Kapitel 6

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"Alles mit der Ruhe! Jeder wird hier sein Geld los!", rief Arthur durch die Menge der Leute die mit ihren Wetteinsätzen in der Luft herumwirbelten und sich herumschubsten nur um als Nächster an den Dresen zu kommen. Seit zehn Minuten erst hatte das Wettbüro geöffnet und es war proppenvoll. Am heutigen Nachmittag sollte ein Pferderennen stattfinden, das erste Rennen für Thommys schwarzen Hengst! Die Anspannung war groß ebenso die Erwartungen.

"Der Gaul war so schnell im Ziel, die anderen haben nur dumm geglotzt!", rief Arthur begeistert und öffnete sich mit einem lauten Ploppen ein Bier. Die Shelby Brüder saßen zusammen mit Tante Polly und Sophie im Wettbüro und zählten das Geld durch. Endlich hatte eines ihrer Pferde wieder einmal ein Rennen gewonnen. Alle waren guter Laune, nur Thommy fehlte. Nach dem Rennen war er nicht mit zurück nach Small Heath gefahren, er hatte sich ein Taxi genommen, aber nicht bescheid gesagt wo er hin wollte. Die anderen hatte es nicht weiter gekümmert, da Alleingänge für Thomas Shelby normal waren. Nur Sophie hatte dem Taxi mit einer gewissen Skepsis in ihrem Blick hinterher geschaut als es in einer Staubwolke los gefahren war.

Plötzlich ging die Tür des Wettbüros auf. Sie wurde so schwungvoll aufgerissen, dass sie gegen die Wand dahinter schlug und der Putz abbröckelte. Es war Thommy, der nun ins Zimmer gestürmt kam. Der Blick in seinen Augen war Sophie sofort aufgefallen. Es war dieser bestimmte Blick, der einem wirklich Angst einjagen konnte, dieser Blick, der aussagte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. "Was ist passiert?", fragte sie leise. "Thommy, da bist du ja endlich los hier nimm dir ein Bier wir haben allen Grund zum Feiern!", rief John ihm entgegen. Sophie stand langsam von ihrem Stuhl auf. Sie wusste das man Thommy bei diesem Blick besser nicht ansprach, und noch besser ihm erst gar nicht unter die Augen trat. John hatte gerade einen großen Fehler begangen. Denn genau in diesem Moment, John hatte gerade mal seinen Satz beendet, fing Thommy an herumzuschreien und alle aus dem Büro zu jagen. "Los verschwindet! Du auch Polly! Alle raus!", brüllte er und schlug mit der Faust auf den Tisch sodass die Whiskeygläser im Schrank klapperten.

"Mensch was ist nur vorhin in Thommy gefahren? Der Tag verlief doch super. Ich frage mich was ihm wieder über die Leber gelaufen ist. Das nächste Mal kann er seine Wetten selber annehmen und die Drecksarbeit erledigen!", beschwerte sich Arthur und schwenkte angesäuert sein volles Glas in der Luft herum. Nachdem Thommy sie aus dem Wettbüro gescheucht hatte, waren sie ins Garrison gegangen. "Er wird schon seine Gründe haben!", murmelte Sophie vor sich hin. Arthur knurrte:" Ist ja mal wieder typisch, dass du ihn in Schutz nimmst! Er hat sich selbst als den Anführer des Shelby Clans ernannt. Jedoch gibt ihm das doch noch lange nicht das Recht, uns, seine Familie zu behandeln als wären wir Hunde! Er hat mir nichts zu sagen!" Sophie versuchte ihn zu beruhigen:" Du musst aber zugeben dass er immer weiß, was zu tun ist. Er beschützt uns alle. Und du siehst doch wie weit er uns gebracht hat!" "Uns?", schaltete sich nun John ein. "Uns hat er nicht weiter gebracht! Er hat sich selbst weiter gebracht! Er denkt doch stets nur an sich! Arthur hat Recht! Du tust so als wäre er dein Held. Manchmal kommt es einem so vor als würdest du ihn vergöttern!" "Jetzt gehst du eindeutig zu weit John! Du hast doch überhaupt keine Ahnung. Mir ist bewusst das es euch beiden gegen den Strich geht wie er manchmal mit euch spricht. Aber ohne Thommy wäre ich jetzt wahrscheinlich nicht hier an diesem Tisch. Ich habe ihm mein Leben zu verdanken. Und ihr? Ihr würdet jetzt nicht das bekommen was ihr wollt, wenn ihr nur euren Namen erwähnt. Thommy hat etwas aus dem Namen Shelby gemacht! Ihr könntet ihm ruhig etwas Dankbarkeit entgegenbringen!", schnaubte Sophie zurück. Arthur schüttelte den Kopf: „Glaubst du wirklich Thommy wüsste es wertzuschätzen wenn wir uns bei ihm bedanken? Glaubst du wirklich er weiß dich so wertzuschätzen wie du ihn? Du bist doch nur ein Kind. Ihm ein Klotz am Bein. Das Einzige was er dir gibt ist ein Dach über dem Kopf. Er behandelt dich eher wie eine Dienstmagd. Nimmt dich überall mit hin nur damit du für ihn die Arbeit erledigst. Er würde sich niemals für andere die Hände schmutzig machen. Er nutzt dich nur aus!" Darauf wusste Sophie nichts zu antworten. Denn das Letzte was Arthur gesagt hatte, hatte doch etwas wahres in sich. Denn Sophie kam es manchmal wirklich so vor als würde sie nur ausgenutzt werden. Nicht einmal, seitdem sie Thommy kannte, hatte er sich bei ihr richtig bedankt. Er tätschelte ihr nur auf dem Kopf herum. Vielleicht hatte Arthur doch Recht als er sagte er möchte nicht von Thomas behandelt werden als wäre er ein Hund. "Seid ihr nun endlich fertig? Dann hört euch das einmal an!", meldete sich nun Finn, der die ganze Zeit stumm mit einer Zeitung da gesessen hatte, zu Wort. Die drei hörten ihm aufmerksam zu als er anfing einen Artikel vor zu lesen: „Mord in Birmingham. Reicher Geschäftsmann brutal in seinem Heim ermordet! Keine Spur vom Täter. Keine Verdächtigen. Mögliche Zeugen sollen sich bitte unverzüglich bei der nächsten Polizeistelle melden!" „Na und? Was geht uns das an?", fragte Arthur. Finn  verdrehte die Augen. Er hasste es einfach der jüngste in der Familie zu sein. Er wurde nie ernst genommen, nie so wie er wollte. Nie durfte er mit seinen älteren Brüder einem Auftrag erledigen. Er wurde immer behandelt als sei er noch ein kleiner Junge aber erst vor zwei Wochen war er 19 Jahre alt geworden. Er war erwachsen. Selbst Sophie wurde von Thommy überall mit hin genommen, sie hatte immer und überall Vorteile und gehörte nicht einmal richtig zur Familie dazu und war sie auch noch 2 Jahre jünger als er. Und er selbst kam sich vor wie der Laufbursche für seine älteren Brüder. Bier und Whiskey heranschaffen und das Schutzgeld der Pubs einfordern war das einzige, dass seine Familie ihm zutraute.  Ja, er war eifersüchtig auf Sophie. Sie war immer mit Thommy an vorderster Front. Natürlich mochte er Sophie, er war mit ihr aufgewachsen und er liebte sie, als wäre sie seine leibliche Schwester.
"Na denkt doch mal nach. Das hier ist unser Bezirk! Wir haben die Macht in Birmingham. Niemand wird umgebracht ohne das wir es wissen. Oder wir waren es. Ein reicher Geschäftsmann wird einfach so umgebracht, und ich bin sicher diesen Auftrag hat keiner von euch erteilt oder?", klärte Finn die anderen auf. Sophie stimmte ihm zu: „Finn hat Recht! Glaubt ihr jemand Fremdes hat sich den Geschäftsmann vorgeknöpft?" In der Zwischenzeit hatte Thommy das Garrison betreten und stand nun zwischen Tür und Angel mit einem Glas Whiskey in der Hand. Er gab keinen Ton von sich während die anderen über den Zeitungsartikel diskutierten.
Arthur runzelte die Stirn:" Das kann böse ins Auge gehen wenn die Polypen uns verdächtigen! Und das werden sie, denn wie Finn schon sagte stirbt hier niemand ohne unser Wissen. Vorallem nicht so ein unbedeutender Geschäftsmann." „Was für einen verdammen Unsinn redet ihr hier? Eure Fantasien sind hier unangebracht. Glaubt nicht alles was die Presse ins Tagesblatt schreibt!", rief Thommy und knallte sein Glas auf auf den Tisch. Alle starrten ihn an. "Thommy was ist denn los?", murmelte Sophie. Genervt brummte er etwas unverständliches vor sich hin und verließ das Garrison, nicht ohne die Tür zuzuschlagen. Sophie fragte sich was sein Problem war. Er wirkte furchtbar nervös. Hatte er etwa vor etwas Angst? Nein das konnte Sophie nicht glauben, Thomas Shelby hatte niemals Angst! Niemals! Oder etwa doch?

 Peaky  Blinders - Im Auftrag der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt