13.

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Seit dem Vorfall mit Lysan sind inzwischen schon ein paar Tage vergangen und ich hab sie kaum gesehen, sie war nie beim Essen, kam immer ganz kurz vor Unterrichtsbeginn und verschwand danach sofort wieder. Selbst, als wir in Zaubertränke gemeinsam arbeiten sollten, hat sie kein Wort mit mir gewechselt. Lediglich ihren Teil der Arbeit erledigt und die restliche Stunde saß sie dann vor einem Notizbuch und hat vor sich hin gemurmelt. Selbst als ich sie angesprochen habe und fragte, ob sie die Baldrianwurzel schon hinzugefügt habe, hatte sie mich nicht beachtet. Irgendwie machte ich mir Sorgen.

"Jane!" Ich zuckte stark zusammen, als Julie meinen Namen über den Tisch rief. "Wieso schreist du mich an?", fragte ich sie leicht gereizt, und schaute sie genervt an. Die Augen der Jägerin verengten sich zu Schlitzen und sie knirschte angespannt mit den Zähnen: "Wenn du verträumter Holzkopf die 6 Male davor nicht reagierst, kann ich nichts dafür, wenn man dich anscheinend nur durch anschreien erreichen kann! Beschwer dich gefälligst nicht, wenn du zu unfähig für soziale Interaktionen bist!" Sie schmiss ihre Serviette auf den Teller und verließ immer noch wütend die große Halle. "Na toll! Danke Jane! Sie hat kaum was gegessen und ist wütend, du weißt, dass sie das später an mir wieder raus lässt oder?", Charles stöhnte wehleidig auf und schaute mich aufgebracht an. Ich murmelte nur ein Entschuldigung und stocherte wieder in meinem Essen rum. "Nach dem Essen wollte ich einen Spaziergang am See machen, hast du Lust mit zukommen? Bringt dich auf andere Gedanken und tut dir gut", mein Kopf wanderte zur Seite zu einer aufmunternd lächelnden Tina. Erschöpft atmete ich aus und nickte ihr mit einem Lächeln dankbar zu. Sie wandte sich wieder ihrem Buch zu, während ich mit wenig Begeisterung mein Essen anschaute.

Nach dem Essen gingen Tina und ich nebeneinander aus dem Schloss Richtung See. "Meine Mutter hat mir eine Postkarte geschickt", verwirrt schaute ich zu meiner schwarzhaarigen Freundin. Sie erwähnte ihre Mutter nur selten und wenn, hieß es nichts gutes. Sie schaute nach unten auf den Boden während sie sprach. "Anscheinend ist sie gerade in Spanien. Hat dort jemanden kennen gelernt", sie machte eine kurze Pause und schaute hinauf zum Himmel, "Sie meinte, ich würde ihn mögen und dass wir in den Winterferien doch vorbei kommen sollten." Ich hörte die Empörung, welche in ihren Worten mitklang. Ihre Mutter hatte sie verlassen als sie gerade mal 5 Jahre alt war. Sie war sehr jung schwanger geworden und hatte ihren damaligen Freund gleich geheiratet. Nach 5 Jahren, beschloss sie, dass sie noch etwas erleben und nicht Mutter sein möchte. Sie lies sich von ihrem Mann scheiden und reiste um die Welt. Seitdem kümmerte sich Tinas Vater um Tina, ihren Zwillingsbruder Sam und ihren jüngeren Bruder Louis. Er hatte alle Hände voll zu tun, neben seinen drei Kindern, den eigenen Buchladen noch am laufen zu halten. Die Familie schaffte es gerade so über die Runden. Nebenher versuchte er noch mehr über die Zaubererwelt zu lernen. Tinas Mutter war eine Hexe, er ein Muggel. Sie hatte ihm nie von ihrem Geheimnis erzählt. Weswegen es ein ziemlicher Schock für ihn war, als Tina und Sam 11 wurden und der Brief von einer Zaubererschule kam. Seit nun 10 Jahren hatte Tina keinen persönlichen Kontakt mehr zu ihrer Mutter. Es kamen zwar seit nun 4 Jahren regelmäßig Briefe, jedoch wollte sie nichts davon wissen. Ihre Mutter hatte plötzlich den Kontakt wieder aufgebaut und versuchte sie zu sich einzuladen. Dass sie jedesmal von einem anderen Mann sprach, machte das Ganze für Tina nur noch schlimmer.
Beim See angekommen blieben wir stehen, ich schaute zu ihr rüber, ihr Blick war auf das Wasser gerichtet. Es lag Trauer darin. "Als ob sie wüsste, was ich mag und was nicht. Sie hat keine Ahnung wer wir sind", ihre Hand ballte sich zu einer Faust und ihre Zähne knirschten. Vorsichtig zog ich sie in eine Umarmung und hielt sie fest. "Wenn du möchtest, könnt ihr diese Jahr wieder zu uns kommen. Mutter würde sich sicher freuen. Desto mehr, desto besser", ich hört sie leicht lachen und merkte, wie sie die Umarmung noch einmal verstärkte und ein "Danke" flüsterte, bevor sie einen Schritt zurück ging. Mit einem Ärmel von ihrem Umhang wischte sie sich über die Augen. Sie lächelte mich noch einmal an und zog mich mit sich, um den Spaziergang fortzusetzen.
Nach einer Weile der Stille erhob Tina erneut das Wort: "Möchtest du mir erzählen was los ist oder soll ich noch weitere unterhaltsame Dinge ansprechen? Ich hätte zum Beispiel noch eine Beschwerde und eine Vermutung." Wehleidig schaute ich sie an. Ich hatte ihr bis jetzt noch nichts von der letzten Begegnung erzählt und hatte auch keine Lust dazu. Versucht beiläufig zuckte ich mit den Schultern: "Wir haben uns nochmal getroffen, nichts besonderes. Meine Gedanken sind gerade eh eher auf John fokussiert." Es war nicht gelogen. Vielleicht ein bisschen verdreht, mehr aber auch nicht. Tina schaute mich mit einem mitfühlenden Lächeln an: "Kann ich etwas für dich diesbezüglich tun?" Bedrückt schüttelte ich den Kopf: "Nein, es reicht wenn du mir von dir erzählst, dass bringt mich auf andere Gedanken. Es ist einfach...", ich legte eine Pause ein und richtete meinen Blick gen Wasser, "schwierig, könnte man sagen. Ich brauche Zeit um seine Entscheidung zu akzeptieren. Auch wenn sie mir nicht gefällt." Ich schenkte ihr ein leichtes Lächeln. Tina erwiderte: "Möchtest du dann meine anderen beiden Themen hören?" "Gerne." Ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen, etwas was man bei ihr nur selten sah. "Samuel und ich haben die Vermutung, dass zwischen Julie und Charles etwas läuft." Entsetzt schaute ich sie an. Ich traute meinen Ohren nicht. "Zwischen den Beiden? Das ist doch nicht euer Ernst! Julie beschwert sich dauernd über ihn. Ich glaub sie hat noch nie ein nettes Wort über ihn verloren. Und Charles ist doch viel zu kindisch für sie", entgeistert schaute ich zu Tina rüber, welche noch breiter grinste. Sie kicherte und meinte an mich gewandt: "Genau! Was sich liebt, dass neckt sich. Ist zwar ein nerviger Spruch, von welchem ich kein Fan bin, jedoch passt er hier perfekt. Die Zwei haben das selbe Hobby und ihre Leidenschaft dafür ist gleich groß. Noch dazu würden sie ein echt passendes Paar ab geben. Sami und ich haben beschlossen, ihnen noch ein Jahr Zeit zu geben. Wenn sie dann noch nicht zusammen sind, verkuppeln wir sie." Unentschlossen runzelte ich die Stirn, ihre Argumente machten Sinn, jedoch konnte ich mir die zwei immer noch nicht vorstellen. Bei ihrem vorletzten Satz spitzten sich jedoch meine Ohren und fokussierten sich auf etwas anderes: "Hast du Evans gerade 'Sami' gennant?" Tina sah mich überrascht an, ihre Wangen färbten sich leicht rot und sie sah beschämt zur Seite. Wodurch meine Stimmung sich sofort zu purer Begeisterung wandte und ich sie breit grinsend anschaute. "Lass es", mehr sagte sie nicht und ging schnell weiter. Immer noch breit grinsend lief ich ihr nach. Als ich sie eingeholt hatte, liefen wir die restliche Zeit schweigend um den See, zurück zum Schloss. Tina immer noch rot und beschämt, während ich Pläne für sie und 'Sami' schmiedete, um mich auf andere Gedanken zu bringen.

Can you love me?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt