Kapitel 4

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Lia

Diese Nacht war anders, als die Nächte zuvor, denn ich träumte. Das war etwas, das ich schon lange nicht mehr getan hatte, und nun erfreute ich mich daran, auch wenn es nicht der schönste Traum war, den man haben konnte.

Im Traum sah ich zwei Männer einen langen, schwarzen, steril wirkenden Gang entlanggehen. Beide waren groß, wobei der schwarzhaarige den rothaarigen um fast einen Kopf überragte. Nichts desto trotz waren beide gut gebaut und äußerst attraktiv. Das Einzige, was ihrer Ansehnlichkeit einen kleinen Dämpfer versetzte, waren ihre grimmigen Blicke, die sie abwechselnd aufeinander und auf den Gang vor sich warfen. Als nächstes fiel mir ein zylinderförmiges Teil auf, das am Gürtel des schwarzhaarigen hing, und ein Helm, den er in der Hand hielt. Kurz bevor er ihn aufsetzte, konnte ich einen letzten Blick in sein Gesicht erhaschen, das eine große Narbe zierte. Aber sie entstellte ihn nicht, eher ließ sie ihn, zusammen mit den hohen Wangenknochen, dem leicht kantigen Kinn und den dunklen Augen, sehr verwegen aussehen.
Eine Sekunde nachdem ich dies alles wahrgenommen hatte, verwehrte mir der Helm, der das schöne Gesicht nun verdeckte, die Sicht.

Im selben Moment, in dem der Mann den Helm aufgesetzt hatte, verschwamm das Bild und ich fand mich in einem anderen Saal wieder.
Auch hier waren die beiden Männer anwesend. Sie knieten vor einem großen Thron, auf der ein riesiges Wesen saß und mit kalter, autoritärer Stimme sprach. Obwohl das Wesen ganz offensichtlich eine Projektion war, konnte man das vernarbte, auf der einen Seite eingefallene und äußerst abstoßende Gesicht und einen knochendürren Körper, der viel zu abgemagert aussah, als dass er noch lebendig sein könnte, erkennen.
Doch offenbar hatten beide Männer, der rothaarige und der schwarzhaarige, dennoch großen Respekt vor dem Ding.
Offenbar war ich mitten in eine Diskussion hineingeplatzt, denn ich hörte die Sätze zwar nur bruchstückhaft, jedoch hörte es sich nicht an, als hätte die Konversation gerade erst begonnen.
"...sage dir, finde sie...Befehl!", sagte das gruselige Ding auf dem Thron, während der rothaarige den schwarzhaarigen listig und schadenfroh angrinste.
"Das sind dann wohl keine Freunde.", dachte ich mir.
"...verstehe nicht, wieso...Mädchen entführen?", sagte der schwarzhaarige. Seine Stimme war rau und tief, aber gleichzeitig auch sehr angenehm. Ich mochte sie sofort.
Das Wesen beugte sich leicht vor und sagte dann mit kalter Stimme: "Nimm deine Maske ab!"
Der schwarzhaarige Mann zögerte, doch dann legte er die Hände an seinen Helm und ein leises Klicken ertönte, bevor er ihn vom Kopf nahm und seine leicht gelockte Haarmähne und das grimmige Gesicht entblößte.
Das Geschöpf betrachtete ihn verächtlich, dann sprach es weiter: "Der große Kylo Ren...Vertrauen verloren...zurückgewinnen...das Mädchen findest...Plan."
Als ich den Namen des Mannes hörte, zuckte ich erschrocken zusammen. Das war er also, der berüchtigte, skrupellose Mörder, der gefürchtetste Anhänger der Ersten Ordnung; dies war Kylo Ren. Und er sah so ganz anders aus, als ich erwartet hatte.
"General Hux...begleiten."
Bei diesen Worten Snokes wurde das blasse Gesicht des rothaarigen, der General Hux sein musste, noch blasser, sofern dies überhaupt möglich war. Das Grinsen verschwand ebenfalls aus seinem Gesicht und er wandte sich ungläubig an seinen Meister:
"Oberster Anführer,...mit Kylo Ren?"
"Ja,...keine Schadenfreude...erhebt euch und findet das Mädchen, findet Lia."

Bei der Erwähnung meines Namens zuckte ich zusammen und konnte gerade noch sehen, wie sich General Hux und Kylo Ren von der Gestalt abwandten und aus dem Raum schritten. Dabei warf Kylo Ren wie zufällig einen Blick in meine Richtung und für einen kurzen Moment schien es, als würden sich unsere Blicke treffen, und sich nie wieder loslassen.
Dann verschwamm alles um mich herum...

...und ich schreckte hoch. Meine Klamotten klebten, nass von Schweiß, an meinem überhitzten Körper und mein Atem ging schnell und unregelmäßig. Mein ganzer Körper zitterte vor Angst und ich versuchte nicht, mich zu beruhigen. Angst war ein Urinstinkt, der zum Schutz diente, und genau den würde ich brauchen, denn mir war bewusst, dass ich nicht die Einzige war, die den Namen Lia trug, aber trotzdem wusste ich tief in mir, dass sie mich suchten. Und dass sie mich finden würden, wenn ich nicht schnellstens etwas unternahm.

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