„Bist du fertig? Ich würde jetzt aufmach... -Oh." Noris schwarzer Haarschopf erschien und sie blickte mich überrascht an. Ihr Mund öffnete sich leicht und augenblicklich verstummte sie. Etwas perplex fummelte ich an einem Faden herum, der sich von einer Masche abgekapselt hatte.
„Was ist los? Ich wusste, dass das eine doofe Idee war.", seufzte ich, als ich ihren Blick sah.
Nori blinzelte, als wäre sie gerade aus einem Traum aufgewacht und fand ihre Sprache wieder.
„Du siehst einfach nur umwerfend aus, Luna..." Mindestens drei Sekunden starrte sie mich an und schließlich konnte ich nicht anders, als schief zu lächeln. Ich wagte zu behaupten, dass ich wusste, ob ein Kompliment ernstgemeint war oder nicht. So viel hatte ich in all den Jahren Highschool gelernt. Erst dachte ich, es wäre nicht ehrlich gemeint, aber so wie Nori schaute, zweifelte ich und kam zu dem Schluss, dass sie wohl wirklich hin und weg war. Und aus irgendeinem Grund machte dieses warme Gefühl, das in mir aufstieg, sie mir sympathisch. „Danke...", murmelte ich.
Wir beide zuckten zusammen, als wir Jaros Stimme gedämpft von draußen hörten.
„Mädels, seid ihr endlich fertig? Ich habe keine Lust, zu spät zu kommen, nur weil ihr euch in irgendwelchen...", er überlegte kurz, „Kleiderauswahlszwängen verliert. Könntet ihr mal fertig werden?" Nun steckte Jaro seinen Kopf ebenfalls durch den Spalt des Vorhangs. „Wie ich sehe, seid ihr fertig." Er schaute etwas verpeilt zu mir, sein Blick glitt von unten nach oben an mir hinauf und er lächelte schief. Nori kicherte. „Alles dank meines wunderbaren Talents, die richtige Kleiderwahl zu treffen." Sie grinste und ich strich mir etwas verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Jaro senkte den Kopf gespielt ehrerbietig und seine braunen Haare fielen ihm wie ein Vorhang vor seine Augen. Ich stieß einen Laut aus, der wohl eine Mischung aus Unglaube, Verwirrung und Belustigung darstellen sollte. Was hatte er den jetzt schon wieder vor? Schließlich löste er sich aus seiner kleinen Verbeugung, richtete sich auf und räusperte sich, aber es war ihm anzusehen, dass er kurz davor war, in Gelächter auszubrechen.
„Miss Luna, würden Sie mir die Ehre erweisen, mich auf meinem Weg zum königlichen Palast zu begleiten? Ich bin mir sicher, das alles ist noch sehr befremdlich für Sie."
Jaro lächelte und spielte seine vornehme Rolle perfekt. Auch, wenn ich dezent verwirrt war und keine Ahnung hatte, was mit dem grummeligen Kerl geschehen war, der mich empfangen hatte, beschloss ich, mitzuspielen.
„Aber sehr gerne, werter Herr. Nun werden wir sofortig zum Palast dahinschreiten, so, wie es Ihnen gelüstet.", antwortete ich in einem etwas verwirrt-belustigtem Unterton. Als Abschluss setzte ich noch einen Knicks drauf und Jaro musste grinsen.
„Dann lasst uns von dannen schreiten, gnädige Frau.", erwiderte er zwinkernd.
Flirtete er etwa mit mir? Was zur Hölle...
„Hey, und was ist mit mir?" Eine Stimme unterbrach unser kleines Rollenspiel und kurzerhand hakte Nori sich bei mir ein. „Ich würde sagen, los geht's?" Keine Ahnung, woher ich mein Selbstbewusstsein nahm, ob es am Kleid lag oder daran, dass Jaro sich offenbar dazu entschieden hatte, freundlich zu mir zu sein... Aber ich genoss das Gefühl in meinem Inneren.
Nori bezahlte kurz das Kleid mit einer Währung, die mir unbekannt war.
Danach gingen wir aus dem Geschäft heraus und wanderten durch die belebten Straßen, die keine Straßen waren. Es waren Kieselwege, auf denen nicht ein einziges Auto fuhr. Das hätte in diese malerische, friedliche Welt einfach nicht gepasst. Überall glitzerte es, als würden unzählige Diamanten in die Häuserwände eingebaut sein. Ich zermarterte mir das Hirn, was das alles hier wohl bedeuten würde. Und vor allem, was ich für eine Rolle in dieser Welt spielen würde.
Aus irgendeinem Grund überkam mich wieder Gänsehaut. Ich rieb mir die Arme.
Wir wanderten immer weiter durch die Straßen und unterhielten uns lautstark. Nori zeigte mir die Geschäfte, in denen sie am Liebsten ging und ich grinste wie ein Honigkuchenpferd, weil ich mir sie inmitten tausender Kleiderstapel perfekt vorstellen konnte.
Die Geräuschkulisse übertönte manche unserer Sätze.
Was für Möglichkeiten es gäbe, wenn ich einfach zwischen zwei Welten hin und her wechseln könnte, so wie es mir gerade passte...
Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, da erschien hinter einer Art gläsernem Hochhaus ein Palast. Er war so prunkvoll, dass mir fast die Augen aus dem Kopf fielen.
Dort lebte Izumi? Dort war ihr Zuhause? Ich wettete drei Donuts mit mir selbst, dass man es nicht schaffen würde, den ganzen Palast pro Tag inklusive allen Zimmern abzulaufen. Die Kieselwege führten nun von mehreren verzweigten Pfaden zu einem großen Weg. An seinen Rändern standen Laternen und er führte geradewegs zum Palast der Königin.
Ungeduldig lief ich voraus und entdeckte, wie zu vermuten war, ein Tor, was den Palast ankündigte. Davor standen zwei Wachen. Alles klar, so wie in Filmen.
Sie waren breit gebaut und standen starr und kerzengerade vor dem Gittertor.
Doch für die Wachen interessierte ich mich erstmal nicht. Ich legte den Kopf in den Nacken, um den gigantischen Palast komplett einfangen zu können. Es gelang mir nicht, er war einfach zu riesig.
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Torquecrea- Schatten und Licht 🔹Zurzeit pausiert🔹
FantasiNach einem mysteriösen Autounfall wird die 18-jährige Luna in ein Portal gezogen, was sie in eine andere Welt führt: Torquecrea. Luna hat einen wichtigen Auftrag, denn wie sie erfährt, ist sie nicht durch Zufall in die Welt gelangt... Doch dort lau...