Das Ende eines Lebens

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Ich wusste nicht, wie lange ich bereits weinend auf dem Boden von Suki's Büro gesessen hatte, als sie erschrocken in das Zimmer stürmte. Ich war wie in Trance, konnte nichts sagen. Die Tränen liefen mir unaufhörlich hinab. Mein Hals war wie zugeschnürt. „Oh Gott meine Süße was ist passiert? Ich hab dich schreien hören." Ich sagte nichts, doch Suki entdeckte den Brief in meiner Hand, nahm in an sich und laß ihn laut vor. „Erinnerst du dich noch an mich? Erinnerst du dich noch an den silbernen Mercedes? Du kleine Schlampe kannst mir nicht entkommen. Ich werde dich immer wieder finden. Du hast mich mit diesem kleinen Japaner betrogen und fast hätte ich es geschafft, euch beide in die Hölle zu schicken. Deine Flucht aus Rio hat nichts genützt. Ich werde mein Versprechen einlösen. Pass gut auf dich auf Quedira. Ich bin stärker denn je. Beim nächsten Mal wirst du nicht überleben und sollte ich dich noch einmal mit diesem Japaner zusammen sehen, dann Gnade ihm Gott." Suki sah mich ungläubig an und das Einzige was sie sagte war: „Chikushoo!" (Scheiße). Ich wusste, dass ich es ihr erklären musste. Leise fing ich unter zitternder Stimme an zu erzählen: „Der Brief ist von Diego. Du weißt wer er ist. Er war auch der Mercedesfahrer, der Han und mich in den Unfall verwickelt hat. Er denkt, dass ich ihm gehöre und niemand sonst soll mich besitzen. Wenn er mich nicht haben kann, soll mich keiner haben. Diego wird auch Han umbringen, wenn er die Möglichkeit dazu hat." Ein Schluchzen entwich meiner Kehle. Suki war geschockt und entdeckte den Ring an meiner Hand. „Seid ihr verlobt?" Ich nickte nur. Sie lächelte mich an, nahm meine Hand. „Also ich sehe keine Probleme. Ihr seid verlobt, glücklich und morgen werdet ihr Tokyo verlassen. Ich denke nicht, dass dieser Diego so eine Macht hat und dich überall finden kann." Ja Suki hatte mit den ersten Teilen Recht, doch sie kannte Diego nicht. Seine unbändige Wut kam mir in den Sinn und ließ mich schaudern. Mein Körper überzog sich mit einer Gänsehaut. Ich spürte wieder den Druck seiner Händen auf meinem Hals. Nein, es gab nur eine Möglichkeit um Han und mich zu retten. Ich wollte nicht mit Diego zusammen sein. „Suki, du kennst ihn nicht. Er ist zu allem fähig. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie ich ihn für immer loswerde." Suki's Griff an meinen Händen verstärkte sich, sie schien zu ahnen worauf ich hinaus wollte. „Serena Toretto muss sterben"

Wir beschlossen meinen Tod vorzutäuschen und überlegten uns einen Plan. Dies war jedoch schwieriger als gedacht. Wie täuschte man am besten seinen eigenen Tod vor? Und vor allem, hatte ich nicht mehr viel Zeit. Es musste noch heute passieren. Suki kam dann die rettende Idee. Sie hatte hier in Tokyo einen guten Freund. Er war Amerikaner, hieß Matt. Matt hatte viele Beziehungen in New York. Er sollte mich sicher nach dort bringen, mir einen neuen Pass etc. besorgen. Suki konnte nicht aus Japan weg. Sie musste für Han, Neela, Twinkie und Sean, aber auch für meinen Onkel Dom die Geschichte aufrechterhalten. Nachdem wir alles geklärt hatten, ging ich raus in den Garten. Suki folgte mir. „Willst du das wirklich tun? Es wird allen das Herz zerreißen. Vor allem Han und Dom. Du wirst sie nie mehr wieder sehen". Die Tränen rannen mir an den Wangen hinab und Suki wischte sie mir liebevoll weg. „Ich habe keine andere Wahl. Ich wusste, das mich mein Teufel eines Tages ins Grab bringen würde und doch habe ich ihn immer wieder zu gelassen. Ich hätte auf Dom hören müssen, er hat mich vor Diego gewarnt. Nun muss ich die Schuld auf mich nehmen und dafür mit meinem Leben bezahlen. Ich muss die Menschen die ich liebe für immer verlassen. Sie verletzten...Sie so sehr verletzten, das sie richtig leiden werden. Doch es geht nicht anders. Ich muss Han's Leben schützen...Danke das du mir hilfst." Suki zog mich in ihre Arme und hielt mich fest. Das Schlimmste war, das ich mich von niemandem mehr verabschieden konnte.

Mittlerweile hatten wir 9 Uhr. In einer Stunde sollte ich eigentlich bei dem Fest sein. Die Dunkelheit legte sich über die Stadt und tauchte sie wieder in das mir bekannte Glitzermeer. Ich war bereit zu gehen, bereit meinem Leben ein Ende zu setzten. Ich würde es immer bereuen, nie mehr im Leben zur Ruhe kommen, da war ich mir sicher. Plötzlich hörte ich ein Motorengeräusch, gefolgt von einer Autotür. Suki öffnete die Haustür und kam mit Matt zusammen ins Wohnzimmer. Er sah aus wie ein typischer amerikanischer Sunnyboy. Blonde längere Haare, blaue Augen, Muskeln und einen drei Tage Bart. Er lächelte mich an und musste in Suki's Alter sein. „Du musst Serena sein. Ich bin Matt und ich verspreche dir, dass ich auf dich aufpassen werde. Du wirst wohlbehalten als Emilia Parker nach New York kommen". Er hielt mir die Hand entgegen. Ich stand auf und legte meine Hand in die Seine. Aus seiner Tasche holte er meinen neuen Pass heraus. Woher er ihn so schnell hatte wusste ich nicht, doch es war mir egal. Der Name Emilia Parker gefiel mir und das Bild im Pass hatte Suki ihm am Morgen nach meinem Zusammenbruch vorbeigebracht. Suki fing an ihm den Plan zu erklären. Nachdem Matt alles verstanden hatte, nahm er meine Tasche und brachte sie zu seinem Auto. Er fuhr einen Mercedes SLS AMG in Schwarz. Ein wirklich schönes Auto, doch ich hatte nicht wirklich Augen dafür. Mit wackeligen Beinen ging ich auf „Mona" zu. Mein Herz zog sich zusammen. Es würde meine letzte Fahrt mit ihr sein. Das Handy in meiner Hosentasche vibrierte, zeigte eine SMS von Han an. Ich öffnete sie und bereute es schon kurze Zeit später. In mir tobte ein dunkler Sturm, in dem ich mich zu verlieren drohte. „Ich freue mich schon sehr auf später Anata." Es fiel mir schwer Han ganz normal zurück zu schreiben, doch der Schein musste gewahrt werden.

Ich fuhr mit „Mona" in Richtung Hafen, gefolgt von Suki und Matt. Ich verurteilte mich schon jetzt selber, erschrak über meine innerliche Kälte. Lange hatte ich sie vertreiben können, doch langsam nahm sie mich wieder gefangen, machte mich taub. Wir kamen am Hafen an, es war halb 10. Noch eine halbe Stunde bis zur Party. Wir mussten uns beeilen. Ich drückte aufs Gas und fuhr mit „Mona's" rechter und linker Seite gegen den nächsten Container. Das Glas splitterte, ich hörte schreckliche kratzlaute, der Lack wurde eingedrückt. Es war, als wenn „Mona" weinen würde. Mir fiel es nicht leicht sie zu zerstören, aber es musste nach einem Selbstmord aussehen, damit die Behörden nicht zu lange nachforschten. Ich setzte wieder zurück und fuhr auch mit der Motorhaube gegen den Container. Die Wucht des Aufpralls drückte mich in den Sitz. Die Glasscherben verteilten sich auf meinem Körper, doch das alles, zählte heute Nacht nicht für mich. Ich musste Han retten.

Anschließend stieg ich aus. „Mona" sah schlimm aus. Es zerriss mir das Herz. Matt kam auf mich zu, löste durch einen Trick den Airbag aus. Ich nahm die Schere von Suki entgegen, schnitt eine große Locke ab und ließ sie auf meinen Sitz fallen. Anschließend verletzte ich mich an zwei Fingern. Das Blut tropfte auf die Haare und das Lenkrad. Meine Finger pochten, doch die Kälte machte mich weiterhin taub. Mein Portmonee ließ ich im Auto zurück. Jeder sollte wissen, wer hier heute gestorben war. Diego würde es sicherlich herausfinden. Mit Suki und Matt ging ich zum SLS zurück.
Ich drehte mich nicht mehr nach „Mona" um, konnte es nicht. Matt holte eine Blutkonserve aus seiner Tasche. Ich schaute ihn geschockt an. Wo um Gottes Willen hatte er die her? „Keine Sorge Serena, es ist deine Blutgruppe." Ich war sprachlos, unfähig auch nur noch irgendetwas zu sagen. Matt verteilte das Blut von „Mona" bis zur Hafenkante. Es sollte so aussehen, als sei ich ertrunken. Alles kam mir vor wie in einem schlechten Krimi. Ich war jedoch kein Zuschauer, sondern die Hauptprotagonistin. Matt und Suki schienen mit ihrem Werk zufrieden zu sein. „Süße, es ist 10 Uhr. Ihr müsst jetzt fahren und ich muss wieder nach Hause. Pass bitte auf dich auf. Ich werde allen die Story von deinem Selbstmord schmackhaft machen. Auch wenn es mir nicht leicht fällt. Dom wird mich in der Luft zerreißen und jeglichen Kontakt zu mir abbrechen. Immerhin sollte ich auf dich aufpassen. Ich werde mich um Han kümmern. Und jetzt lauf. Flieh vor den Schatten der Vergangenheit." Ich sah, wie Suki weinte. Hatte ich wirklich das Richtige getan? „Arigatou". Ich umarmte sie noch einmal fest und stieg zu Matt in den SLS. „Ich pass auf sie auf. Mach dir keine Sorgen. Serena wird als Emilia weiter leben. Bis bald meine Liebste". Moment Mal, hatte ich da gerade meine Liebste gehört? Irgendwann musste ich Matt einmal danach fragen, was zwischen ihm und Suki war, doch im Moment hatte ich wahrlich andere Sorgen. Mit quietschenden Reifen fuhren wir los. Matt nahm meine Hand und sagte: „Auf in ein neues Leben. Ich weiß das es nicht leicht ist." Das einzige was ich noch sagte war „Danke". Danach schaute ich, bis wir aus Tokyo rauswaren, stumm aus dem Fenster. Die Tränen liefen mir wie Zeugen an den Wangen hinab. Ich drückte Han's Ring so fest an meinen Finger, das es schmerzte. Es würde ihn innerlich zerreißen. Was war ich nur für ein Monster? War meine Reaktion vielleicht übereilt oder gar falsch? Ich wusste es nicht, wusste nur, dass ich ihn retten wollte. Ich musste vor Diego fliehen und es gab keine andere Möglichkeit. Han würde ich niemals vergessen können. Immer würde er in meinem Herzen sein, mein Leben mitbestimmen. Ich hatte ihm keinen Abschiedsbrief hinterlassen...Was hätte ich auch schreiben sollen? Er durfte nie die Wahrheit erfahren denn dann, würde er sich in Gefahr begeben, genauso wie Dom. Dom...Es tut mir so leid, aber ab heute bin ich keine Toretto mehr. Ich habe den Namen nicht mehr verdient. Der Teufel in mir hatte mein Leben endgültig zerstört.

Tokyo, where the world turns into light 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt