Kapitel 15

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1916 , Birmingham; am Standrand

Sophie stand dort, wo einst ihr Familienhaus gestanden hatte. Jetzt war dort nichts mehr außer Schutt und Asche. Sie war das erste mal nach zwei Jahren wieder hier, zwei Jahre nach dem Brand, der ihren Eltern das Leben gekostet hatte. Und immer wenn Sophie die Augen schloss, konnte sie ihre Mom weinen und ihren Namen rufen hören. Selbst  nach zwei ganzen Jahren, war es noch so real als würde es jedes mal aufs Neue in ihren Alpträumen passieren. Die kleine Sophie schloss trotzdem für einen Moment die Augen, nur um das Gesicht ihrer Mutter sich ins Gedächtnis zu holen. Das war ihre größte Angst, ihre Mom und ihren Dad früher oder später zu vergessen. Schon jetzt fiel es ihr schwer sich an die Stimmen ihrer Eltern zu erinnern. Plötzlich holte eine gepfiffene Melodie, die ihr nur allzu bekannt vorkam, Sophie aus den Gedanken. Eine Stimme räusperte sich hinter ihr und sagte dann:" Wenn ich dich rufe, hast du gefälligst sofort zu mir zu kommen!" Erschrocken drehte sie sich um, und blickte einem Mann mittleren Alters mit Schnauzbart ins Gesicht. Er stützte sich auf einen Gehstock. Sein linkes Bein leicht angewinkelt. Er schien Schmerzen zu haben. "Ja Papa, es tut mir leid.", stotterte Sophie. "Der Mann lächelte sie schräg an und streichelte ihr über den Kopf:" Das weiß ich doch Prinzessin! Nun komm, ich bin müde, wir gehen nachhause. In dein echtes Zuhause!"

1925 Birmingham; noch immer im Büro auf der Shelby Company Benefitsveranstaltung

"Guten Tag Prinzessin, schön dich endlich wieder zu sehen! Wie ich sehe bist du zu einer jungen Frau herangewachsen! Doch ich bedauere es sehr, dass du mich damals einfach verlassen hast, und lieber bei Thomas Shelby aufwachsen wolltest. Um ehrlich zu sein hat es mich sehr gekränkt!", sagte der Gehstockmann und lächelte. Sophie ging einen Schritt zurück und zischte ihm wütend zu:" Ich wäre lieber gestorben, als bei dir aufzuwachsen und eine deiner Handlanger zu werden!" Der Alte legte seinen Kopf schräg:" Habe ich denn nicht immer gut für dich und deine Geschwister gesorgt?" Sophie wurde plötzlich so wütend dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Blöde Angewohnheit. Sie wollte zu einem weitern Satz ansetzen, aber Finn kam ihr zuvor. Er blickte Sophie verwirrt und fast ein wenig besorgt an:" Sophie, von was redet er denn da? Du hast doch gar keine Geschwister, und deine Eltern sind doch im Krieg verschollen." Der Gehstockmann lachte auf:" Ay, meine Prinzessin konnte schon immer gut lügen!" Sophie blickte zu Finn und schüttelte leicht den Kopf. Sie wollte nicht dass er weiter nachfragte, aber sie kannte Finn, und das war auch genau das, was er als nächstes tat. "Du warst ein Straßenkind, bis Thommy dich bei uns aufgenommen hat. Mit was genau hast du uns denn angelogen?", fragte Finn, und wurde mit jedem Wort, das er au sprach leiser. Bevor Sophie auch nur versuchen konnte sich irgendwie aus dieser Situation zu retten begann der Gehstockmann ihre Geschichte zu erzählen. "Es ist nun fast genau elf Jahre her, als ich meine kleine Prinzessin zum ersten Mal traf...", fing er an.

1914 Birmingham, Villa Higgins am Standrand

Sophie stand vor dem in Flammen stehenden Haus. Die lechzenden Zungen des Feuers geiferten aus den Fenstern. Sophie stand wie angewurzelt einfach nur da und musste hilflos mit ansehen, wie Nachbarn vergebens versuchten das Feuer zu löschen. Mit Wasser gefüllten Eimern, Töpfen und Pfannen versuchten sie die Flammen niederzuringen. Hoffnungslos. Villa Higgins war bis zum Morgengrauen bis auf die Grundmauern abgebrannt. Als die Sonne aufging lag der Geruch von kaltem Rauch in der Luft.

1925, Birmingham; wieder im Büro auf der Shelby Company Benefitsverantsaltung

"...und da saß sie, zwischen Schutt und Asche, ein kleines Mädchen. Ich war geschäftlich in der nähe unterwegs gewesen, als ich die Leute reden hörte, dass Villa Higgins, das Familienanwesen einer meiner Geschäftspartner abgebrannt sei. Ich hab mich sofort auf den Weg gemacht, aber es war nichts mehr zu retten. Viele aufgeregte Leute standen um das Mädchen herum, das dort saß und weinte. Die Tochter meines Geschäftspartner. Meine Sophie!" Sophie schnaubte:" Das sind alles Lügen! Du hast sie umgebracht. Du wolltest meinen Vater töten und meine Mom und ich waren ganz einfache Kollateralschäden!" Sophie hatte mit einer Ohrfeige gerechnet oder, dass man sie gleich erschoss. Doch der Gehstockmann blieb völlig ruhig und setzte sich mit einem schmerzverzerrten Gesicht wieder zurück in den Sessel, in dem er vorhin gesessen hatte. Nun wirkte er nicht mehr ganz so bedrohlich, wie in seiner aufgerichteten, vollen Größe. Er räusperte sich und fuhr dann einfach mit seiner Erzählung fort:" Liebes, du weißt, dass das so nicht ganz stimmt! Aber du hast Recht, ich war nicht ganz ehrlich. Also stellen wir die Dinge mal richtig! Nun gut, deinen Vater wollte ich in der Tat beiseite schaffen, deine Mom war ein Kollateralschaden, ja. Doch du, dich hat dein Vater in keinem unserer Gespräche erwähnt. Ich wusste nicht, dass er eine Tochter hatte. Deshalb war ich umso erleichterter, dass du überlebt hattest. Schließlich bin ich doch kein Kindermörder. Ich liebe Kinder! Genau aus diesem Grund habe ich mich dich erbarmt, bei mir aufgenommen und dich nicht deinem Schicksal überlassen! Denn lange hättest du nicht ganz alleine überlebt!" Es war so still im Büro, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Weder Finn noch Thommy gaben einen Ton von sich. Sophie dachte sogar sie hätte Thommy seit schon viel zu langer Zeit nicht einmal mehr atmen gesehen. Aber wirklich auf die anderen im Raum zu achten, lachte sie spöttisch auf und sagte dann:" Erbarmt und aufgenommen? Ja, in deinen Clan von diebischen Straßenkindern, die die Drecksarbeit für dich und deine schmutzigen Geschäfte übernehmen. Erpresser und Mörder hast du aus diesen unschuldigen Kindern gemacht." "Ohne mich würden diese Kinder nicht lange überleben, genauso wenig wie du ohne mich heute vor mir stehen würdest. Du kannst mir nicht erzählen, dass du mir keinen Schimmer dankbar bist!", sagte der Gehstockmann und rieb sich sein linkes Knie. "Für was sollte ich dir dankbar sein?", fragte Sophie. Die Miene des Alten verfinsterte sich und seine Stimme wurde lauter:" Ich habe dich ernährt, ich habe dir Kleidung gegeben. Meine Kinder bekommen alles von mir, zu essen, zu trinken und-", Sophie unterbrach ihn:" Und eine Tracht Prügel?" Daraufhin lächelte der Mann plötzlich wieder und sagte:" Nur so lernt ein Kind Respekt vor seinem Vater zu haben!"

1918 Birmingham; Innenstadt

"Es tut mir leid! Ich werde mir wieder mehr Mühe geben, das verspreche ich!", wimmerte Sophie, damals zehn Jahre alt. Der Alte hob seinen Gehstock in die Luft und schlug ohne mit der Wimper zu zucken einmal kräftig auf Sophie ein. "Wie war das? Ich habe dich nicht verstanden!", brüllte er und holte abermals aus. "Es tut mir leid und ich werde mir jetzt mehr Mühe geben!", weinte Sophie und kauerte sich vor seinen Füßen zusammen. Der Gehstockmann lächelte zufrieden und half Sophie aufzustehen. "Braves Mädchen! Und jetzt geh und erledige deinen Tagesauftrag. Aber hüte dich davor mich wieder zu enttäuschen!", sagte er mahnend. Sophie nickte nur, und rannte los.

"Verdammt noch mal!", rief der Mann, mit dem Sophie zusammen gestoßen war. Sie selbst war aufgrund des Aufpralls zurück gestolpert und hingefallen. Jetzt lag sie auf der Erde und rieb sich ihr schmerzendes Hinterteil. Dort saß sie jedoch nicht lange, denn ihr fiel plötzlich wieder ein, warum sie überhaupt gerannt war. Und auch genau in diesem Moment hörte sie die Trillerpfeife des Polizisten schrillen, der der sie erwischt hatte, als sie einer alten Damen das Portmonee aus der Handtasche klauen wollte. Erschrocken rappelte sie sich wieder auf, doch zu spät, der Polyp hatte sie bereits eingeholt. Also tat sie das einzige was ihr als logisch erschien und versteckt sich hinter dem Fremden den sie umgerannt hatte. "Was? Kleine, ich habe für solche Faxen keine Zeit! Ich habe gerade auch kein Kleingeld dabei, also verschwinde!", sagte der Mann empört. "Jetzt hab ich dich du Göre!", rief ein plötzlich ein Polizist , pfiff in seine Trillerpfeife und baute sich vor dem Fremden und der dahinter stehenden Sophie auf. Der Fremde blickte Sophie verwirrt an, als der Polizist ihn ansprach. "Kennen Sie das Mädchen Sir?", fragte er. Der Fremde schüttelte den Kopf:" Nein. Sie hat mich gerade umgerannt. Was wird ihr den vorgeworfen?" "Diebstahl mit Zeugen!", sagte der Polizist knapp und holte seinen Knüppel aus seinem Holster. Abermals sah der Fremde Sophie an. Diese schaute mit einem bettelnden Blick zu ihm auf. Als der Fremde in ihre großen, blauen und verängstigten Augen sah, hatten diese Blicke ein seltsames Gefühl in ihm ausgelöst. Ein Gefühl, dass er schon eine lange Zeit nicht mehr verspürt hatte. Also nickte er ihr nur verständnisvoll zu und wendete sich dem Polyp zu. "Diebstahl also? Was hat sie denn gestohlen?", fragt er. "Eine Geldbörse!", sagte der Polyp. Der Fremde runzelte die Stirn:" Ach ja. Können Sie denn hier die besagte Geldbörse sehen?" Der Polyp schüttelte den Kopf:" Nein, da das Mädchen sie nicht stehlen konnte, sie wurde ja erwischt aber sie wollte sie stehlen!" Der Fremde lachte spöttisch auf:" Da haben wir es! Keine Geldbörse bedeutet kein Diebstahl. Sie können das Kind für nichts verhaften, was es nicht getan hat!" Der Polyp kratzte sich verwirrt am Kopf:" Aber es gibt Zeugen, dass sie-", Der Fremde unterbrach ihn rüde:" Wollen Sie etwa behaupten, dass ich eine Diebin decke?" Der Polyp wurde nervös und schüttelte hektisch den Kopf:" Nein Sir, aber-" Abermals wurde er unterbrochen. "Haben Sie denn die geringste Ahnung wer ich bin? Ich bin Thomas Shelby. Sagt Ihnen der Name Shelby etwas?", fragte er. Die Augen des Polizisten weitenden sich und er machte en paar Schritte zurück:" Mr. Shelby? Ja natürlich Sir, ich , ich entschuldige mich viel Mals. Hier handelt es sich dann wohl um ein Missverständnis! Noch einen schönen Tag Sir!" Und dann machte der Polyp sich wie von der Tarantel gestochen aus dem Staub. Thomas Shelby lächelte zufrieden, und wendete sich Sophie zu:" Das A und O bei einem Diebstahl ist es, sich nicht erwischen zu lassen, Kleines." Sophie gab keine Antwort und schaute ihn nur verlegen an. "Also ich bin Thommy, und du heißt wie?", fragte der nun nicht mehr Fremde, und reichte Sophie die Hand. Sie streckte ihre kleine Hand ihm entgegen und sagte:" Sophie."

(Alsoooo hier ist das langersehnte neue Kapitel. Ich habe es gerade im high Speed geschrieben und entschuldige mich schon mal für Tippfehler und sonstige Fehler. Aber ich will es unbedingt heute noch hochladen, aber ich verspreche euch, dass ich es die Tage korrigieren werde, da es auch einfach ein sehr wichtiges Kapitel ist! Love u guys. Danke für so viele Reads, ihr wisst gar nicht wie motivierend das ist!)

 Peaky  Blinders - Im Auftrag der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt