundervollen Wahrheit entsprachen. „Und ich will keinen Mars."

„Du sagst, dir gehts gut, willst aber keinen Mars? Diese beiden Sätze passen nicht zusammen. Abgesehen davon, dass du aussiehst wie sieben Tage Regen", meinte Jin vorwurfsvoll und besorgt zugleich.

„Was ist mit eurem Plan?", warf Joon anschließend ein und legte den Kopf schief.

Ein Seufzer verließ meine Lippen. „Es gibt keinen Plan." Meine besten Freunde schauten erst sich und anschließend mich unsicher an.

„Ihr seid ein so tolles Pärchen", murmelte ich dann nachdenklich. „Ich hoffe, ihr adoptiert mal Kinder."

„Willst du etwa auch von uns adoptiert werden? Weil wir würden dich immer bei uns aufnehmen, Kookie. Hast du ansonsten Stress mit deiner Mutter?", entgegnete der Braunhaarige, als würde er den Fakt, dass Namjoon und er eine Familie gründen, als vollkommen realisierbar und logisch betrachten.
Unser Hyung starrte ihn für einen Moment nur schockiert an, ehe seine Wangen einen leichten Rotton annahmen.

„Nein... nein, das nicht", meinte ich müde, obwohl ich innerlich Jins lockere Einstellung zum Thema ,Kinder' und Namjoons Reaktion darauf wirklich niedlich fand. „Zwischen Eomma und mir ist alles gut."

„Dann mit Taehyung", schlug der Älteste im Bunde vor, doch erntete daraufhin einen belustigten Blick von seinem festen Freund.

„Bleib mal realistisch, dann würde er doch nicht so bedrückt dreinschauen, Joonie", meckerte Jin und blickte mich nach dem Motto „Stimmt doch?" an.

„Laut meinem Stiefbruder wohl nicht", meinte ich weiterhin emotionslos und schluckte schwer, als ich erneut an seine Worte denken musste.

Aber um's dir zu besorgen war
ich noch gut genug, was?"

„Wie?", brachte Jin ungläubig hervor, in dessen Ohren meine Worte wohl keinen Sinn ergaben. „Ich versteh' nichts mehr... Taehyung hat doch recht, wenn er das sagt. Wie solltest du auch traurig wegen ihm sein? Er ja nur dein fauler Zigaretten-Junkie-Bruder..."

„Nein, nicht nur das...", hauchte ich und merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Bald würde ich meine Gefühle nicht mehr unterdrücken können. Ich fluchte in Gedanken auf.

„Ja, gut... er ist außerdem nervig, nagelt alle Mädchen, ist wahrscheinlich nicht gerade der hellste, wird schnell aggressiv...", zählte Jin weiterhin auf und richtete den Blick an die Decke, während er an seinen Fingern Taehyungs angebliche Eigenschaften aufzählte. Nur Namjoon schaute mich mitleidig an.

„Sag das bitte nicht...", flüsterte ich. Ich konnte kaum ertragen, dass man Taehyungie auf diese Art und Weise betitelte.

Aber wie sollte ich es Jin verübeln? Ich selbst hatte immer so über meinen Stiefbruder gesprochen.

Und dabei war er nichts von alledem. Er war keine nervige Person, die ständig an einem hing. Er war hilfsbereit, nicht zuletzt gefühlvoll und intelligent. Doch er hatte seine Fähigkeiten nicht mehr nutzen können. Sein erstarrtes Herz hatten ihn daran gehindert, sodass er Ablenkung in Zigaretten gesucht und sich keinen Dingen wie Schule und Lernen hingeben hatte.
Er war einfach geschwächt und explodierte einige Male, wenn sich seine Gefühle zu lange zusammen stauten. Doch er war nicht Dong-wook... er war kein Arschloch.

Nicht zuletzt war dies ein weiterer Beweis für dessen und so auch Frau Shins Unrecht. Taehyung hatte mich niemals davon abgehalten, mich auf die Schule zu konzentrieren. Er hatte mich in kein Loch gezogen.

Er hatte mein Leben bereichert. Er hatte mir Liebe geschenkt, die ich eigentlich nicht verdient hatte. Ich hatte mich all die Zeit lang wie eine Memme verhalten. Klar, ich hatte es schwer durch den Tod meines Vaters gehabt.

Doch hatte ich je versucht, mich in jener Zeit in Taehyung hineinzuversetzen ? Nein. Somit hatte er immer recht behalten.

Zusammen mit dem Fakt, dass ich niemanden so liebte und wollte wie ihn, hatte ich dadurch auch all meine Fehler nachvollziehen können. Doch wie sollte mir Taehyung dies glauben?



✧ ✧ ✧

es ist so deprimierend, i'm so sorry :/

— und danke für 5K uwu

𝐒𝐓𝐄𝐏 𝐈𝐍𝐓𝐎 𝐌𝐘 𝐇𝐄𝐀𝐑𝐓  |  taekook  ( ✓ )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt