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Vor Schreck lasse ich fast mein Glas fallen. Mit großen Augen drehe ich mich um und schaue in ein Gesicht, dass mir bekannt vorkommt, ohne dass ich es zuordnen kann.

„Entschuldigung, ich war nur auf der Suche nach einem Badezimmer", erkläre ich eher stotternd. Mit meinen Händen versuche ich offenbar ihm zu erklären, was ich meine denn diese bewegen sich in alle Richtungen. Lachend schüttelt er den Kopf. „Unten gibt es ein Bad aber angesichts ... dessen", er wirft einen Blick nach unten zu den anderen. „Will ich dir das nicht zumuten. Zweite Tür links." Er deutet mit seinem Kopf in die richtige Richtung. Ich nicke verstehend.

„Wenn du willst, hole ich dir so lange etwas Neues zu trinken", bietet er mit einem Blick auf mein Glas an. „Das wäre nett, danke." Er nimmt mir das leere Glas aus der Hand und verschwindet nach unten. Im Badezimmer angekommen schließe ich die Tür hinter mir ab und atme tief durch. Mein Magen verknotet sich aus unerfindlichen Gründen, was mich fast dazu bringt zur Toilette zu Sprinten. Doch stattdessen stütze ich mich mit beiden Händen am Waschbecken ab. Ein Blick in den Spiegel verrät mir, wie fahl mein Gesicht aussieht, als hätte ich einen Geist gesehen. Meine Augen sind müde und rot umrandet, das kann nicht einmal Concealer abdecken. Ich schließe die Augen und atme tief durch.

Es gibt keinen Grund dafür, sich Sorgen zu machen. Es ist alles okay, bald kannst du nach Hause.

Leise öffne ich die Tür wieder. Der blonde Unbekannte steht mit meinem Glas unweit von der Tür. „Lass mich dir was zeigen", er nimmt meinen Arm, doch anstatt etwas zu sagen, lasse ich ihn einfach machen. Wir kommen vor großen, bodentiefen Fenstern zum Stehen, die zu einer Terrasse führen. Dicke Schneeflocken fallen vom Himmel, landen auf der Veranda.

„Das wolltest du mir zeigen?" Frage ich skeptisch und nippe an meinem Glas, welches er mir netterweise wiedergegeben hat. Dabei hat dieses Getränk mehr Alkohol als mir lieb ist.

„Ja" seine Augen mustern mich, als würde er auf irgendetwas warten. „Sag mal, kenn wir uns?", will ich wissen. Mir wird schwummrig, was er zu bemerken scheint, denn er hält mich an meinem Arm fest. „Hier", er deutet auf das große Bett unweit der Fenster, doch ich schüttle den Kopf. Das Gefühl keine Luft zu bekommen macht sich in mir breit, aber ich laufe dennoch taumelnd Richtung Tür.

Bevor ich reagieren kann, schnappt diese vor mir zu. Mit großen Augen sehe ich den blonden Mann vor mir an, welcher Wortlos die Tür verschließt. Mein Herz rast wie verrückt, benommen taumle ich nach hinten, bis meine Kniebeuge das Bett berühren.

„Dylan wäre nie dazu in der Lage gewesen", murmelt er. Meine Sicht verschwimmt, das grelle Licht der kleinen Nachttischlampe, macht es nicht besser. „Mit Emily", erklärt er als wüsste ich nicht, wovon er redet. „Aber Dylan konnte nicht mal dir klarmachen, wo dein Platz ist", seine Stimme klingt weit weg, wie der Teufel, der bei Nacht Dinge flüstert. Ich will aufstehen, doch meine Beine lassen mich nicht. „Dummes Kind", murmelt er und beugt sich über mich, doch ich stoße ihn mit aller Kraft von mir. Atemlos versuche ich aufzustehen. Meine Beine sind wacklig, kaum zu etwas zu gebrauchen, doch ich schaffe es bis zur Tür, die nicht aufgeht, weil er sie verschlossen hat.

„Lass mich hier raus", brülle ich. Zumindest fühlt es sich so an, doch was aus meinem Mund kommt, klingt viel leiser. „Was willst du von mir?" Angst jagt durch jede Ader meines Körpers, meine Hände zittern, versuchen den Schlüssel im Schloss umzudrehen, doch es klappt nicht. Verzweifelte Tränen bilden sich in meinen Augen.

„Du bist erbärmlicher, als Dylan dich beschrieben hat. Was hat er nur an dir gefunden?" Fragend legt er den Kopf schief, als würde er wirklich eine Antwort von mir erwarten. Er kommt auf mich zu, reißt mich von der Tür weg. Ich taumle nach hinten gegen etwas Hartes, dass ich nur schwer identifizieren kann, weil das Licht der Nachttischlampe nicht so weit scheint.

JULYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt