Vergangenheit und Gegenwart - kann man das trennen?

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*Nicos Sicht*

Ausnahmsweise pünktlich stehe ich vor dem Café und warte auf Frey. Da kommt sie auch schon. Sie sieht so anders aus. Sie trägt eine dunkelgraue Bluse und einen schwarzen Rock. ihre hohen Schuhe lassen sie noch eleganter wirken. Ihr stehen diese Sachen zwar, da ihr vermutlich alles stehen würde, aber das ist nicht mehr das Mädchen, das ich damals so mochte. Ein bisschen wehmütig verliere ich mich kurz in Erinnerungen, fange mich jedoch relativ schnell wieder. Wir umarmen uns und gehen rein. Nachdem wir was bestellt und uns gesetzt haben, fangen wir an zu quatschen. Sie erzählt mir wie glücklich sie ist, mit Adrian und mit ihrem Studium, aber irgendwie kann ich ihr das nicht ganz glauben. Ich glaube nicht, das sie sich so krass geändert haben kann. Sie wollte nie Anwältin werden, oder ein spießiges Leben führen. Ihre Eltern scheinen echt gute Arbeit geleistet zu haben, mit ihrer Gehirnwäsche. Frey hätte damals nie gehen dürfen. Ich hätte sie vor diesem Mist bewahren können. „Nico?" höre ich sie durch meine Gedanken hindurch mit mir reden. Schnell verdränge ich meine Gedanken und lächle sie wieder an. „Ja? Entschuldige bitte." „ist schon gut." Sie lächelt mich mit ihrem warmen Lächeln an und ich muss unwillkürlich auch lächeln. Wir unterhalten uns noch Stunden lang und ich erzähle ihr wie ich Lena damals auf der Gala kennen gelernt und mich in sie verliebt habe. Es ist schon halb sieben und wir wollten noch ausgehen. Also frage ich sie was sie vorhat und sie erklärt mir, dass sie hier noch keine Bar kennt. Natürlich, du Idiot. Sie wohnt hier noch nicht lange. Und dieser Adrian wird wohl kaum mit ihr in Bars gehen. „Na dann lass dich überraschen!" Ich grinse sie an. Ich werde sie in meine Lieblingsbar bringen, da wird es ihr sicher gefallen.

„Du willst doch nicht allen Ernstes bezahlen?!" frage ich sie ungläubig. „Doch, genau das will und werde ich tun." Herausfordernd sieht sie mich an und ich verstehe das eine Diskussion keinen Sinn ergeben würde. Genau so ernst sehe ich sie an: „Gut. Dann zahle ich alles was du heute noch trinkst oder isst!" „Nein, das wirst du nicht tun." Sie schaut mich böse an und ich muss mir echt Mühe geben nicht zu grinsen. „Das werden wir sehen!" Jetzt grinse ich wirklich.

Wir laufen zu Fuß bis zu meiner Lieblingsbar, da es echt nicht weit ist. Frey scheint begeistert von der Bar zu sein und ich halte ihr die Tür auf. Grinsend geht sie hindurch und ich rede kurz mit einem der Barmänner. Kurz darauf sitzen wir an einem Tisch in einer Ecke. Na genug an der Tanzfläche und trotzdem so weit am Rand, das ich nicht befürchten muss alle zwei Minuten angesprochen zu werden. Fasziniert schaut sie sich um. Man sie muss schon lange nicht mehr draußen gewesen sein. „Ein Wodka-Soda für mich und ein Martini für die Lady bitte." Bestelle ich uns einen Drink. Dann fällt mir auf, dass ich Frey gar nicht gefragt habe, was sie will. Doch sie guckt mich nur an und lächelt. „Ist das noch richtig?" verlegen streiche ich mir über die Haare. So war es früher immer, wenn wir uns in die Clubs geschlichen haben, mit falschen Ausweisen und Ausreden für unsere Eltern. Sie hat immer Martinis getrunken, auch wenn wir viel zu jung waren. „Ja, das hat sich nicht geändert. Auch wenn ich nach unserem Umzug lange gar nichts mehr getrunken habe." Jetzt wirkt sie verlegen und ich muss unwillkürlich lächeln.

Nach einigen Drinks und vielen schönen Gesprächen will ich nun endlich wieder mit ihr tanzen. Das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht. „Komm schon Frey. Nur ein Song." „Vergiss es, das geht nicht. Ich kann hier nicht tanzen und ich habe auch schon zu viel getrunken. Was sollen die Leute denken?!" Man, was haben die nur aus meinem Partygirl gemacht?! „Frey, bitte. Für mich..." ich gucke sie bettelnd an, doch sie bleibt hart. Etwas enttäuscht lehne ich mich zurück und schaue sie an. Einzelne Strähnen haben sich aus ihrer Frisur gelöst und lassen sie ein bisschen entspannter wirken. Jedoch ist ihre grade Haltung, trotz einiger Martinis nicht verschwunden. Wir unterhalten uns noch einige Zeit, bis sie schließlich auf die Uhr guckt und große Augen bekommt. „Es ist ja schon halb zwei!" Geschockt sieht sie mich an. Halb zwei schon? Die Zeit ging echt schnell um. „Musst du los?" frage ich sie und als sie nickt gehe ich schnell zahlen, bevor sie wieder auf dumme Ideen kommt. „Es war echt schön mit dir, Nico." Sagt sie, als wir vor die Tür der Bar treten. Sie schaut mich an und wankt kurz. Schnell halte ich ihr einen Arm hin und sie hakt sich ein. „Wollen wir ein Taxi nehmen?" frage ich sie. „Nein, ich würde gerne laufen, damit ich noch ein wenig nüchtern werde. Ich will mir von Adrian nichts anhören müssen, weil ich unter der Woche getrunken habe. Ich verdrehe kurz die Augen, lächle sie an und nicke dann. „Ich bringe dich nach Hause, ja?" „Das brauchst du nicht. Ich schaffe das." Erwidert sie und lächelt mich an. Jetzt sieht sie wieder ein bisschen aus wie früher. „Das tue ich aber, keine Widerrede." Sie nickt und wir gehen los. Nachdem wir einige Zeit schweigend nebeneinander hergelaufen sind, fasse ich schließlich den Entschluss sie doch auf früher anzusprechen.

„Warst du eigentlich schnell über mich hinweg damals?" ich schaue zu Boden, da ich ein bisschen Angst vor der Antwort habe. Auch wenn ich nach einiger Zeit mir ihr abgeschlossen hatte, war diese Frage mir nie aus dem Kopf gegangen. Sie schaut mich an und Trauer spiegelt sich in ihren Augen wider. Plötzlich bleibt sie stehen und dreht sich zu mir. „Natürlich nicht, du Idiot. Ich habe noch lange an dich gedacht und es meinen Eltern auch oft vorgehalten, dass sie uns getrennt haben. Irgendwann musste ich aber nach vorne gucken und habe Adrian durch meine Eltern kennengelernt..." War ja klar. Adrian. Als er kam, hat sie mich vergessen.

Warum stört mich das überhaupt so? Das muss am Alkohol liegen. „Ich konnte dich nicht vergessen." Höre ich mich plötzlich sagen, bevor ich überhaupt realisiere was ich da sage. Ihre wunderschönen grünen Augen werden groß „ich dachte du hättest schnell wieder was mit anderen Mädchen gehabt. So wie vor mir." Ich schüttle den Kopf. „Nein, ich konnte nicht. In meinem Kopf war nur Platz für dich." Fuck, was sage ich da?! Ich muss unbedingt aufhören zu reden! Wir haben beide ein neues Leben und ich liebe Lena. Die kommt morgen auch wieder, weshalb ich echt nach Hause sollte, um die Wohnung morgen früh noch aufzuräumen. „Wir sollten weiter. Adrian wartet bestimmt schon auf dich." Ohne eine Antwort abzuwarten drehe ich mich und gehe los. Kurz hat sie Mühe mitzukommen, doch dann gehen wir schweigend nebeneinanderher. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die wir uns anschweigen, sind wir an ihrer Wohnung angekommen.

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