Türchen #15

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"Have a holly jolly Christmas
And when you walk down the street
Say hello to friends you know
And everyone you meet",
erklingt die Stimme von Micheal Bublé laut aus den Wohnzimmerboxen. Seit einer Stunde wusel ich durch die Wohnung. Nebenbei läuft eine Weihnachtsplaylist. Band Aid, Wham!, Paul McCartney, Queen, Bonnie M., Brenda Lee oder Britney Spears, Mariah Carey, Justin Bieber, Ariana Grande. Sie und viele mehr sind in der Playlist vertreten und ich liebe diese Mischung - von Originalen und Covern. Ich liebe diese Mischung. Während die älteren Songs meist viel mehr Gemütlichkeit ausdrücken, sind die neueren Songs oftmals schneller, lauter mehr etwas für eine Party. Hin und her. Vom Schlafzimmer, in den Flur. Vom Bad, wieder zurück in das Schlafzimmer und dann ins Wohnzimmer zu meinem Koffer. Wow. Ich glaube, ich habe mich noch nie so dämlich angestellt, einen Koffer zu packen. Vielleicht hätte ich mir vorher mal eine Liste machen sollen, auf der steht, was ich unbedingt brauche um dann die bereits eingepackten Dinge abhaken zu können. Wir haben bereits 14 Uhr, um 16 Uhr bin ich mit Clara noch mal in der Stadt verabredet. Wir wollen ein letztes Mal in diesem Jahr in unser Lieblingscafé gehen. Vorher wollte ich unbedingt den Koffer fertig gepackt haben, sodass morgen früh nur noch mein Shampoo, die Zahnbürste und Kosmetikzeug rein muss. So habe ich einen entspannten Abend, wenn ich später wieder nach Hause komme und morgen in der Früh ebenfalls kein Stress. Stress am Morgen ist nämlich einfach nur nervig. Vielleicht sollte ich mich morgen früh auch einfach nicht schminken. Wozu auch? Sitze ja fast 4 Stunden im Auto und abends steht bei Bonnie und ihrer Familie auch nichts mehr an. Schulterzuckend schnappe ich mir also meine klein Schminktasche, in die ich nur noch schnell meinen Eyeliner, meinen roten Lippenstift und Puder inklusive Pinsel hineinwerfe, da sich meine Lidschatten Palette eh immer darin befindet, so selten benutze ich sie. Es isteine Palette mit warmen Farben, die man zu jedem Anlass auftragen kann. Manche sind matt und manche enthalten einen leichten Schimmer. Gerade als ich noch mal überprüfe, ob ich alles Wichtige nun eingepackt habe, fällt mir auf, das meine Tagescreme so gut wie leer ist. Scheint, als müsste ich später noch mal in die Drogerie, ehe ich mich mit Clara treffe. Sonst vergesse ich das wieder, ich kenne mich doch.

Der Koffer ist zu, ich bin dick in eine Thermoleggings und oversized Rollkragenpullover eingepackt. Mein warmer Wintermantel und meine Mütze habe ich bereits angezogen und bin bereit, mich in die verschneite Kälte zu stürzen. Das letzte Mal für dieses Jahr den besten warmen Apfelkuchen zu essen, mit einem warmen Kakao, der durch die vielen kleinen Marshmallows viel zu süß schmeckt und gerade deshalb umso besser ist. Macht das Sinn?

Ich komme wahrscheinlich 10 Minuten zu spät. Hier staut sich das wie sonst was. , schreibt Clara mir gerade, als ich meine Wohnungstür abschließe und dann die Treppe herunter laufe.

Ist Okay. Dann gehe ich erst mal in die Drogerie. Melde dich, wenn du weißt, ob es noch länger dauert. Fahr vorsichtig!, antworte ich ihrund stecke dann mein Handy in die Tasche.

Stattdessen hole ich die Autoschlüssel heraus und sobald ich mich hineingesetzt habe, schalte ich die Sitzheizung ein. Verdammt ist das kalt. Minus 3 Grad zeigt mir das Thermometer hier im Auto an. Da friert mir ja alles ab. Und ich Idiot habe natürlich meine Handschuhe auf den Koffer geschmissen, damit ich die morgen nicht vergesse, dass ich heute aber noch mal rausgehe, habe ich wohl nicht bedacht. Gerade als ich den Motor starten möchte, schaue ich durch die Frontscheibe. Also, naja.. Ich wollte zumindest hinausschauen. Doch mit der Eisschicht habe ich nicht gerechnet. Warum habe ich die eben nicht gesehen, als ich eingestiegen bin? Ich bin doch sogar vorne ums Auto herum gelaufen. Wie kann man das dann bitte übersehen? Also schaltet ich die Heizung in der Scheibe ein und warte einen Augenblick. Das selbe mache ich mit der Heckscheibe. Die Scheiben an den Seiten sind verschont geblieben. Warum auch immer.
Schnell verbinde ich mein Handy über Bluetooth mit dem Autoradio und schalte die Weihnachtsplaylist wieder ein, ehe ich mich auf dem Weg in die Stadt mache. Ein Glück ist in der Nebenstraße, wo sich das Café befindet, eine Drogerie.

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Habe gerade geparkt. Bin gleich da., schreibt Clara und kommt auch direkt am Fenster vorbei. Sie bleibt stehen und winkt lachend wild herum. Ich muss ebenfalls lachen und schüttel den Kopf. Komm rein, sage ich stumm und sie nickt, ehe sie die letzten Meter zum Eingang läuft und keine 30 Sekunden später bei mir am Tisch platz nimmt.

»Hi na du. Wann ist das bitte so scheiße kalt geworden?«, fragt Clara noch immer zitternd und zieht sich ihren Mantel aus. Den Schal lässt sie noch an und kuschelt sich tiefer hinein. »Scheinbar über Nacht. Denn Donnerstag und gestern fand ich es nicht so eisig«, sage ich lachend. Grinsend nickt sie und schaut sich dann kurz im Café um. »Ich hab uns bereits warmen Apfelkuchen und einen warmen Kakao bestellt«, sage ich und sie bedankt sich. »Dankeschön. Das ist jetzt auch genau das, was ich nun brauche.«

»Wie war dein Tag gestern noch, was hast du so gemacht?«, fragt sie, als unsere Bestellung vor uns abgestellt wird. Lächelnd bedanken wir uns und ich nehme die Tasse in die Hand, um mich kurz darauf an dem Getränk zu verbrennen. »Super, Luna. Was kannst du eigentlich?«, frage ich mich leise und stelle die Tasse zurück auf den Tisch. Lachend schiebt sich Clara eine Gabel mit dem leckeren Apfelkuchen in den Mund und schüttelt den Kopf. »Da war wohl mal wieder jemand zu ungeduldig«, sagt sie grinsend, spielerisch strecke ich ihr die Zunge heraus und grinse, ehe ich ebenfalls nach meiner Gabel greife und ein Stück vom Kuchen esse, ehe ich ihr antworte. »Ich habe zusammen über Skype mit Amrei Lebkuchen gebacken, sonst eigentlich nichts. Dann hat Chris angerufen, wir fahren morgen in den Norden. Weihnachten wird dieses Jahr in Neustadt gefeiert, meine Eltern schaffen es nicht nach Hause. Sie stecken wegen des Schneesturms in Irland fest und dann hatten Bonnie und Chris die Idee, das wir mitfahren«, erzähle ich und Clara schaut mich etwas überrumpelt an. »Ist ja scheiße. Aber dann seid ihr ja wenigstens nicht alleine. Ihr kennt euch alle und habt somit trotzdem schöne Weihnachtstage zusammen, wenn auch etwas anders als sonst«, sagt sie und ich nicke. Irgendwie hat sie ja recht. »Wann fahrt ihr denn los?«, fragt sie weiter. »Um 10 soll ich erst mal zum Frühstücken bei den beiden sein und dann fahren wir so gegen 13 Uhr wahrscheinlich los. Ich hoffe, die Fahrt zieht sich nicht mit einem Stau unnötig in die Länge und wir kommen gut durch«, sage ich. »Wann kommen eigentlich dein Bruder und seine Familie zu dir?«, frage ich sie. Auf der Eisbahn hatte sie mir erzählt, das er und seine Frau und die Kins über Weihnachten nach Berlin kommen, nur noch nicht wusste, wann genau. Eigentlich leben sie in München. »Wir haben vorhin telefoniert und er hat gesagt, dass sie am 23. ankommen«, sagt sie lächelnd. »Ich freue mich schon so, ihn und die anderen wieder zusehen. Wir sehen uns einfach viel zu selten«, sagt sie leicht wehmütig. Ich kann sie verstehen, würde ich Chris so selten sehen, wie Clara ihren Bruder, dann würde ich, glaube ich, durchdrehen. »Das glaube ich dir. Deine Freude sieht man dir definitiv an und ich wünsche euch schöne Tage zusammen«, sage ich und lächel sie warm an.

»Ach, bevor ich es vergesse, ich habe dir eine Dose mit Keksen mitgebracht.Ich habe einfach viel zu viele gebacken und weiß gar nicht, wie ich die alle alleine essen soll«, sage ich lachend und überreiche ihr die Dose.



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