Gerade sind Bonnie und ich auf dem Weg zur Bar, da klingelt mein Handy. Sobald ich den Anruf annehme, wird auch schon drauflos geplappert. »Wo bleibt mein Foto? Du hast es mir versprochen, schon vergessen?«, fragt Amrei. Verdammt, das habe ich in Gedanken total vergessen. »Das bekommst du gleich, versprochen. Ich bin gerade mit Bonnie auf dem Weg in unseren LieblingsPub. Sobald ich da bin, machen wir ein Foto und ich schicke es dir«, sage ich. »Alles klar. Geht es dir denn wieder gut? Du klingst wieder ziemlich gut«, erkundigt sie sich nach meinem Wohlbefinden. Erst meckern und dann wieder zahm wie ein Kätzchen sein. »Ja, mir geht es wieder recht gut. Mein Hals kratzt noch ein wenig, aber das wird spätestens am Sonntag vorbei sein. Und wie gehtes dir? Du klingst erschöpft«, sage ich. »Das klingt doch gut. Ich bin auch ziemlich müde. Lag gestern lange wach im Bett, ehe ich mich an den Laptop gesetzt habe und an der Fortsetzung geschrieben habe. Die Zeilen, die mir im Kopf herum spuckten, mussten erst mal niedergeschrieben werden. Sonst hätte ich kein Auge zu gemacht. Naja, und ich musste dann heute wieder ziemlich früh aufstehen. Sonst geht es mir aber gut«, »Also kann ich mich auf endlich auf eine neue Leseprobe einstellen?«, frage ich sie glücklich und höre sie am anderen Ende der Leitung kichern. »Du wirst die Erste sein, die die Geschichte zu lesen bekommt. Das weißt du doch.« Und wie ich das weiß, so war es schon immer und das wird sich hoffentlich auch nie ändern. »Ich freue mich drauf«, sage ich. »Das darfst du auch, sei gespannt. Jetzt möchte ich euch aber nicht weiter stören, habt einen schönen Abend, ja? Grüß Bonnie von mir«, sagt Amrei. »Das bin ich, du kennst mich doch. Mache ich. Habt einen schönen Abend und grüß Sören von uns, ja?«, sage ich, und schaue kurz zu Bonnie, die mich ebenfalls im Blick hat und stumm das Wort 'Silvester' mit ihren kirschrot geschminkten Lippen formt. »Ach ja, und haltet euch Silvester frei, ja? Ich erwarte euch in Neustadt«, sage ich, und sie fängt an zu lachen. »Ich freu mich drauf, wir werden da sein. Alles andere klären wir die Tage noch. Bis dann«, »Tschüss Liebes«, sage ich und wir legen auf. Amrei und Sören werden Silvester dabei sein, perfekt, als ich das Bonnie erzähle, sehe ich, wie sie sich zu einem Lächeln zwingt. Doch noch bleibe ich stumm, sobald wir im Pub sind, werde ich sie fragen, was ihr auf dem Herzen liegt.
Als wir im Pub ankommen, suchen wir uns einen schönen Fensterplatz, weiter hinten und nicht direkt am Eingang, auf dessen Tisch ein kleiner roter Weihnachtsstern, in einem schwarzen Metalleimer. Daneben steht eine Ölkerze, dessen Gefäß die Form einer Glühbirne hat. Mir gefällt es.
Kaum sitzen wir, kommt auch schon ein junger Kellner zu uns an Tisch und nimmt unsere Bestellung auf. Neben meinem kleinen Guinness und Bonnies Coca Cola, haben wir uns noch dazu entschieden, Sandwiches zubestellen. Nachdem der Kellner, Tom, das steht jedenfalls auf seinem Namensschild, wieder verschwunden ist, kehrt Stille ein. Nicht im Pub, aber bei uns am Tisch. Ich lasse meinen Blick umherschweifen und stelle fest, dass das Pub bereits gut besucht ist. Was mir beim betreten gar nicht aufgefallen ist, da ich auf Bonnie geachtet habe. Neben den ganzen Gesprächsfetzen, die man von den umliegenden Tischen mitbekommt, hört man die sanften Klänge einer Gitarre. In etwa einer Stunde, also um 20 Uhr, fängt die richtige Live Musik an und es wird gesungen.
Als ich wieder zurück zu Bonnie schaue, frage ich mich, ob sie mit ihren Gedanken überhaupt im Hier und Jetzt ist, oder in irgendeinem Paralleluniversum, von dem ich nichts weiß. Sie schaut sich ihre schwarz lackierten Nägel an, aber irgendwie auch nicht. Es scheint, als würde sie durch ihre Finger hindurchsehen.
»Okay B., raus mit der Sprache, was ist los?«, frage ich sie, nachdem unsere Getränke und das Essen vor uns abgestellt wurde und wir uns mit einem lächeln bei dem Kellner bedankt haben. Er schenkt uns ebenfalls ein Lächeln, eines, welches er wahrscheinlich gefühlt tausendmal an einem Abend an die Gäste verschenkt. Ob ihm am Ende der Schichtdie Wangenmuskeln wehtun? »Warum, was soll sein?«, fragt Bonnie und holt mich damit wieder ins hier und jetzt. Nachdenklich mustere ich sie und sehe ihr dabei zu, wie sie einen Schluck von ihrer Cola nimmt. »Keine Ahnung, das frage ich ja dich«, doch ich bekomme keine Antwort. Nur ein Schulterzucken. Sie schaut kurz aus dem Fenster, ehe sie ihren Blick wieder auf mich richtet. »Vor einer Woche habe ich einen Verlobungsring in Chris' Nachtschrank gefunden«, sagt sie, schaut aber nicht weg. »Oh, okay. Und wo liegt das Problem?«, frage ich dümmlich nach. Natürlich weiß ich, wo das Problem liegt. Sie wartet auf den Antrag, denkt, dass er es sich vielleicht anders überlegt hat, wenn er da schon liegt, aber noch nicht zum Einsatz kam. Das ich aber bereits von dem Ring wusste und auch, für wann der Antrag geplant ist, kann ich ihr ja schlecht verraten. Er möchte sie am 30. Dezember fragen, ob sie seine Frau werden will. Das ist ihr Jahrestag. An diesem Tag, sind sie vor fünf Jahren zusammen gekommen. »Außerdem denke ich, dass ich schwanger bin.« Deswegen auch die Cola. Habe mich schon gewundert, sonst bestellt sie sich immer ein Corona oder Desperados.. Warte was? »Bitte was? Warum glaubst du das? Bist du drüber? Hast du schon einen Test gemacht? Das wären doch schöne Neuigkeiten, oder nicht?«, plappere ich drauf los. Und wie schön es wäre, wenn sie wirklich schwanger ist. Endlich würde ich Tante werden. Chris würde Vater werden, er würde sich unglaublich darüber freuen. »Ja, ich bin bereits drei Wochen drüber. Aber nein, ich habe noch keinen Test gemacht. Irgendwie habe ich mich nicht getraut«, gibt sie zu. Ich greife nach ihrer Hand, die sie neben ihrem Teller auf dem Tisch zuliegen hat, und drücke sie sanft. »Wenn du magst, dann machen wir den Test zusammen. Von mir aus auch gleich zwei oder drei. Wenn ich morgen Abend zu euch komme, dann nehme ich welche mit und wir machen den Test. Also du«, sage ich und bringe sie leicht zum Lachen. »Das würdest du machen?«, fragt sie etwas unsicher. Wow, so kenne ich sie gar nicht. Sie ist sonst immer so stark und selbstbewusst. Ungläubig schaue ich sie an. »Natürlich würde ich das machen. Warum auch nicht?«, sie zuckt mit den Schultern. »Du brauchst keine Angst haben und du weißt, wie sehr sich Chris eine Familie mit dir wünscht. Euer Glück wäre doch perfekt, oder nicht?«, frage ich. »Du hast recht. Wir haben beide gute Jobs und verdienen super. Wir haben sogar genug Rücklagen und wir lieben uns. Wir sind Ende des Monats schon fünf Jahre zusammen. Ein Baby wäre wundervoll«, sagt sie, und ich nicke sie aufmunternd an. »Lass uns morgen den Test machen, ja? Aber vielleicht wirklich gleich drei. Und ich komme besser zu dir, oder? Wir können ja zusammen frühstücken, besser gesagt Brunchen. Ich wäre gegen 10 Uhr 30 bei dir. Dann haben wir die Jungs nicht im Nacken sitzen«, sagt sie, und sie hat recht. Dann ist sie auch entspannter. »Okay, so machen wir das. Und wenn alle positiv ausfallen, dann machst du dir gleich Montag Morgen einen Termin bei deiner Gynäkologin, ja?«, sie nickt lächelnd und drückt meine Hand, die noch immer ihre festhält. »Und wenn sie mir ebenfalls die Schwangerschaft bestätigt, dann gehen wir zusammen shoppen, okay? Ich benötige nämlich auch noch ein Geschenk für Chris und wenn sich beides miteinander kombinieren lässt, wäre doch schön, oder? Also ein Geschenk und die Offenbarung, das er Papa wird?!«, ich nicke. »Das wäre schön, ja. Und mach dir keine Sorgen, es wird alles gut gehen. Er wird sich riesig darüber freuen, glaub mir«
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Dezemberwunder
FanfictionIst es Zufall? Ist es Schicksal? Ist es Glück? Oder ist es doch einfach nur ein Wunder? Das fragt sich Luna, seitdem sie IHM das erste Mal über dem Weg lief. Oder sollte ich besser sagen: in IHN hineinlief? Das man jemanden wie IHN einmal trifft, is...