Eine Tripelwandlerin an der Clearwater High

Teil 21

Kurz kämpfe ich gegen die Gefühle, die in mir hochkommen. Gegen die Erinnerungen, die dieses Klopfzeichen birgt. Dann wische ich mir die Tränen aus den Augen und gehe zur Tür. Als ich sie öffne stehe ich Nimble gegenüber. Ich weiß sofort warum er hier ist.

„Hi Lisa", sagt er. Sein Blick ist ernst, aber verrät nichts. Schnell gebe ich den Weg frei, damit er an mir vorbei herein kann.

Er setzt sich auf Tikaanis Schreibtischstuhl und betrachtet kritisch die Papierschnipsel, die auf meinem Schreibtisch in einem Viereck liegen.

„Weshalb bist du hier?", frage ich. Ich lehne mich gegen meinen Bettpfosten.

„Warum wohl?" Er denkt kurz gespielt nach. „Vielleicht, weil mir meine Mutter gesagt hat, dass demnächst wieder zwei Wandler in unseren Wandschrank ziehen? Und sie mich fünf Mal hat versprechen lassen, dass ich mit niemandem außer dir darüber rede?" Er lächelt leicht.

„Und was möchtest du jetzt von mir?"

„Dir raten, das gleiche zu tun. Mit niemandem zu reden. Schweige wie ein Grab" Ich nicke. Er steht auf. „Ich war nie hier" Im Rausgehen klopft er mir auf meine Schulter. „Das wird schon wieder. Nur nicht die Ohren hängen lassen"

Als er die Tür hinter sich geschlossen hat, streiche ich einige Sekunden über das kalte Metall meines Bettrahmens. Ja, keiner kennt mich besser als Nimble. Und keiner außer Carag kennt Milling hier besser als Nimble. Wie oft er wohl in seinem Zimmer gezittert hat, wenn Milling seine Eltern über unseren Standort ausgequetscht hat? Nimble und ich haben mehr zusammen durchgemacht als viele andere und doch dürfen wir keine Freunde sein. Einfach, weil das unsere Familien in eine Verbindung bringen könnte.

Ich warte noch einige Minuten, dann stehe ich auf. Ich gehe nach unten in die Krankenstation. Dort werde ich allerdings von Sherry gleich wieder weggescheucht, weil Leroy schon schläft. Also gehe ich wieder nach oben. Es ist eh schon lange Zeit zum Abendessen.

Mit meinem Tablett setzte ich mich zu Tikaani, Cliff und Holly, die nicht wirklich miteinander zu reden scheinen. Cliff und Tikaani starren nachdenklich in ihren Auflauf, während Holly zwischen ihren Bissen die Gabel gefährlich schnell zwischen ihren Fingern dreht. Als ich mein Tablett auf den Tisch stelle zuckt Tikaani plötzlich aus ihren Gedanken und knallt mit dem Knie an den Tisch. Ich werfe ihr einen besorgten Blick zu.

„Wisst ihr wo Jeff ist?", frage ich. Ich lasse mich auf den Stuhl sinken.

„Der hilft in der Küche. Weil Sherry sich doch um Leroy kümmert", antwortet Cliff.

„Meint ihr, wir bekommen am Dienstag trotzdem unsere Lernexpeditionen?", fragt Tikaani. Mit der rechten Hand verarbeitet sie ihren Auflauf zu Babybrei.

„Ich hoffe mal. Sonst kann ich meine Noten absolut in die Tonne kloppen", seufzt Holly.