Red Room Akademie

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1703 Pov:

Mein Blick war starr auf die kalten, grauen Wände gerichtet, während der Mann mit einem kleinen Loch in der Brust vor mir umfiel.

Keine Schwäche zeigen.

Eines der anderen Mädchen um mich herum zuckte kurz zusammen. Sofort lag die gesamte Aufmerksamkeit auf ihr.

"Erschreckt dich der Ton eines Schusses so sehr?" fragte die Madame herrisch.

"N... Nein." stotterte das kleine Mädchen mit den blonden Zöpfen.

Madame B. sah sie streng an, während das kleine Mädchen mit großen, angsterfüllten Augen zu ihr hinauf schaute.

"Mädchen, was sage ich euch immer?" fragte die Madame in die Runde, ohne den Blick von dem blonden Kind zu nehmen.

"Keine Schwäche zeigen." riefen wir anderen Mädchen im Chor.

Die Madame öffnete ihre Hand und streckte sie auffordernd zu mir aus. Wie von ihr erwartet, legte ich die Waffe in die geöffnete Hand. Dann packte sie das Mädchen am Arm und zog sie mit sich in die Mitte. Mit ihrem Finger zeigte sie auf mich. Sofort setzte ich mich in Bewegung und stellte mich zu den beiden.

"Keine Schwäche. Schmerz macht euch nur stärker. Erteile ihr diese Lektion." wies sie mich an. Nickend beobachtete ich das Mädchen mir gegenüber. Sie schaute mich hilfebittend an, doch ich lies nicht eine einzige kleine Emotion durch meinen Blick zu. Keine Gefühle. Die eiskalte Maske hatte ich inzwischen fast perfektioniert.

"Los." befahl Madame B. und sogleich stellte ich mich in meine Kampfposition. Etwas zögerlich nahm auch das blondhaarige Mädchen ihre Stellung ein.

Kaum war sie in Angriffsposition, griff ich an. Wir kämpften einige Minuten, doch jeder wusste, dass ich gewinnen würde. Nach nur wenigen Minuten hielt ich ihren Kopf im Schwitzkasten, während sie bereits nach Luft ring. Mein Blick glitt zur Madame. Diese lächelte mich stolz an und nickte mir zu.

Kurz darauf hörte man ein leises, kaum hörbares knacken. Doch für mich erfüllte dieses Knacken den gesamten Raum, so dass es mir für ewig im Gedächtnis bleiben würde. Ich ließ das Mädchen aus meinen Armen frei. Sofort fiel sie mit gebrochenem Genick auf den Boden.

"Dass passiert mit den Schwachen. Gut gemacht." lobte sie mich. Ich erwiderte nichts und blickte starr gerade aus.

"Bereitet euch für's Ballett vor, Mädchen. Zeigt mir, dass ihr perfekt seid." befahl die Madame und ging aus dem Raum. Sobald sie draußen war, wagte ich einen kurzen Blick auf das Mädchen vor mir.

Tanja.

Schlagartig öffnete ich meine Augen und sah geradewegs gegen eine weiße Wand. Von meinem Nachttisch nahm ich den Schlüssel und schloss meine Handschellen auf. Augenblicklich war mein Handgelenk wieder frei. Mit einem Blick auf meinen Wecker richtete ich mich auf. 06:17 Uhr.

Schnell zog ich mir meine Trainingsklamotten an, machte mich im Bad fertig und war kurz darauf schon im Trainingsraum verschwunden. Ich boxte und schlug auf den Boxsack ein, bis ein lautes Klingeln zu hören war. Frühstückszeit. Der gleiche Ablauf wie an jedem anderen Tag.

Schnell nahm ich meine Sachen und begab mich in den Speisesaal, wie jeden Morgen. Wir sind gerade erst wieder umgezogen, da unsere letzte Einrichtung von S.H.I.E.L.D. in die Luft gesprengt wurde.

Artig aß ich meinen Brei auf. Ich konnte nicht sagen nach was er schmeckt, und ob er ekelhaft oder lecker war. Er war die einzige Mahlzeit die ich jemals gegessen habe. Ich weiß nicht wie andere Lebensmittel schmecken. Doch es stört mich nicht. Das Bedürfnis mal etwas anderes zu essen, habe ich schon vor Jahren verdrängt.

"1703. Kommen Sie her." ich hörte wie meine Nummer aufgerufen wurde und stand augenblicklich auf. Die Madame stand am Ende des Speisesaals. Neben ihr stand ein Mann, den ich sofort als General Dreykow ausmachte.

"Sir." ich nickte ihm zu. Er war der Leiter dieser Einrichtung. Die Madame übernahm eher das Training von den Mädchen.

"Gute Arbeit in Oslo, 1703." lobte er mich.

"Haben Sie vielen Dank, Sir." antwortete ich höflich und dennoch kalt, so wie es von mir erwartet wurde. Eine gewisse Höflichkeit wurde verlangt, dennoch sollten wir uns solch ein Lob nicht zu Herzen nehmen. Eine gewisse Gleichgültigkeit wurde ebenfalls vorausgesetzt, da wir immer den Job vollständig ausführen und perfekt sein sollten. Weswegen wir kein Stolz darüber empfinden, da es immer von uns erwartet wird. Da dies eine Selbstverständlichkeit ist, den Job gut zu machen. Jede Mission sollte so verlaufen. Weswegen sie einen eher selten loben. Sehr selten, doch es kommt vor.

"Machen Sie sich fertig. Der Wagen steht bereit. Sie fahren in eine nahgelegene Stadt hier in Russland." befahl die Madame autoritär wie sie war. Stumm nickte ich als Einverständnis.

"Sie dürfen gehen." verabschiedete mich der General.

Ich drehte mich um, ging zu meinem Platz und nahm meine Sachen. Das Geschirr räumte ich schnell ab und brachte es in die Küche. Durch die dunklen hölzernen Treppenstufen gelang ich nach oben in den ersten Stock.

Dort angekommen duschte ich mich und zog mir meinen schwarzen, eng anliegenden Anzug an.

In the Shadow of Love (Steve Rogers FF / Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt