Kapitel 9

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Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Mondjunges mit ihren Geschwistern den Heilerbau verließ. Ihr war schon weniger kalt und auch Kraft hatte sie wieder genug, um zu Aschenstern zu gehen. Flüsterjunges und Dunstjunges halfen ihr zum Anführerbau, möglichst unauffällig führten sie das weiße Kätzchen durch das Lager. Bevor sie eintraten kam die übliche Frage. "Aschenstern? Dürfen wir rein?", fragte Dunstjunges vorsichtig. Vor der Anführerin kuschte sogar er. "Ja." Die angenehme Stimme drang weich aus dem Inneren des Baus, und Mondjunges bekam Angst. Aschenstern war eigentlich nicht so, aber wenn sie wütend war, dann merkte man es überhaupt nicht. Sie wurde dann erstmal immer sehr nett. Und das befürchtete das Junge. Nach kurzem Zögern traten die drei in den Bau. "Willkommen, was führt euch zu mir?" Mondjunges hörte, wie ihre raue Zunge über den Pelz strich. Sie erinnerte sich, dass die Anführerin dunkles, graues Fell besaß, das eng an ihren Muskeln anlag. Die Pfoten waren heller und auch ihre Schwanzspitze besaß nicht den selben Farbton. Alles in allem war Aschenstern eine hübsche Kätzin, aber man durfte sich nicht täuschen lassen. Unter dem dichten Fell verbargen sich viele Kampfnarben, die sie zeichneten. Mondjunges hatte zu Ohren bekommen, dass sie bereits ihr drittes Leben lebte. Neben ihr räusperte sich Flüsterjunges. "Wir müssen eine Aussage zurückziehen", erklärte die dunkle Kätzin sachlich, "Mondjunges hier ist nicht weggelaufen, sondern hat eine Mutprobe absolviert, die ich und Dunstjunges gestellt haben." Das Junge war erstaunt, dass ihr das Geständnis so leicht über die Lippen ging. Sie wird eine ideale Kriegerin, dachte Mondjunges begeistert. Dunstjunges hustete und verschluckte sich fast. Er war anscheinend auch ein wenig überrascht über die direkte Ansprache. Aschenstern nickte langsam und bedächtig. "Na dann. Ich habe mir so etwas schon gedacht. Als Strafe werdet ihr einen Mond später ernannt." Stille legte sich über die drei. Das hatte Mondjunges nicht gewollt. Wieso hatte sie auch unbedingt auf den Pakt eingehen müssen. "Bitte, Aschenstern...", miaute sie, "bestraf sie nicht so hart. Ich bin selbst Schuld, weil ich gegangen bin!" "Das stimmt allerdings." Die Anführerin schien zu überlegen. "Dann wirst du ihre Bestrafung teilen. Gibt es sonst noch was?" Mondjunges blinzelte. So war das nicht geplant! "Aber-" "Du hast selbst gesagt, dass du auch verantwortlich bist. Also steh gefälligst zu deinem Fehler!" Aschensterns Stimme hatte einen warnenden Tonfall angenommen. Das weiße Junge zuckte zurück. Sie senkte den Kopf und nickte. "Ja." Als die drei immer noch da waren sah die Anführerin die Jungen skeptisch an. "Also?" Mondjunges schluckte und raffte sich zusammen um zu antworten. "Eschenpelz meint, ich werde vielleicht... nie wieder sehen können." Wieder war der Bau erfüllt mit Schweigen, nur der Atem aller Anwesenden war zu vernehmen. "Dann erledigt sich deine Strafe ja von selbst", bemerkte die Anführerin schließlich trocken.

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