Kapitel 5 - Flucht ist immer eine gute Lösung

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„Levin, du solltest deine Gesundheit doch inzwischen selbst gut genug einschätzen können, um zu wissen, dass du Ruhe brauchst", sagte Tongrim bestürzt und stand auf, aber Levin ignorierte ihn und lief langsam und ein wenig schwankend näher, bevor er sich auf einen der Stühle setzte und Ethan anlächelte.
„Das kann ich auch. Aber noch mehr weiß ich, dass man jemanden, der keinen weiteren Ansprechpartner hat, nicht alleine in einem Haufen Fremder lassen sollte", erwiderte er schlicht und Ethan richtete sich auf.
„Das hast du sowieso schon getan, also tu dir keinen Zwang an, jetzt noch irgendwie nett zu sein." Warum er so gereizt war, wusste er selbst nicht. Vielleicht, weil er sich bis eben Sorgen um Levin gemacht hatte, vielleicht aber auch, weil es ihn wirklich nervte, der einzige zu sein, der von nichts hier etwas wusste und einfach nur verwirrt war.
Erstaunlicherweise wirkte Levin dadurch wirklich ein wenig betroffen, während er nun seine Brille abnahm. „Es tut mir wirklich leid. Ich wollte dich wirklich nicht alleine lassen. Aber immerhin geht es dir gut", antwortete er leise.
Tongrim schien sich ein wenig Fehl am Platz zu fühlen, wie er da so herumstand und nichts sagte. Ethan derweil setzte gerade dazu an, einen weiteren gereizten Kommentar abzugeben, als ihm etwas bewusst wurde. Während des Sturzes hierher hatte Levin ihn die ganze Zeit so festgehalten, dass ihm nichts passierte und er selbst alles abbekam. Somit hatte er ihn gewissermaßen eigentlich gerettet... Nun schwieg auch er nur und das unangenehme Schweigen hielt auch erst einmal eine Weile, bevor Tongrim es brach. Er begann Levin zu berichten, was bisher hier passiert war. Levin hörte die ganze Zeit nur schweigend zu. Zumindest bis zu dem Punkt, an dem ihre Fahrt mit dem Boot erwähnt wurde.
„Mayla hat euch gesehen? Ich meine... Hat sie uns alle gesehen?", fragte er dann nach und richtete sich ein wenig auf.
Tongrim nickte langsam. „Ja, hat sie..." 
„Dann haben wir nur noch wenig Zeit, bevor es jeder hier weiß. Und meine Kleidung ist nicht gerade unauffällig... Wir müssen hier dringend weg." Er stand auf und ihm entkam ein leises Zischen, während er sich die Seite hielt.
„Deine Rippen waren angebrochen und ich glaube kaum, dass deine Kraft ausgereicht hat, um dort alles in Ordnung zu bringen. Ich als dein Arzt und Freund kann dich so nicht einfach gehen lassen!" Auch Tongrim stand nun mit einem ernsten Gesichtsausdruck auf und Ethan fühlte sich wieder absolut unnötig hier.
Eher unbewusst dachte er nun daran, wie schön es doch wäre, einfach wieder ein Mensch zu sein und so wenigstens ein wenig mehr Mitspracherecht zu haben. Plötzlich hörte er ein lautes Klappern und alle Blicke waren auf ihn gerichtet.
„Was denn? Habe ich etwas..." Er konnte den Satz nicht beenden, da er plötzlich mitbekam, dass er nicht mehr das Miauen hörte, sondern seine wirkliche Stimme. Sofort sah er an sich herunter und sah, dass er nicht mehr als Kater auf dem Tisch lag, sondern wirklich wieder menschlich war. Schnell sprang er vom Tisch und bekam am Rande mit, dass er gerade einen schwarzen Bademantel anstelle seiner normalen Klamotten trug, aber nicht einmal das konnte seine gute Stimmung gerade dämpfen.
„Ich bin wieder menschlich!", rief er zufrieden und sah zu den anderen beiden, die auf einmal wieder viel kleiner wirkten, jetzt wo er seine normale Körpergröße wiederhatte. Der Hanami schien einfach nur ein wenig irritiert zu sein, Levin schien sich eine Reaktion verkneifen zu wollen, was er dann aber trotzdem tat.
„Na ja so fast..." Er hatte seine Tasche auf dem Boden gefunden und lief nun langsam dahin, bis er sich schwerfällig bückte und sie wieder aufhob und den Spiegel herausnahm und ihn Ethan entgegenhielt. Wie er anfing, diesen Spiegel zu hassen... Trotzdem sah er hinein und... sah sein Gesicht. Es sah aus wie immer, weshalb er nicht ganz verstand, was das Problem war. Dann entdeckte er die schwarzen Katzenohren, die immer noch in zwischen seinen Haaren waren. Und dann spürte er auch noch etwas anderes... Er hatte auch noch einen Katzenschwanz.
„Na wundervoll. Ich bin also wirklich nicht einfach nur ein Kater geworden, sondern so ein Tokosu-Ding, was Tongrim vorhin erwähnt hat", murrte er und drückte Levin den Spiegel wieder in die Hand.
„Aber wenigstens habe ich meine Körpergröße wieder, sodass ihr mir vielleicht endlich erklären könnt, warum wir hier so dringend wegmüssen", fuhr er fort und sah erwartend in die Runde.
Nach einem kurzen Schweigen nickte Levin und meinte: „Tongrim, erkläre ihm bitte ein wenig unsere Lage mit dem König. Ich werde mich derweil ein wenig passender anziehen." Danach verschwand er wieder in dem Zimmer von vorhin und schloss die Tür wieder. Etwas daran, wie er ‚unser' gesagt hatte gefiel Ethan nicht. Ihm fiel gerade jetzt ein, dass er wirklich nichts über Levin wusste. Vielleicht war ja seine Geschichte von seiner Vergangenheit ganz falsch und er kam in Wahrheit von dieser Welt hier, weshalb er hier auch ein Haus hatte. Vielleicht hatte er viel mehr Zeit hier verbracht, als Ethan es annahm und er kannte die Welt hier viel besser, als Ethans... Und irgendetwas an dieser Idee gefiel ihm ganz und gar nicht.
„Gut, dann werde ich eine kleine Erklärung machen. Ist ja immerhin nicht das erste Mal, dass ich das alles erkläre", seufzte Tongrim, der sich mit einem besorgten Blick in Levins Richtung wieder an den Tisch setzte. „Hier in Kyasalim regiert ein König das Land von seinem Schloss in der Hauptstadt aus. So war es schon seit Anbeginn der Zeit. Unser momentaner König allerdings ist alt und schwach. Er lässt sich de meiste Zeit von seinem Stellvertreter Kieron beeinflussen, egal um welche Entscheidung es geht. Unter Kierons Einfluss war sein erster Beschluss: jeder, der sich ungewöhnlich verhält oder ungewöhnliche Kleidung trägt, solle sofort dem König ausgeliefert werden. Zuerst hatte keiner dieses Gesetz verstanden, auch ich nicht. Dann lernte ich kurze Zeit später Levin kennen. Und er viel genau in diesen Bereich. Er trug Kleidung, so wie jetzt, die niemand zuvor gesehen hatte und schien nichts über diese Welt zu wissen... Und verletzt war er noch dazu. Levin begann mir zu erzählen, er würde aus einer anderen Welt kommen und dann verstand ich langsam, was Kierons Plan war: er wusste aus irgendeinem Grund von dieser anderen... von eurer Welt und wollte jeden, der von da kam, sofort bei sich haben." 
„Und da Levin noch hier ist, nehme ich mal an, du hast ihn nicht ausgeliefert?", fragte Ethan neugierig nach.
„Nein, das habe ich nicht", stimmte Tongrim ihm nickend zu. „Ich war noch nie ein Anhänger Kierons und war davon auch nicht unbedingt begeistert. Da ich außerdem noch nicht ganz verstand, warum er das wollte, ließ ich das lieber. Und jetzt bin ich auch ganz froh darüber. Es geht das Gerücht um, dass jeder, der wegen seines auffälligen Verhaltens zum Schloss gebracht wurde, nie wieder aufgetaucht ist. Dennoch steht darauf, dass man eine auffällige Person versteckt hält oder ihr hilft, eine lebenslange Gefängnisstrafe. Sie würde mir nun also dank euch zweimal gelten." Der Grünhaarige schien davon nicht sonderlich begeistert zu sein, als die Tür wieder aufschwang und Levin nun fertig umgezogen darinstand. Seine neue Kleidung sah der von Tongrim sehr ähnlich, war allerdings komplett in schwarz gehalten. Eine Art schwarzes, langärmeliges Hemd, ein schwarzer Umhang mit Kapuze, schwarze, schlichte Hose und schwarze Stiefel. Und Ethan musste zugeben, dass ihm diese Kleidung deutlich besser stand, als die Schuluniform. In dieser hatte er immer ein wenig... Fehl am Platz gewirkt.
„Niemand weiß, warum Kieron so versessen darauf ist, an diese Leute zu kommen. Und ich bezweifle auch, dass er bisher wirklich jemanden gefunden hat, der so wie wir aus der anderen Welt kommt. Aber durch diesen Druck der Gefängnisstrafe und die allgemeine, unangenehme politische Lage im Moment hier ist es nicht unbedingt sicher für uns, so offensichtlich herum zu laufen. Und da Mayla es garantiert jedem hier, dem sie begegnen wird, erzählen wird, werden wir gleich das ganze Dorf gegen uns haben. Das bedeutet: wir müssen hier dringend weg", setzte Levin die Erklärung fort, während er aus der Holztruhe eine schwarze Tasche holte und damit begann, die Sachen aus seiner Schultasche umzupacken.
„Ich... denke ich falle sehr wohl auf", stellte Ethan ruhig fest, da er ja immer noch nur einen schwarzen, flauschigen Bademantel trug.
Tongrim packte nun seinerseits ein paar Dinge in eine weitere Tasche, die er nun hatte und antwortete schlicht: „Dann verwandele dich doch einfach wieder zurück." 
„Und wie?" 
Sowie er diese Frage gestellt hatte, bekam er von Tongrim und Levin einen gleich genervten und verwirrten Blick zugeworfen, bevor beide synchron antworteten: „Du bist der Tokosu, du musst das wissen."
„Ich bin seit knapp 24 Stunden ein Tokosu und weiß seit nicht mal einer Stunde, dass ich nicht nur ein normaler Kater bin. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich verwandele und denke nicht, dass ich mich dafür auch noch rechtfertigen muss."
Während er das sagte, hörte man nun von draußen einen immer lauter werdenden Lärm.
„Offenbar hat Mayla es erfolgreich geschafft, das Dorf gegen uns aufzuwiegeln", stellte Levin ruhig fest und stand auf, während er auf Ethan zuging. „Und wir haben ein kleines Problem mit dir." Nach einer kurzen Pause, in der er Ethan nachdenklich angesehen hatte, fuhr er fort: „Tongrim, kümmere dich bitte darum, dass die Leute uns nicht das Haus einrennen... Ich werde mich um unser Kätzchen kümmern." Levins Tonfall während er das sagte klang überraschend ruhig und kalt und Tongrim nickte ein wenig, während er zur Haustür lief.
„Was genau hast du vor?", fragte Ethan, während er von dem anderen am Arm gepackt und in das andere Zimmer gezogen wurde, indem Tongrim zuvor Levin behandelt hatte. Wie er nun feststellte, war es eine Art Schlafzimmer, nur bestehend aus einem Bett, einem kleinen Nachttisch und einem großen Kleiderschrank. Nichts besonderes, also lebte Levin vermutlich doch nicht hier... Noch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, schloss Levin die Tür hinter ihnen, bevor er Ethan auf das Bett stieß. Eigentlich war Ethan der deutlich größere und stärkere von beiden, allerdings war er von dessen Handeln so überrascht, dass er kaum reagieren konnte, außer halbwegs ordentlich auf das Bett zu fallen. Es überraschte ihn, wie gut der andere es schaffte, sich zu bewegen, trotz dessen Verletzungen. Aber etwas in ihm sagte ihm, dass das nicht das erste Mal war, dass Levin eigentlich verletzt war und trotz Schmerzen sich möglichst ordentlich benahm.
Jetzt lehnte er sich mit einem ruhigen Lächeln über ihn. „Wenn du dich nicht alleine verwandeln kannst, werde ich eben dafür sorgen, dass du wieder ein kleines Kätzchen wirst", flüsterte er.
„Ach, und wie genau..." Ethan schaffte es nicht mehr, den Satz zu vollenden. Levin hatte nun die Hand ausgestreckt und damit begonnen, ihn hinter den Katzenohren zu kraulen. „Was soll das denn?", fragte er stattdessen und wurde ein wenig rot, während er die Hände ausstreckte, um sich irgendwie gegen diese Kraulattacke zu wehren.
„Entspann dich einfach", antwortete Levin nur leise, während er sich nicht beirren ließ und einfach fortfuhr. Erstaunlicherweise konnte Ethan auch gar nicht anders, als aufzuhören, sich dagegen zu wehren und stattdessen einfach die Augen zu schließen und das Ganze zu genießen. Es kam ihm so vor, als würde ihm sogar ein leises Schnurren entweichen. Irgendwann stoppte Levin wieder und als er die Augen öffnete, bemerkte er sofort, dass er tatsächlich wieder ein schwarzer Kater geworden war. Irritiert sah er nach oben zu Levin, der ihn angrinste.
„Du bist nicht der erste Katzen-Tokosu, mit dem ich umgehen muss", erklärte er schlicht und richtete sich stöhnend auf. Tongrim hatte eindeutig recht gehabt und er hätte einige Tage Ruhe wegen seiner Rippen ruhig noch gebrauchen können... Aber der Lärm draußen sagte schon, dass sie diese Ruhe wohl kaum haben würden.
Sowie er die Tür geöffnet hatte, stolzierte Ethan ohne ihm einen Blick zuzuwerfen an ihm vorbei. Zwar war es nur eine Notlösung gewesen, aber es gefiel ihm gar nicht, von dem anderen wie ein wirkliches Haustier behandelt zu werden.
„Endlich seid ihr fertig... Das hier wird langsam ein wenig anstrengend", sagte Tongrim sofort erleichtert, als er Ethan entdeckte. Er schien die Türen mit einer Art dicken Wurzel gesichert zu haben, sodass niemand von außen hineinkommen konnte. „Sie scheinen uns wirklich die Tür einrennen wollen", fügte er noch hinzu und warf Levin einen fragenden Blick zu.
Dieser nickte nachdenklich und öffnete seine schwarze Ledertasche ein wenig, damit Ethan hineinspringen konnte und auch wenn dieser keinerlei Lust hatte, dem anderen nach der Aktion gerade eben näher zu kommen, wollte er auf keinen Fall der Meute da draußen alleine ausgesetzt sein weshalb er in die Tasche sprang. „Warum lassen wir sie nicht einfach herein, wenn sie es so dringend wollen?", fragte Levin danach und bekam sofort zwei verständnislose Blicke zugeworfen.
„Bitte was?", war das einzige, was Tongrim hervorbrachte, bevor er aber schon eine Erklärung bekam.
„Wir kommen hier solange die da draußen sind nicht raus. Also bleibt uns nichts anderes übrig als sie reinzulassen und wir gehen dabei raus." Es war eine simple Idee, aber etwas anderes blieb ihn in der derzeitigen Situation wohl auch nichts übrig.
Der Hanami zögerte ein wenig und nickte dann aber, während er sich seine eigene Tasche schnappte und fragte: „Alle bereit?"
Ethan nickte ein wenig und krallte sich in die Tasche, um ja nicht rauszufallen.
„Lassen wir sie rein", antwortete Levin und atmete tief durch, wobei er wieder ein wenig das Gesicht wegen der Schmerzen verzog.
Aber weitere Gedanken konnten sie sich auch nicht machen. Tongrim schnipste einmal mit den Fingern und die Wurzel löste sich auf. Sofort schwang die Holztür auf und einige der Dorfbewohner stolperten überrascht hinein. Ethan hatte kurz Zeit, ihre verwunderten Gesichter und ihr teilweise wirklich eigenartiges Aussehen zu bewundern, da rannte Levin schon an ihnen vorbei, packte Tongrim am Arm und sie rannten los. Der Tokosu meinte zu erkennen, dass sie in Richtung des Bootsanlegers liefen. Es war immerhin auch, wie er von Tongrim erfahren hatte, der einzige Weg, um aus dem Dorf zu kommen. Kurz warf er einen Blick nach hinten – er war ja auch immerhin der einzige der nicht selbst rennen musste und sich das somit sehr gut leisten konnte – und sah, dass sie zumindest bisher einen ganz schönen Vorsprung hatten. Allerdings merkte er auch, dass Levin mit der Zeit immer langsamer wurde.
„Ich habe doch gesagt, du brauchst noch Ruhe", beschwerte sich Tongrim, dem das ebenfalls aufgefallen war, aber Levin winkte sofort ab.
„Jetzt ist nicht die Zeit, das auszudiskutieren. Schau... hinter dich. Keine Zeit", antwortete er außer Atem, als sie nun endlich den Bootsanleger erreichten. Sofort stieg Tongrim hinein und Levin warf nicht gerade sanft seine Tasche hinterher, bevor er zu den anderen Booten lief.
„Was machst du denn? Komm gefälligst her!", rief Ethan sofort mit Blick auf die Menge, die nun immer näherkam.
Ohne zu antworten begann der andere aber damit, mit dem Ende eines Paddels in jedes der anderen Boote ein Loch reinzuschlagen, bevor er so schnell es ging wiederkam, in das Boot sprang und zu paddeln begann.
Der Hanami begann vorsichtig: „Sollte ich nicht lieber..."
„Ich kenne deine Künste mit dem Boot. Und solange mein Adrenalin anhält, ist alles in Ordnung", unterbrach Levin ihn sofort und tatsächlich ruderte er sie deutlich schneller an das andere Ufer, als Ethan es auf ihrer Hinfahrt erlebt hatte. Mit einem Blick nach hinten konnte er die restlichen Dorfbewohner auf der anderen Seite stehen und ihm wurde jetzt erst bewusst, was Levin vorhin gemacht hatte: niemand würde ihnen jetzt hinterherkommen können. Sowie sie angekommen waren, sprangen Tongrim und Levin wieder aus dem Boot und ohne sich weiter dem Boot zu widmen, rannten sie wieder los und in den Wald hinein.
„Reicht das nicht erstmal als Vorsprung?", fragte Ethan nach einigen Minuten, da er Levins Gesicht beobachtet hatte. Und Adrenalin hin oder her, er wurde auf jeden Fall immer blasser und das konnte nichts gutes heißen...
„Ich hoffe es auf jeden Fall", begann Levin und schien noch etwas hinzufügen zu wollen, als er stehenblieb und keine zwei Sekunden später die Augen verdrehte und umkippte. Ethan konnte sich gerade noch so aus der zu Boden fallenden Tasche retten. Dann sah er fragend zu Tongrim nach oben, der seine Tasche auch fallen gelassen hatte und seufzte.
„Es ist jedes Mal das Gleiche. Er kommt hier an, macht Ärger, verletzt sich, kümmert sich nicht darum und ist ständig bewusstlos", murrte dieser, während er zu überlegen schien. Vermutlich dachte er gerade darüber nach, was sie jetzt als nächstes machen sollten.
„Können wir nicht erst einmal ein wenig hierbleiben? Wir haben die anderen doch erst einmal aufgehalten und...", begann Ethan, wurde aber von dem anderen sofort unterbrochen.
„Lange wird sie das nicht aufhalten. Wir haben die Boote ja nicht komplett zerstört und in unserem Dorf gibt es einige Leute, die zumindest so viel Magie besitzen, dass sie die Boote recht schnell repariert haben werden. Und sobald ein Hanami unter ihnen ist, wird es auch einfach, uns hier im Wald zu finden. Also sollten wir schnellstmöglich weg." Noch während er das sagte hob er Levin hoch und sah fragend zu dem kleinen Kater neben sich. „Du könntest nicht zufällig die beiden Taschen mitnehmen?"
Ethan schnappte sich zuerst den Riemen der einen Tasche und hatte schon Probleme damit, alleine Levins Tasche hinter sich her zu ziehen, weshalb er sie wieder losließ und den Kopf schüttelte. „Keine Chance. Beide bekomme ich nicht mit. Mit vier Pfoten ist das nicht ganz so einfach."
Seufzend nickte Tongrim und schien noch etwas sagen zu wollen, als es in einem der Büsche neben ihnen zu rascheln begann. Wieder begann Ethan leise zu fauchen, wogegen er einfach nichts machen konnte, aber dieses Mal hatte es wirklich einen Effekt, denn die Gestalt, die aus dem Gebüsch kam, war ein kleiner weißer Kater. Mit Genugtuung stellte er fest, dass der andere Kater ein gutes Stück kleiner war als er selbst und ihn ein wenig überrascht und beunruhigt ansah. Das änderte sich aber schnell, als er Tongrim mit Levin in den Armen sah. Dann packte er Tongrims Tasche und dieser lief los, so als wäre es das normalste der Welt, dass eine weiße Katze aus einem Gebüsch kommt und einem beim Taschentragen hilft. Aber Ethan würde sich nicht weiter darüber wundern. Stattdessen nahm er schnell Levins Tasche und folgte den beiden anderen. Sowie er zu dem anderen Kater aufgeholt hatte, musterte er diesen aus dem Augenwinkel. Er war wirklich das genaue Gegenstück zu ihm selbst: schneeweiß und eher klein und zierlich. Dennoch bekam Ethan das ungute Gefühl, dass er ihn definitiv nicht herausfordern sollte. Etwas an ihm wirkte einfach eigenartig...
Sie liefen wirklich eine Ewigkeit durch den Wald. So lange, dass Ethan sich nicht einmal sicher war, ob sie wirklich ein Ziel hatten oder einfach nur für immer durch den Wald laufen würden. Danach fragen wollte er aber lieber nicht. Immerhin schien Tongrim wirklich irgendwie zielgerichtet zu laufen und auch der weiße Kater schien nicht besonders verwundert zu sein, dass sie immer noch liefen. Also würde es schon irgendeinen Sinn haben. Und so hatte er zumindest Zeit, sich zu fragen, ob der weiße Kater auch so ein seltsamer Tokosu war, oder ob es einfach nur ein sehr nettes und hilfsbereites Tier war. Zutrauen würde er dieser eigenartigen Welt hier immerhin alles. Aber auch das wollte er lieber nicht fragen. Es wäre schon eine sehr komische Frage und vielleicht würde sich das alles ja noch klären... Als Ethan sich gerade fragte, ob seine Pfoten nicht bald abfallen würden, wurde der Wald wieder lichter und er konnte in einiger Entfernung ein paar wenige Häuser sehen. Das Dorf, wenn man es überhaupt so nennen konnte, war deutlich kleiner als Muranuu, aber offenbar war es genau das, was sie hatten erreichen wollen, denn ihr Waldführer lief zielsicher auf eines der Häuser zu, dass etwas abgeschiedener war, als die anderen.
„Weffen Hauf ift daf?", fragte Ethan dann, immer noch mit der Tasche im Maul und zum ersten Mal seit langem bekam er mit, wie der weiße Kater ihn nun musterte.
„Eine Freundin wohnt da drinnen. Sie wird uns hoffentlich eine Weile lang hier ein wenig Schutz bieten, bis es Levin wieder gut geht", antwortete Tongrim, der nun mit seinem Fuß gegen die Tür trat, da er keine Hände frei hatte, um zu klopfen. Es dauerte ein klein wenig, bis eine braunhaarige junge Frau in der Tür stand und ein wenig überrascht die Versammlung davor ansah.
„Notfall", erklärte Tongrim schlicht und drückte sich an ihr vorbei, während der weißhaarige Kater ihm sofort nach drinnen folgte und auch Ethan zögernd hinterherkam.
„Natürlich, macht bloß. Ich wusste zwar nicht, dass mein Haus ein Heim für Katzen und Bewusstlose geworden wäre, aber kommt doch einfach gerne rein", murrte sie dabei voll Ironie und schloss die Tür, bevor sie ihnen in das Hauptzimmer folgte. Tongrim hatte in der Zwischenzeit Levin auf eine der Holzbänke gelegt und der weiße Kater sowie Ethan waren auf den Tisch geklettert.
Die Braunhaarige verschränkte nun die Arme vor der Brust und sah in die Runde, während Tongrim sich wiederaufrichtete und ein wenig streckte. „Warum ist dieser Kerl nur so schwer?", fragte er seufzend und die Braunhaarige trat nun vor.
„Ich denke nicht, dass das jetzt die wichtigste Frage sein sollte", bemerkte sie und der Hanami sah sie fragend an.
„Was denn sonst?"
„Oh, da hätte ich ein paar im Angebot. Warum seid ihr hier? Was wollt ihr von mir? Seit wann ist Levin wieder da? Warum ist er schon wieder bewusstlos? Solltest du dich nicht lieber um ihn kümmern, statt dämliche Fragen zu stellen? Wo habt ihr Saka aufgegabelt? Was ist das für ein schwarzer Kater? Ist er ein neuer Tokosu? Was ist es für ein Notfall, von dem du gesprochen hast?..."
An dieser Stelle wurde sie nun von jemandem unterbrochen, der nur sagte: „Lynjara, es ist... schön dich zu sehen..."
Überrascht sahen alle sofort zu der Bank, auf der Levin lag und der nun mit einem müden Blick zu der Braunhaarigen sah, aber zumindest ein klein wenig lächelte.
„Halt die Klappe. Tongrim, das Gästezimmer steht zur freien Verfügung. Kümmere dich um unsere Leiche hier", antwortete Lynjara schlicht und Tongrim hob Levin wieder hoch, bevor er in einem Nebenzimmer verschwand. Bevor er die Tür schließen konnte, schlich sich der weiße Kater hinterher und verschwand ebenfalls in dem Zimmer, sodass Ethan mit seiner neuen, braunhaarigen Bekanntschaft alleine war. 

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Hello and welcome back ^-^ 
Tut mir leid, dass am Freitag kein Kapitel herauskam. Wattpad streikt bei mir gerade ein klein wenig, aber ich bemühe mich, trotzdem wieder Dienstags und Freitags weiterhin zu updaten. Außerdem war das Kapitel hier dafür ein wenig länger :3
I'm out, see you friday ^°^ 

Katze, Notizbuch und eine Reise in eine andere WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt