Kapitel 5

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Rauschendes Wasser empfing uns, kleine Luftbläschen tanzten bis zur Wasseroberfläche.

Ich staunte, als Jaro mich mit rasender Geschwindigkeit zu der Stelle zog, an der sich das Wasser vom Wasserfall mit der Oberfläche des Bächleins brach. Ich wusste nicht, wie er sich so schnell bewegen konnte. Wir tauchten unter der sprudelnden Wand hindurch und Jaro drehte seinen Kopf nach hinten, um sich nach mir umzudrehen. Ich sah ein warmes, aber auch erleichtertes Funkeln in seinen Augen. Meine langen schwarzen Haare zogen wie ein Schleier unter Wasser hinter mir her und ich ließ meinen Kopf nach unten sinken. Am Flussgrund befanden sich kleine weiße Kieselsteine, die sich in großen Mengen der Strömung zu kleinen Häufchen zusammensortierten.

Ich spürte ein unangenehmes Stechen in meiner Brust und fragte mich gleichzeitig, ob wir bald da waren. Wir tauchten immer weiter, bis wir die Wasserwand lange hinter uns gelassen hatten.

Vor uns lagen nun kleine Felsen, die von winzigen Fischen umgeben waren. Als wir elegant zwischen ihnen hindurchtauchten (oder eher Jaro mich, die nicht so elegant war, elegant hinter sich herzog), stoben die kleinen Fische, die zuvor friedlich bei den Felsen gestanden hatten, auseinander. Jaro bremste abrupt ab und änderte die Richtung, wir tauchten anscheinend auf, endlich. Als wir wie ein Pfeil die Wasseroberfläche durchbrachen, schnappte ich nach Luft. Erstens, weil ich unter Wasser nicht atmen konnte und Luft brauchte, zweitens, weil ich so überwältigt von dem Anblick war, der sich mir bot.

Überall waren kleine Flüsschen, die sich in andere Flüsschen verzweigten. Sie waren umgeben von blühenden Blumen, sowie einzelnen Bäumen, deren Blätter sich im sanften Wind hin und her bewegten. Diese Welt, ja, man konnte sie eine fremde Welt nennen, war in zarte Blautöne gehüllt. Ich entdeckte kleine leuchtende Laternen, die mit ihrem Licht Pfade erhellten, kleine Wege, gepflastert mit weißen Kieselsteinen, die in der Sonne funkelten. Und ich entdeckte Wesen, die Kleidung aus perlmuttfarbenem Stoff und blauschimmernder Seide trugen. Ein Wesen war in ein silbernes Kleid gehüllt. Es hatte ein menschenähnliches Gesicht mit türkisdurchdringenden Augen, die strahlten, nur die Ohren liefen spitz zu. Waren das Elfen oder sowas? Ich konnte mir zwar nicht erklären, warum sie dann keine Flügel hatten, aber das Wort „Elfe" verankerte sich in meinem Kopf, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Das Wesen schritt würdevoll auf uns zu, ihr silberblaues Kleid wehte im sanften Wind und sie strahlte förmlich, wie ein Lichtstrahl im hellglitzernden Wasser.

Ich befand mich immer noch im Wasser, das merkte ich erst jetzt, als Jaro sich vor mir aus dem kühlen Nass zog. Er schüttelte die tropfnassen Haare und begrüßte die Elfe mit einer Umarmung. Ich legte meine Arme auf den Flussrand und zog mich ebenfalls aus dem Wasser. Letzten Sommer habe ich mit Anthony eine Taktik ausgeklügelt, wie man sich möglichst elegant aus dem Wasser zieht. Die wandte ich nun an und schob mich seitlich aus dem Wasser. Danach winkelte ich meine Beine an und stand langsam auf.

Die Elfe, oder was auch immer, sah mich etwas misstrauisch an. Ich konnte es ihr nicht verübeln, schließlich sah ich neben ihr aus, wie ein begossener Pudel. Meine Haare fielen mir tropfnass über die Schultern und mein Top klebte mir am Körper. Sie fing an zu reden und zog dabei eine ihrer wunderschön geformten Augenbrauen hoch.

„Und das soll sie sein? Sie sieht nicht aus wie.... Naja... Also versteh mich nicht falsch, aber sie sieht so normal aus!" Ah ja. Sagte die, die perfekt geschwungene Augenbrauen hatte und von überall heraus glitzerte. Alles klar. Nur verstand ich sie nicht richtig. Was meinte sie mit normal?

Jaro, der immer noch neben ihr stand, schaute sie liebevoll an, was mich zugegebenermaßen etwas schockte. Waren die beiden etwa zusammen? Ich zwirbelte mir eine Strähne um die Finger und drehte sie, so, wie ich es immer tat, wenn ich am liebsten im Boden versinken wollte. Ich atmete tief ein und fragte mit so normalem Ton wie möglich: „Ähm... Ich verstehe nicht ganz. Warum normal? Und..." Bevor ich weitere Fragen stellen konnte, schnitt mir Jaro das Wort ab.

Torquecrea- Schatten und Licht 🔹Zurzeit pausiert🔹Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt