Die Schlangen vom Kerker

1.5K 69 3
                                    

Am fünften Tag der Weihnachtsferien, dem
22. Dezember, an einem bewölkten Dienstagabend, verabschiedete sich Harry von den Hufflepuffs, nahm seine Siebensachen und schlenderte die langen Gänge zu den Kerkern hinunter.

Kaum roch er die staubigen Bücherregale und fühlte, wie es mit jedem Schritt kühler wurde, blieb ihm bloss noch die Erinnerung an das helle Lachen und die lichtdurchfluteten Zimmer der Hufflepuffs.
Er fragte sich, wieso die Slytherins im dunklen, gruseligen Kerker wohnen mussten. Niemand hatte sowas verdient, nicht einmal Malfoy. Obwohl...

Als Harry vorsichtig über die Türschwelle zum Slytherin Gemeinschaftsraum trat, fiel ihm auf, dass sich seit seinem ersten Besuch im zweiten Schuljahr nichts geändert hatte. Nur die Türe stand ihm diesmal offen. Der Gemeinschaftsraum war grösstenteils leer, ein kleiner Junge ging gerade die Treppe nach oben, ein anderer sass — in sein Buch vertieft — auf der dunkelgrünen Couch.

Harry liess seine Tasche auf den kalten Steinboden fallen, der dumpfe Schlag liess den lesenden Jungen aufschrecken. Er hatte fahle Haut, von hinten sah Harry nur seine platinblonden Haare, die kurz geschnitten waren, doch nicht zu kurz, sodass sie ihm gerade noch mysteriös vor die Augen fallen konnten. Der Junge hatte die Beine gekreuzt, doch diese schreckten auseinander und er drehte sich irritiert um, als er die Herkunft des Geräusches ausfindig machte. Genau, wie Harry es vermutet hatte, fiel dem Jungen beim Umdrehen eine blonde Strähne über das linke eisgraue Auge.

Ein Blitz durchzuckte Harrys Adern, als er realisierte; es war Draco Malfoy.

„Was hast du hier zu suchen, Potter? Das ist der Slytherin Gemeinschaftsraum, wenn's dir noch nicht aufgefallen ist." Verächtlich schaute Malfoy auf Harrys lederne Tasche am Boden.
„Im Vergleich zu dir, Malfoy", sagte Harry langsam, „nutze ich die Gelegenheit dieses Spieles. Würd dir auch guttun, mal wieder was anderes zu sehen als dieses dunkle Loch hier." Abschätzig nahm Harry die steinernen Säulen in Augenschein, doch sein Gehirn raste. Hatte er diesen aufgeblasenen Schnösel gerade attraktiv gefunden?

„Also." Harry fokussierte sich wieder auf den Slytherin, der sich nun erhoben hatte und ihm direkt in die Augen sah. Er war leicht grösser als Harry und sah arrogant zu ihm hinab. Harry hob seine Tasche hoch und fragte ungeduldig: „Kann ich jetzt bleiben?"
Malfoy lachte.
„Oh nein, das kannst du schön vergessen."

„Wieso nicht? Stört es dich etwa, wenn ich auf deiner Couch sitze?"
Malfoy verdrehte die Augen.
„Mich kümmert's nicht, wenn du dich auf dieser Couch breitmachst. Aber leider hat es hier keine freien Zimmer mehr."
„Ach ja? Tja, dann werd ich wohl wo anders schlafen müssen." Harry wendete Malfoy den Rücken zu und machte einen Schritt zur Tür. Dann flüsterte er, laut genug, dass Malfoy es hören konnte: „In jedem Haus ist es besser als in Slytherin."

„Wie bitte?"

„Ich sagte", genüsslich drehte Harry den Kopf und musterte Malfoy.
„In jedem Haus ist es besser als in Slytherin."

„Oh, das wirst du bereuen." Malfoy sah aus, als würde er Harry am liebsten bei der Kehle packen und erwürgen. Innerlich rang er mit sich.

„Na schön", sagte er dann und versuchte, seinen Zorn zu bändigen, was ihm nicht sonderlich gut gelang. Sein Blick durchbohrte den grinsenden Harry, was ihn nur noch mehr herausforderte.
„Wieso", Malfoy atmete hörbar ein und setzte ein falsches Lächeln auf, „schläfst du denn nicht in meinem Zimmer?"
Nun war es Harry, der sprachlos dastand. Malfoy hatte sein Ziel erreicht. Doch Harrys Stolz liess es nicht zu, ihn gewinnen zu sehen.
„Ja, einverstanden."
Harry lächelte ebenfalls, fast schon psychopathisch.
„Wollen wir?"

The Holiday Game - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt