Teil 15

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Ich mache unsere Tür zu und drehe den Schlüssel zwei Mal im Schloss. Tikaani hat sich hinter mir verwandelt.

„Ich kann nicht glauben, dass er das gemacht hat", faucht Tikaani. Sie läuft im Zimmer hin und her und fährt sich mit den Händen durch die Haare.

„Ich auch nicht", seufze ich.

„Hoffentlich fliegt er von der Schule! Ich hätte ihn erwürgen können! Oder gegen die Wand werfen können!"

Nachdenklich fahre ich mir mit den Händen über die zwei langen Zöpfe. Dann gehe ich zum Schreibtisch und nehme die blaue Bastelschere. Ich wiege sie in der Hand. Dann gebe ich sie Tikaani.

„Schneid sie ab. Lass die Wut raus", sage ich ruhig.

„Was?" Sie sieht mich verständnislos an. Ihre dunklen Augenbrauen wandern nach oben.

„Meine Haare. Stell dir vor, es wären Carags. Er sagt, dass er meine Haare mag. Dann müssen sie weg." Jetzt werden ihre Augen groß.

„Bist du dir sicher?" Ich nicke. Ich nehme vier Haargummis aus meinem Nachttisch und mache mir zwei Zöpfe. „Warum machst du das?", fragt Tikaani irritiert.

„Dann kann ich sie spenden. Flechte mal den anderen" Tikaani flechtet meinen linken Zopf, ich den rechten. Dann habe ich zwei lange blonde Zöpfe. Ich gebe ihr die Schere. „Jetzt schneid"

Zögerlich nimmt sie mir die Schere aus der Hand und setzt sie an meinem rechten Zopf an. Dann drückt sie zu. Mit einigen wenigen Ratschern ist der Zopf ab und Tikaani gibt ihn mir in die Hand. Staunend sehe ich auf den langen Zopf. Ich streiche mit dem Daumen über die einzelnen Strähnen des geflochtenen. Dann lege ich ihn auf den Schreibtisch. Ein zweites ratschen ertönt und der Zweite Zopf ist ab. Tikaani dreht mich an den Schultern, sodass ich mich selber in dem Spiegel an der Wand sehen kann. Ich sehe anders aus. Mein Gesicht hat eine andere Form. Sie wuschelt mir durch die Haare, die noch übrig sind. Mein Kopf fühlt sich anders an. Leichter. Der Schnitt ist ungleichmäßig und zackig. Links etwas kürzer als rechts. Ich spüre, wie etwas von der Anspannung von Tikaani abgefallen ist.

„Kürzer", sage ich nur. Sie nickt und fängt an einzelne Strähnen kurz zu schneiden. Jetzt spüre ich ihre Wut deutlicher und wie sie immer weniger wird. Wahrscheinlich stellt sie sich vor, wie sie Carag die Haare abschneidet.

Schließlich hält sie inne. Meine Haare sind jetzt kurz und wuschelig. Und überall auf dem Boden verteilt. Sie sind nicht ganz kurz. Etwa so lang wie mein Zeigefinger.

„Besser?", frage ich Tikaani. Ich stehe auf und drehe mich zu ihr.

„Besser. Danke", sagt sie und umarmt mich. Eine ganze Weile stehen wir so da. Ich spüre, wie die Anspannung von ihr abfällt und sie langsam anfängt zu weinen. Auch meine Augen werden feucht. Ein Klopfen an der Tür unterbricht uns.

Eine Tripelwandlerin an der Clearwater HighWo Geschichten leben. Entdecke jetzt