„Alles zu seiner Zeit. Du musst dich ausruhen und erstmal gesund werden. Schließlich müssen deine Wunden verheilen." Sie gab mir ein kleines Fläschchen in die Hand. „Trink das, wenn es dir schlechter geht. Sobald du einschläfst, gelangst du in unsere Welt zurück." Die Königin blinzelte freundlich und ihr haselnussbraunes Haar fiel ihr in Strähnen ins Gesicht.
Misstrauisch streckte ich ihr meine Hand entgegen. Meine Finger schlossen sich um das kühle Glas und ich betrachtete das Fläschchen mit gerunzelter Stirn. Mein Kopf brummte immer noch, also legte ich meine Finger an die Schläfen und massierte sie ein wenig. Gegen diese Kopfschmerzen könnte ich jetzt wirklich etwas gebrauchen.
Izumi streckte mir ihre Hand zum Abschied entgegen. Sie musterte mich durchdringend und unter ihrem Blick war mir etwas unbehaglich zumute. „Geh nun. Jaro bringt dich zurück. Wann immer du willst, kannst du in unsere Welt entfliehen, leg dich nur schlafen." Gerade als ich darüber genauer nachdenken konnte, wie das bitte funktionieren sollte, schenkte mir Izumi so ein strahlendes Lächeln, dass ich auch lächeln musste. Wie machte sie das nur? Ihre Aura war so stark, da konnte man gar nicht anders, als sich zu fügen. Irgendwie gruselig.
Bevor ich wieder auf wackligen Beinen loslaufen konnte, hockte ich mich vor den Fluss, tauchte meine kalten Hände in das kleine, mit kristallinem Wasser gefüllte Bächlein und schüttete mir eine Ladung Nass ins Gesicht. Danach stand ich auf und schaute etwas verwirrt auf den leeren Platz, auf dem Izumi gerade noch gestanden hatte. Hatte ich jetzt auch noch Halluzinationen?
Was war denn das? Wo war sie nur hin? Ich schaute fragend zu Jaro, dessen Gesicht jedoch keine Regung zeigte. Konnte sich Izumi teleportieren? Noch eine Frage, die ich ihr stellen würde, wenn wir uns das nächste Mal sehen sollten.
In dieser Welt war alles komisch und sobald ich zuhause war, würde ich mir alle Fragen aufschreiben, die ich ihr stellen konnte, wenn ich wieder hier war. Falls ich überhaupt je wieder hier sein würde. Mir tat sie jetzt schon leid.
Mein Blick fiel zurück auf das Fläschchen in meiner Hand und ich beäugte die Flüssigkeit misstrauisch.
Jaro räusperte sich. „Ich unterbreche dich wirklich nur ungern in deinen Gedanken, aber du musst in deine Welt zurück.", sagte er mit einem etwas kalten Unterton.
„Okay... Schätze ich." Mit diesen Worten folgte ich ihm zögerlich.
„Warum hast du nicht gleich alles gesagt und mir meine Fragen beantwortet?"
„Befehl der Königin. Ich tue nur meine Pflicht. Ich konnte dir nichts vorher sagen, selbst, wenn ich es gewollt hätte."
Er stapfte durch das hohe Gras und vergewisserte sich regelmäßig, dass ich noch hinter ihm war. Bevor ich über seine Antwort genauer nachdenken konnte, kam die verschnörkelte Holztür in Sicht.
Jaro schloss sie auf und ich sah wieder die Kerzen, die den Gang beleuchteten und ihn in ein geheimnisvolles Licht hüllten. Unsere Schritte hallten an den hohen Wänden des Ganges wider und gespenstische Schatten tanzten die Steine entlang. Schließlich kamen wir in dem Raum an, in dem ich aufgewacht war. Jaro fuhr mit seiner Hand über seinen Hinterkopf und blickte kurz zu Boden.
„Du kannst jetzt einschlafen."
Ich runzelte die Stirn. „Ähm... Entschuldige, aber wie stellst du dir das bitte vor? Ich kann jetzt nicht einfach einschlafen, nur weil du es sagst. Außerdem fühle ich mich beobachtet, wenn du da bist." Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust. Er seufzte leise und lächelte mich etwas gezwungen an.
Was ein Sinneswandel. Er kann mich nicht leiden.
„Naja, wie auch immer. Ich werde es versuchen."
Er starrte mich nur an.
Meine Augenbraue zog sich wie von alleine nach oben. Ich stieß Luft aus.
„Okaaay... Na dann tschüss. Bis... wann auch immer...?"
Ich drehte mich um und legte mich mit einem etwas bedrückenden Gefühl zurück auf die Matte, die Decke zog ich wie einen Schutzschild um mich. Jaro stand inzwischen in der Tür.
Als sich unsere Blicke trafen, schaute er weg, aber ich wusste sowieso, dass er mich beobachtete. Nur war ich mir nicht sicher, ob aus Misstrauen oder reiner Neugierde. Oder er war komisch.
Trotz des mulmigen Gefühls in meiner Magengrube, schloss ich die Augen, spürte aber noch seinen Blick auf mir ruhen. Diese Situation war auch nur zu komisch. Statt Antworten auf meine Fragen, hatte ich eine Flasche mit gelber Flüssigkeit bekommen, die ich trinken sollte, damit meine Wunden heilten (die ich nicht hatte, zumindest nicht in dieser Welt, wenn ich Izumis Worten Glauben schenken konnte). Außerdem beobachtete mich jetzt ein Typ beim Schlafen.
Großartig.
Mein Herz pochte. Es war unmöglich, unter diesen Umständen wieder einzuschlafen. Warum schickten sie mich zurück? Sie wollten mich gesund, aber warum bei allen Göttern, wenn mir in ihrer Welt nichts weh tat? Ich drehte mich auf die andere Seite und starrte die Wand an.
Warum auch immer ich hier war, ich würde es früher oder später herausfinden... Meine Augenlider flatterten, bis sie schließlich den Kampf gegen die Müdigkeit verloren und zufielen.
Vor meinem inneren Auge bildete sich ein Strudel, doch dieses Mal war ich gefasst darauf. Ich ließ mich von ihm hineinziehen und schlief augenblicklich ein.
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Torquecrea- Schatten und Licht 🔹Zurzeit pausiert🔹
FantasiNach einem mysteriösen Autounfall wird die 18-jährige Luna in ein Portal gezogen, was sie in eine andere Welt führt: Torquecrea. Luna hat einen wichtigen Auftrag, denn wie sie erfährt, ist sie nicht durch Zufall in die Welt gelangt... Doch dort lau...