Kapitel 13

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Das Zelt wirkte mit seinem Erscheinen kleiner, als wäre es auf sie drei zusammengeschrumpft, ein kleines Universum.
,,Schön, dass es dir gut geht", sagte Kai so beiläufig, dass Jinora anstelle einer Antwort nur nickte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich dennoch und seine Stimme versetzte sie widerwillig in eine Art freudige Erregung, die sie missbilligend zur Kenntnis nahm.
,,Was gibt es Neues?", unterbrach Mae das unangenehme Schweigen zwischen ihnen.
Die Sonne der letztes Wochen hatte seine Haut eine Nuance dunkler werden lassen und sein Haare waren ein kleines Stück gewachsen.
,,Sie brauchen nicht mehr lange, vielleicht zwei Tage. Alle kampffähigen Männer und Frauen haben sich versammelt und warten auf deine Ansprache.
Alle die nicht kämpfen können oder wollen, Familien und Kinder sollten im hinteren Teil der Stadt bleiben, da die Truppen der Feuernation und ihre Verbündeten von vorne angreifen werden."
,,Verbündete?", löste sich Jinora aus ihrer Starre.
Mae starrte eine Weile in ihre Teetasse bevor sie antwortete.
,,Laut den Informationen die Rina meinem Vater gegeben hat, hat sich ihnen eine Randgruppe der Wasserbändiger angeschlossen. Es handelt sich wahrscheinlich um Blutbändiger..."
Jinora erinnerte sich an die Frau beim Frühstück mit Basir und schauderte.
Meelo war zum nördlichen Wasserstamm gereist um nach Antworten zu suchen.
Hatte er die Blutbändiger gefunden?
Ein kleiner Teil von ihr hoffte, dass es ihm nicht gelungen war.
,,Ist Basir noch in der Stadt?" und auf welcher Seite steht er, fügte Jinora in Gedanken hinzu.
,,Nein. Er bezieht Stellung an dem Punkt, an dem die Truppen des Erdkönigreichs die Wüste erreichen werden... um sie abzufangen...", antwortete Mae leise.
,,Sie bilden die Vorhut", hauchte Jinora voller Schrecken.
Sie wurden wirklich zur Schlachtbank geführt...
Mae musste nicht nur um ihr Volk bangen, sondern auch um ihre Soldaten und...  ihren Vater, der nun der größten militärischen Einheit gegenüberstehen würde, dem Erdkönigreich.
Die fehlenden Sandgleiter vor den Toren, die wenigen Wachen, alles ergab plötzlich einen Sinn...
Korra und Ikki werden höchstwahrscheinlich unter der Flagge des Erdkönigreich kämpfen und zuerst auf die Sandbändiger treffen.
Das Ausmaß des Grauens nahm in ihrem Geist langsam Gestalt an.
,,Wann?", brachte sie nur heraus.
,,Sie sind vor zwei Tagen losmaschiert. Ich habe versucht ihn aufzuhalten, habe ihn angefleht zu bleiben, aber er wollte nicht zuhören!", presste Mae zwischen ihren zusammengepressten Zähnen hervor.
,,Bist du sicher, dass DU das möchtest", fragte Kai Mae und in seiner Stimme klang ehrliche Besorgnis mit. Mae warf ihm einen entnervten Blick zu, ehe sie sich langsam aufrichtete:
,,Ich muss und ich werde es tun."

Sie verließen das Zelt um die Truppen aufzusuchen, wie man ihr mitteilte bevor sie fragen konnte. Ihre Ankunft lag nur wenige Stunde zurück und doch fühlte Jinora sich, als wäre sie gerade erst angekommen. Die Müdigkeit saß tief in ihren Knochen und sie hielt sich nur noch mit reiner Willenskraft wach.
,,Was meintest du damit, als du sagtest, du wirst es tun?", fragte Jinora Mae auf dem Weg durch die Stadt zum Treffpunkt.
Mae ließ sich mit ihrer Antwort Zeit.
,,Ein spiritueller Geist missbraucht seine Macht nicht, zumindest sollte er das nicht.
Das schließt auch das Verletzen anderer Menschen mit ein."
Sie fügte nichts weiter hinzu, doch Jinora verstand sie. Der Krieg würde von ihr verlangen, dass sie kämpfte und zwar mit allen Mitteln.
Damals im Zelt hatte Jinora darüber nachgedacht, wozu Mae im Stande sei, wenn sie ihre Macht missbrauchte...jetzt fragte sie sich was es mit Mae machen würde, wenn sie diese Grenze überschritt.
Der Krieg war nicht das größte Problem, sondern der Konflikt mit ihr selbst und ihrer Macht.
Sie musste sich schon lange mit dieser Tatsache beschäftigt haben, denn sie wirkte ungewöhnlich verschlossen, wenn man sie darauf ansprach.
Jinora dachte an die Luftbändiger, die ein friedvolles Volk waren und im Krieg fast ausgerottet worden wären.
Auch heute noch kämpften unter ihnen, wenn überhaupt nur die Friedenswächter, aber auch sie versuchten möglichst alle Konflikte gewaltfrei zu lösen. In der Theorie war das einfach und ergab vielleicht auch Sinn, doch sie hatte Meelo von Missionen erzählen hören, bei denen sich ihr bis heute die Nackenhaare aufstellten.
,,Frieden ist kein Zustand, sondern eine Art Krieg, den die Menschen jeden Tag aufs Neue, in unterschiedlichster Weise miteinander austragen", hatte er zu ihr gesagt, als sie ihn gefragt hatte, warum die Nationen noch Friedenswächter brauchten, obwohl seit langer Zeit kein öffentlicher Konflikt bekannt war.
Jinora dachte über die Worte nach, als sie vor dem Zelt stehen bleiben, vor dem Askanio und Kai aufeinander getroffen waren.
Im Inneren waren die sonst so prall gefüllten Tische von wenigen Männern und Frauen besetzt, die mit Ausnahme der Wachen, wahrscheinlich nur zur Absicherung der Stadt zurückgeblieben waren.
Ihre Blicke suchten Mae, die sich vor sie stellte und sich ihre roten Locken im Nacken zusammenband.

Luft und Sand- Eine Geschichte über Jinora und KaiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt