Kapitel 16

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Irgendwann erhob sie sich wieder und versuchte halbwegs durch den Wald zu kommen, ohne dauernd irgendwo anzustoßen. Nach einer Zeit hatte sie es geschafft, sich nicht mehr in Wurzeln zu verfangen oder auf nassen Nadeln auszurutschen. Mondjunges ging nicht spezifisch irgendwo hin, sie wollte einfach nur weg. Mit der Zeit knurrte ihr Magen dann doch. Wenn ich doch nur jagen könnte... Sie versuchte angestrengt sich zu erinnern, wie Amselpfote und Regenpfote damals im Lager ihr Jagdkauern geübt hatten. Natürlich war das nicht alles, das Kätzchen schaffte es nicht, irgendeine Beute ausfindig zu machen. Verhungere ich eben... Trotzig stapfte sie weiter, bis sie zu einem Pfad kam. Moment. Irgendetwas daran kam ihr bekannt vor, entfernt erinnerten sich ihre Pfoten, den Boden schon einmal gespürt zu haben. DonnerClan! Ja, das war der Pfad, hinter dem sie ausgerutscht und danach erblindet war! Mondjunges zuckte bei der Erinnerung zusammen. Sie fühlte fast schon, wie sie erneut in den Strauch schlitterte und ihr Augenlicht verlor. Mit zusammengebissenen Zähnen stapfte sie weiter. Sie hatte von einem ganz berühmten blinden Kater gehört, der einst beim DonnerClan lebte und ein gutes Leben hatte. Vielleicht nehmen sie mich ja auf… Mit dieser Hoffnung im Hinterkopf näherte sie sich der Senke. Vorsichtig stieg sie hinab, bald musste der Laubwald anfangen, gemeinsam mit den heimtückischen Brombeerbüschen. Doch plötzlich hörte sie eine Stimme. Etwas entfernt, und vor allem leise, aber da war sie trotzdem. Mondjunges erstarrte. Vielleicht würden sie sie verjagen? Sie versuchte zu hören, was die Stimme sagte.
„Das ist die Grenze zum SchattenClan.“ „Puh, stinkt das…“ „Ich weiß, aber so prägst du dir den Geruch gut ein.“ „Ist das die Stelle, wo ihr dieses dumme Junge gefunden habt?“ „Ja. Es ist in einen Strauch knapp vor unserem Territorium gestrandet. Es ist jetzt wahrscheinlich tot.“ Eine dritte Stimme kam dazu. „Wäre… es nicht im Sinne des Gesetzes gewesen, ihm zu helfen?“ „Unsinn! Es war weder aus unserem Clan, noch auf unserem Territorium!“ „Aber es heißt doch -“ „Ach, sei doch still. Wir sollten froh sein, dass sie jetzt ein Junges schwächer sind. Der SchattenClan könnte sonst überheblich werden und uns angreifen…“ „Hey, ihr Tratschtanten, kommt ihr dann mal? Wir wollen doch noch die anderen Grenzen patrouillieren!“  
Mondjunges stockte der Atem. War… da von ihr die Rede gewesen? Hatten die DonnerClan Katzen sie gesehen und hätten sie sterben gelassen? Nur weil sie nicht zu ihrem Clan gehörte? Aber das Gesetz der Krieger sagt doch, dass jedes Junge, egal welche Herkunft, gerettet werden muss! Schockiert stand Mondjunges da. Was sollte sie jetzt machen? Zum DonnerClan gehen konnte sie nicht mehr. Und zurück? Das war ziemlich schwer. Es vermisste sie doch niemand. Und ihr Vater fühlte sich nur schuldig. Sie könnte jeder sein, er würde sich Sorgen machen. Er interessiert sich doch gar nicht für mich. Trauer brach über sie herein. Oh, Mama… wieso bist du nicht da? Orientierungslos wanderte sie umher, immer besser fand sie sich zurecht und rannte nicht mehr überall dagegen. Vielleicht bleibe ich Streunerin. Sie fand Unterschlupf irgendwo, unter einer Wurzel, gepolstert von Nadeln. Träge kroch sie hinein und schloss die Augen. Die Müdigkeit überkam sie nur schleichend und sie wälzte sich lange umher, bis sie endlich einschlief. Die Nadeln pieksten sie durch ihr Fell.

Crescent MoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt