VI.III Deidre, Kane, Eugene

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Kane
Zwei Echsen schlängelten sich durch ein Dickicht an jungen Bäumen. Ihre Schuppen reflektierten die wenigen Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach fanden. Ich drehte mich zur Seite und verschwand hinter einem dicken Stamm. Von hier konnte ich die Situation besser auskundschaften. Die Echsen waren beritten. Zwei große Gestalten saßen im Sattel und durchkämmten den Wald. Eugene. Sie mussten ihn gefunden haben, seine Hose baumelte in der Hand des Reiters. Fuck. Ich atmete tief ein und ließ Hitze in meine Finger strahlen. Die Echsen würden das Weite suchen, sobald sie das Feuer sahen. Mit den zwei Reitern würde ich es aufnehmen können. Ich drehte mich aus der Deckung hervor und ließ einen Schwall Flammen in Richtung meiner Feinde los. Der Angriff kam überraschend, die Echsen stiegen und wanden sich unter dem Sattel, bis sie ihre Reiter losgeworden waren und gehetzt das Weite suchten.

Eugene
Natürlich dauerte die Rast der zwei uneingeladenen Gäste bis zum Morgengrauen und meine Existenz im Wasser glich einem Quippenfrosch. Meine Haut war schwammartig aufgeweicht und jegliche Gliedmaßen waren taub. 

Die beiden hatten über unser Dasein der Elementals diskutiert und dies teilweise sehr hitzig. Doch die Reibung zwischen den beiden war tiefgründiger Natur. Sie empfanden füreinander etwas - das war selbst im arschkalten Wasser zu spüren. Doch es gab einen Punkt, da brachen sie tatsächlich auf. Sobald sie außer Reichweite waren, zog ich mich aus dem Teich heraus und blieb erstmal zitternd liegen. Kleidung würde helfen. Also richtete ich mich wankend auf und wollte mich soeben zu meinem Stück wärmenden Stoff aufmachen, als ich erneut ihre Stimmen vernahm.

"Die Hose hier... das ist doch Leine aus dem Kanton."
Das darf doch jetzt nicht wahr sein. Ich stieß sichtlich verzweifelt und genervt Luft aus und versteckte mich hinter dem nächstbesten Baum. Autsch, auf nackter Haut ganz schön kratzig. Doch bevor sie wieder zurück zum Teich gelangten, vernahm ich einen Wut entblößten Schrei und eine heiße Stichflamme erwärmte meine Flanken. Fuck, fuck, fuck, Kane, was machst du da? 

Hin- und hergerissen zwischen Verharren bis alles passiert ist oder splitternackt Sprinten zum Ursprung der Feuerexplosion, spielte ich mit mir selbst Schnick Schnack Schnuck. Ich verlor und rannte meinem Freund zur "Hilfe". 


Deidre
Die Hitze brannte über meinen Helm hinweg. Das Züngeln der heißen Flammen brannte auf meiner Haut, sodass ich mich intuitiv auf den Bauch rollte und mit den Händen meinen Kopf schützte. Ein zweiter Schwall Feuer fegte über mich hinweg. Eilig robbte ich hinter einen nahegelegen Felsbrocken. "Killian", brüllte ich durch die Rauchschwaden, die die Luft um uns herum in einen undeutlichen Schleier tauchte. Eine dritte Feuerwelle rollte auf mich zu, dicht gefolgt von einer Vierten. Mit schwitzigen Fingern belud ich meine Waffen und machte mich mental darauf gefasst, meine Deckung zu verlassen. Die Hitze brannte in meiner Lunge und als ich hinter dem Fels auftauchte und eine schnelle Schussfolge in den Nebel sandt, passierte alles in nur dem Bruchteil einer Sekunde: Die Rauchschwaden wurden geteilt von einem Flammenball, die enorme Geschwindigkeit ließ mir keine Zeit mich zurück hinter meine Deckung fallen zu lassen, sodass ich nur dastehen und diesem wabernden Geschoss ins Gesicht blicken konnte. Im rechten Augenwinkel sah ich Killian, der geistesgegenwärtig zwischen mich und die Flammen sprang und diese mit einer fließenden Handbewegung entzwei teilte. Der Feuerhagel verebbte und ich stand nur da, nicht sicher dem was ich gerade gesehen hatte, mit Killian zu meinen Füßen kauernd.

Kane
Irritiert ließ ich die Fäuste sinken. Was zur Hölle war da gerade geschehen? Mein Angriff war effektiv abgewehrt worden und das mit einer Technik, die seinesgleichen suchte. Hatte ich die Falschen beschossen? Instinktiv ging in Richtung der Reiter, um mich zu vergewissern, dass ich keine Rebellen unter Beschuss genommen hatte. Die Rauchschwaden lichteten sich, mit einem tiefen Atemzug ließ ich das tobende Feuer im Boden verebben. 

Mit dem Rücken zu mir kniete ein Mann, seine Uniform ließ darauf schließen, dass er keiner von uns war. Vor ihm stand eine Frau; die Flammen hatten ihr sichtbare Verbrennungen zugefügt. Silberne Haare lugten unter ihrem Militär-Helm hervor und als sie blinzelnd die Augen öffnete, blickte ich in strahlend orangefarbene Pupillen. Sie war eine Shevu. Ich stieß den Mann zur Seite und richtete erneut meine Fäuste auf sie. 


Eugene
Ich stolperte durch Gras und Laub, welches vom Morgentau noch feucht war. Mit geschärftem Gehör auf die sich vor mir abhandelnde Szene, näherte ich mich mit holprigen Schritten. Kane war definitiv auf die Offizierin und ihren Freund gestoßen. Ich vernahm ihre Kampfschreie. Ihre Schwingungen kamen nur gedämpft durch meine aufgeschwämmten Füße, das machte das Blindsein zu einer Herausforderung. Ich war so auf das Geschehen fokussiert, dass ich den ein oder anderen Ast mitnahm. Mit großer Verzögerung erreichte ich verkratzt und zerzaust die Quelle der ganzen Hitze und des Kampfes. Die drei hatten sich eine eigene kleine Lichtung erbrannt, ich spürte einen stärkeren Luftzug und viel Raum zum Bewegen. Der Boden war durch das Abgebrannte schon wesentlich trockener und ich vernahm mit meinen Schritten auf das Feld die Positionen der anderen.
Im rechtzeitigen Moment erkannte ich, dass Kane erneut zum Angriff ausholte. Nicht ganz im Klaren meiner Handlungsintentionen, holte ich instinktiv mit meinen Armen aus und schob die beiden mit einer Bodenwelle meterweit auseinander.

"Hört auf verdammt!", schrie ich dabei verzweifelt. Für einige Sekunden wurde alles ganz still und man vernahm nur das gegenseitige schwere Atmen.
"Oh und sorry für die Entblößung - war so nicht geplant." Keine Ahnung, ob ein Scherz angebracht war, doch in unangenehmen Situationen konnte ich meist nicht anders.

Deidre
Perplex starrte ich den Neuankömmling an. Nackt stand er da. Wie die sieben Götter ihn geschaffen hatten. Die Absurdität dieses Momentes hätte zu keinem Zeitpunkt größer sein können. Meine Waffen richtete ich nun auf den nackten, verwirrten Mann und den feuerspuckenden Angreifer vor mir. Killian hatte sich mittlerweile aus seiner knienden Haltung aufgerichtet und positionierte sich an meiner Seite, mit gezogenem Schwert. Die Klinge blitzte in der aufgehenden Sonne gefährlich und ich konnte es kaum wagen, meine Gedanken schweifen zu lassen, um das soeben Geschehene zu analysieren. "Nimm die Fäuster runter", fauchte ich dem Dunkelhaarigen vor mir zu. Natürlich dachte er im Traum nicht daran und ließ stattdessen Flammen über seinen Fingerknöcheln tanzen. Elemental. Das Wort schoss durch meine Gedanken und brachte alles nur noch mehr ins Strudeln. Meine Finger zogen sich enger um den Auslöser meiner Pistolen und mein Herz schlug in meiner Kehle. "Kane, jetzt nimm doch mal die Hände runter", setzte der Nackte beschwichtigend an. "Sag mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe, du hast dieses ganze Chaos doch erst angerichtet", brüllte ihm der Andere wutentbrannt entgegen und die Flammen um seine Hände leuchten als Reaktion darauf umso heller. 


Kane
Ich biss die Zähne zusammen und holte zum Schlag aus. Meine Faust traf auf kalten Stein. Die Flammen ergossen sich in alle Richtungen und ein lauter Knall ließ die Mauer vor mir bröckeln. Platzend vor Wut richtete ich meinen Blick auf Eugene. Doch alles, was mir ins Auge fiel war sein prächtiges Gehänge, welches in der Erdbändiger-Position bestens zur Schau gestellt wurde. Sprachlos, verwirrt und immer noch sauer schloss ich die Augen. Was war seine Mission? War er nun auf meiner oder auf deren Seite? Was sollte das ganze hier?!

Die Mauer jetzt zu umrunden, wäre tödlich gewesen. Gegen eine Schusswaffe und ein Schwert hatte ich so keine Chance. Die Frau hätte mir eine Kugel zwischen die Zähne gejagt und meine Hand wäre längst abgetrennt gewesen, bevor ich auch nur einen Treffer landen konnte. Also blieb mir nur die Flucht. Obwohl mir das gar nicht in den Kram passte. Die Shevu wussten nun, nach jahrelanger Geheimhaltung, vom Überleben der Elementals. Die Rebellion hatte damit ihre wichtigste und stärkste Waffe verloren, wenn das Militär die resistenten Rüstungen wieder einsetzen würde. Mein Plan war gescheitert und die Chance, dass Sahara und Eugene eines Tages das Gleichgewicht wieder herstellen könnten, zerplatzt.
Noch einmal sah ich Eu an - diesmal in die Augen - schüttelte den Kopf und rannte zurück in Richtung Grabor.  

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