Kapitel 18

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Im nächsten Moment war Mondjunges nicht mehr so mutig. Die Anführerin schwieg, dann erhob sie sich und trat an ihre Seite. Ihr Schweif führte das Junge tiefer in den Bau. "Wieso sollte ich das deiner Meinung nach tun?" Die weiße Kätzin schluckte. Nachdem sie sich kurz ihre Worte zurechtgelegt hatte, begann sie aufzuzählen. "Ich bin jetzt sechs Monde und habe ein Recht darauf. Nur weil ich blind bin, heißt es nicht, dass ich keine Kriegerin werden kann! Ich will meinem Clan dienen wie jeder andere auch. Man muss mir nur die Chance dazu geben." Die Stille von Aschenstern machte Mondjunges beinahe wahnsinnig. Wenn sie doch wenigstens das Gesicht der Grauen sehen könnte... "Du hast in der Tat den Kampfgeist eines Kriegers. Und, auch wenn ich das nicht billige - merk dir das! -, hast du zweimal in der Blattleere eine Nacht durchgestanden, ohne zu sterben." Das blinde Kätzchen zappelte. Sie konnte ihre Pfoten kaum still halten und musste sich zusammenreißen um nicht nervös auf und ab zu hüpfen. Das war noch keine klare Antwort! Bei Aschenstern wusste man nie, sie könnte genauso gut anhängen, dass Mondjunges trotz alledem ungeeignet war. "Aber ich denke mir... Wir können es ja einmal versuchen", ein Lächeln war aus der Stimme der Anführerin zu hören. "Wirklich?!" Mondjunges biss sich auf die Zähne. Jetzt ja nicht zu aufgeregt sein. Sie atmete durch. "Ich meinte, dann ist ja gut. Wann werde ich denn...?", versuchte sie souverän zu fragen, aber an dem leisen Lachen Aschensterns merkte sie, dass sie gescheitert war. "Das werden wir sehen. Jetzt geh erstmal und melde dich zurück, dein Vater ist ganz krank vor Sorge. Ich musste ihn davon abhalten, nicht alle Clans anzugreifen, weil er glaubte, du seist entführt worden!" Jetzt musste Mondjunges Kichern. Entführt? Was wollte man denn mit IHR? Aber dazu fiel ihr etwas anderes ein. Die Weiße wusste nicht, ob es schlau war, das zu sagen, aber sie musste bei irgendjemandem loswerden, was sie erfahren hatte. "Äh, Aschenstern? Da wäre noch eine Sache... Ich habe gehört, wie sich DonnerClan-Katzen unterhalten haben, sie hätten mich gesehen, als ich in den Strauch gefallen bin..." Die Anführerin schnaubte. "Dieser räudige Haufen Kräh-", die graue Kätzin brach ab. "Ich wollte damit sagen, solange du keinen Beweis dafür hast, kann ich leider nicht mehr machen, als deine Vermutung bei der nächsten großen Versammlung vorzubringen. So erpicht auf einen Kampf sind wir nicht." Mondjunges senkte den Kopf. Auch wenn sie darüber nicht erfreut war, war ihr bewusst, dass die Anführerin recht hatte. Die Katzen konnten ganz leicht abstreiten, was sie getan hatten. Und wem würde man wohl eher Glauben schenken? Einem kleinen Jungen, das zu wenig Aufmerksamkeit bekam, oder Kriegern, die ihr Leben darauf ausrichteten, nach dem Gesetz der Krieger zu leben und dafür bekannt waren, keine Regeln zu brechen? "War das alles?", fragte Aschenstern schließlich. Mondjunges nickte. "Gut. Du kannst gehen." Die weiße Kätzin folgte der Anweisung und trat aus dem Bau, als auch schon jemand auf sie zugestürmt kam. "Mondjunges!", rief Vipernschweif erleichtert, dann fing er an, ihr über das Fell zu lecken. Angstgeruch haftete an seinem Pelz, seine Stimme war müde, als hätte er nicht geschlafen. "Du sollst doch nicht immer wegrennen! Bitte, mach das nie, nie wieder! Wirklich nicht!", jammerte der zweite Anführer und rieb seinen Kopf an ihrem. "Papa, bitte", flüsterte Mondjunges und versuchte, ihrem Vater zu entkommen. "Mir geht's gut und ich bleibe jetzt. Du kannst aufhören mit dem Schwachsinn." Sie schaffte es, sich unter ihm herauszuwinden. "Kein weglaufen mehr?", fragte der Kater halb misstrauisch, halb besorgt. "Kein weglaufen mehr", bestätigte seine Tochter nickend. Sie war sich sicher, jetzt konnte alles nur noch besser werden. Wenn sie erstmal Schülerin wäre, war kein Grund mehr da, um abzuhauen. Nur ungern entließ Vipernschweif seine Kleine, aber Mondjunges überzeugte ihn, unbedingt in den Heilerbau zu müssen. Außerdem hatte er noch andere Kinder, um die es sich zu kümmern galt. Die weiße Kätzin stapfte zu dem dornigen Busch, der in den letzten Monden ihre Heimat gewesen war, und strickte den Kopf hinein. Vertraute Düfte umschlossen ihre Nase. Sie wusste, dass Eschenpelz gerade sortierte und deshalb die verschiedensten Gerüche in der Luft herumschwirrten. So kitzelte sie Borretsch und Katzenminze in der Nase, als sie eintrat. "Mondjunges!", rief Dunstpfote überrascht, als er sie wohl erblickte. In ihren Gedanken spielte sich ab, wie abwertend sie mit ihm umgegangen war, die letzten Monde hatten sie kaum miteinander geredet. Plötzlich kam sie sich ungerecht vor. Immerhin hatte er sich entschuldigt, mehrmals, und sie indirekt in ihrem Traum unterstützt, indem er den Heilerposten angenommen hatte. "D-Dunstpfote...", stotterte sie dementsprechend verlegen. Er kam um die Nester herum zu seiner Baugefährtin. "Da bist du ja wieder! Wir haben uns Sorgen gemacht, dir könnte etwas zustoßen!" Mondjunges senkte den Kopf demütig, als könnte sie ihm nicht in die Augen sehen. "Tut mir Leid... Ich wollte nicht, ich habe nur-" "Wiedermal nicht nachgedacht? Das ist es doch was du sagen wolltest, oder?", der Vorwurf in Eschenpelz' Stimme war zwar kaum zu überhören, aber auch Erleichterung schwang mit, als er von irgendwo her zu den beiden jungen Katzen stieß. "Du solltest langsam deine Ausflüge aus dem Lager eindämmen. Nächstes Mal kommst du mir ohne einen Schwanz oder mit drei Beinen an!", polterte der Heiler liebevoll und schnippte mit seinem Schweif durch Mondjunges' Gesicht. Diese nieste. "Na, hast du dich da draußen im Kalten erkältet?", scherzte Dunstpfote ein wenig besorgt und führte sie zu ihrem Nest. "Nein, nur hatschi, ich habe nur hatschi!-" "Sicher, du musst aufpassen, dass du niemanden ansteckst!" "- Haare in der Nase! HATSCHI!", beendete Mondjunges ihren Satz. Dunstpfote brach in schallendem Gelächter aus und nach einem zaghaften Versuch stimmte auch Mondjunges ein. Nach so langer Zeit hatte sie ihr Lachen wiedergefunden und fühlte sich so befreit, als könnte ihr nichts etwas anhaben. Und auch die Ängste, die unter ihrer Brust wohnten schwiegen einen Moment lang, in dem sie ihr Leben einfach nur genoss.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 24, 2015 ⏰

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