Blaue Flecken

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*Freys Sicht*

Langsam öffne ich die Augen und muss einige Male blinzeln. „Man, ist das hell." Stöhne ich genervt und reibe mir die Augen. Plötzlich fällt mir auf, wie leer das Bett ist und ich setze mich ruckartig auf. „Fuck!" dieser Fehler wird sofort bestraft. Ich habe das Gefühl, als würde jemand mit einem Hammer auf meinen Kopf schlagen und mir wird sofort übel. Das war definitiv zu viel Alkohol gestern. Apropos gestern, irgendwas ist gestern passiert, aber was nur? Irgendwie ist alles so verschwommen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass Nico mich ins Hotel gebracht hat und ich weiß auch, das er hier übernachten wollte. Außerdem trage ich sein Shirt. Aber wo ist er nur? „Nico?" rufe ich leise und hoffe auf eine Antwort, doch ich bekomme keine. Möglichst langsam stehe ich auf. Alles dreht sich und ich habe das Gefühl, dass mein Gehirn hin und her schwappt. Ich stöhne. „Scheiß Alkohol." Und als hätte der Alkohol es gehört und wollte sich rächen, spüre ich den Würgreflex im Hals und mein Magen krampft sich zusammen. Immer und immer wieder. Geradeso schaffe ich es bis zur Toilette, wo mein Magen sich von allem befreit, mit dem er letzte Nacht nicht fertig geworden ist. Und in dem Moment in dem ich mich wieder erhebe und in den Spiegel gucke, fällt mir alles wieder ein. „Scheiße!" fluche ich. Wie konnte ich das nur tun?! Das erklärte auch, warum Nico nicht mehr da war. Er muss wohl gegangen sein. Geplagt von einem schlechten Gewissen vermutlich. Und auch ich habe eins. Egal wie wütend ich auf Adrian bin, das hat er nun wirklich nicht verdient. Ich seufze, binde meine Haare zu einem Zopf zusammen und schaue mich im Spiegel an. In diesem Moment fällt mir auf, das ich immer noch keinen Slip, sondern nur Nicos Shirt anhabe. Mist! Ich gehe ins Zimmer und suche ihn, bis ich ihn schließlich in eine Ecke gepfeffert finde. Ich ziehe ihn an und suche nach meiner Handtasche, die ich schließlich im Bad wieder finde. Ich nehme mein Handy raus und sehe das ich einige verpasste Anrufe von Adrian habe. Ich wische die Nachricht zur Seite, in der Hoffnung, dass eine von Nico auf dem Display erscheint, doch es geschieht nichts. Idiot. Ohne Nachricht abzuhauen! Ich versteh das er ein schlechtes Gewissen hat, aber er hätte zumindest schreiben können. Plötzlich klopft es an der Tür: „Zimmerservice!" ruft eine Dame und ich öffne um ihr zu erklären, dass ich noch Zeit brauche. Doch entgegen meiner Erwartung steht dort kein Wagen lauter Putzutensilien vor mir, sondern ein Wagen mit vielen Tellern und noch mehr Essen drauf. „Ihr Frühstück. Ich wünsche guten Appetit!" sagt die kleine Dame und verschwindet wieder. Lächelnd ziehe ich den Wagen vors Bett, setze mich darauf und schaue mir die riesige Auswahl an. Wie ich das vermisst habe! Frühstück im Bett! Seit Nico und ich getrennt wurden, hatte ich keins mehr. Das war echt schade. Doch Adrian fand es nun mal furchtbar und hatte Sorge, dass Krümel ins Bett gelangen könnten. Ich seufze und fange an zu Essen. Währenddessen beginnt mein Kopf zu arbeiten. Habe ich wirklich mit Nico rumgemacht? Wollte ich Adrian fremdgehen? Was war das zwischen Nico und mir? Und die aller schwierigste Frage war: Wie sollte ich den Streit mit Adrian aus der Welt schaffen?

Nachdem ich fertig gefrühstückt habe, stehe ich auf und gehe ins Bad um mich fertig zu machen. Ich entschließe mich meine Tasche zu packen und dann zu unserer Wohnung zu fahren um mit Adrian zu reden. Währenddessen steigt meine Nervosität immer mehr, bis ich ganz zittrige Knie habe. Als ich mir Nicos T-Shirt über den Kopf ziehe fällt mir ein Knutschfleck an meinem Bauch auf und ich muss schmunzeln. Genau wie früher! Oh Gott, sah ich damals aus! Aber den darf Adrian auf gar keinen Fall sehen! Dann würde er durchdrehen. Und ob ich es mir eingestehen will, oder nicht: Davor habe ich Angst. Erneut sehe ich mir mein Handgelenk an. Die Flecken sind größer und dunkler geworden. Hoffentlich hat Nico das nicht gesehen! Nachdem ich mich fertig gemacht habe, kontrolliere ich noch einmal das Zimmer. „Gut, ich habe alles." Sage ich zu mir selbst und verlasse das Zimmer um auszuchecken.

Kurze Zeit später, stehe ich auf der Straße und warte auf ein Taxi. Endlich hält eines und ich steige ein. Auf der Fahrt steigt meine Nervosität nur noch mehr. Ich glaube ich drehe gleich durch! An dem Haus, indem unsere Wohnung liegt angekommen, steige ich aus. „Hm, die Tür steht ja offen. Wie merkwürdig" murmle ich, gehe aber schließlich einfach hoch. Doch im Flur, auf dem Weg nach oben höre ich plötzlich laute, mir sehr gut bekannte Männerstimmen: Nico und Adrian. „Scheiße! Was macht der nur hier?" Sehr zur Beschwerde meines noch sehr verkaterten Kopfes, renne ich die Treppen hoch und sehe das auch unsere Wohnungstür aufsteht. Ich eile hinein und höre eine Vase zu Boden krachen. „Du Wixxer! Wie kannst du ihr so etwas antun?!" brüllt Nico, gefolgt von einem dumpfen Geräusch und einem wutverzehrten Stöhnen. Hatte Adrian ihn gerade geschlagen? „Was mischst du dich in unser Leben ein?! Kein Wunder das ihre Eltern euch getrennt haben! Du hast nichts gelernt und du wärst niemals gut genug für sie!" herrscht Adrian ihn jetzt an. Auch auf seine Worte folgt erst Schweigen, dann ein dumpfer Schlag und dann ein lautes Knallen.

Ich realisiere das ich stehen geblieben bin, doch als ich den lauten Aufprall von etwas bzw. jemandem auf dem Boden höre, laufe ich wieder los und finde die beiden schließlich im Wohnzimmer. „Was ist denn hier los Nico?!" rufe ich hysterisch. „Was machst du denn hier?" ist die einzige Antwort die ich erhalte. „Ich wohne hier, du Idiot! Aber was tust du hier?!" Hinter mir höre ich ein Stöhnen. „Adrian!" entsetzt drehe ich mich um und sehe den am Boden liegenden Adrian. Ich knie mich neben ihn. „Er ist bewusstlos! Bist du irre?!" Nicos Gesicht verzieht sich zu einer wütenden Miene und seine braunen Augen funkeln vor Wut. „Ich habe deinen Arm gesehen. Was er dir angetan hat. Da sind bei mir die Sicherungen durchgebrannt!" Endlich verstehe ich, was hier los ist und bekomme kurz Schmetterlinge im Bauch. Ich muss ihm doch sehr wichtig sein, dass er so eine große Sache daraus macht. ‚Was ist denn los mit dir?! Spinnst du?!' ermahne ich mich aber schnell selbst, als ich merke, was ich für einen Mist denke. „Und deswegen schlägst du ihn gleich K.O.?!" Er zuckt mit den Schultern. „Der Wixxer hat es verdient! Niemand darf dir weh tun. Schon gar nicht er!" Ich schaue zu Nico auf und sehe die Mischung aus Besorgnis und Wut in seinen Augen, als Adrian sich neben mir plötzlich anfängt wieder zu rühren. „Darüber reden wir nochmal, aber jetzt musst du hier abhauen! Bevor er wieder aufwacht. Los!" Ich stehe auf, gehe zu ihm hin, nehme seine Hand und schaue ihn eindringlich an: „Nico, bitte! Ich sorge dafür, dass alles gut wird!" Ich drücke ihm einen kurzen, aber liebevollen Kuss auf die Lippen und schiebe ihn aus der Tür. „Geh schon!" sage ich erneut und er verlässt tatsächlich die Wohnung. Oh Gott er hat so schlimm ausgesehen. Eine aufgeplatzte Lippe und ein Cut über der rechten Augenbraue.

Schnell laufe ich wieder zu Adrian, der gerade wieder richtig wach geworden ist. Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und rufe den Notarzt. Adrian ist zwar selbst ein Arzt, aber ich weiß, wie störrisch er sein kann, vor allem wenn es um etwas geht, dass sein Image gefährden könnte. „Wo ist dieses Arschloch?" Murmelt er und ich sehe neben Schmerz, hauptsächlich Hass auf seinem Gesicht. „Weg." Sage ich lediglich und helfe ihm sich aufzurichten.

Einige Minuten später ist der Krankenwagen da und nimmt Adrian unter Protest mit. Ich darf ihn begleiten.

Nachdem der Arzt ihn versorgt hat und wir die Röntgenergebnisse haben, fahren wir mit einem Taxi nach Hause. Adrian schweigt während der ganzen Fahrt. In der Wohnung angekommen, räume ich erst einmal die entstandenen Scherben weg. Kaum bin ich damit fertig, macht Adrian seiner Wut auch schon Platz.

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