Kapitel 11

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Der Tau benetzte ihre Hand, als Jinora ihre Finger durch Zinzin's Fell gleiten ließ.
Ihr Bison war eigenwillig.
Er hatte sie oft an Orte geflogen, die sie nie auch nur angesteuert hatte und brachte sie damit ein paar Mal regelrecht an den Rand der Verzweiflung.
Zinzin flog wie es ihm gefiel, ließ sich selten zu etwas zwingen und war unteranderem deshalb ihr größtes Vorbild.
Einen lautes Gähnen dröhnte in ihren Ohren, gefolgt von einem muffigem Gestank, der direkt aus Zinzins Maul zu ihr rüber waberte.
,,Ich hab dich sehr lieb!"
Sie kuschelte sich an seinen Kopf und schloss die Augen.
,,Wenn ich nicht zurück komme, möchte ich nicht, dass du auf mich wartest", sagte Jinora mit erstickter Stimme.
Ein Brummen verließ sein großes Maul, was sie weder als Zustimmung, noch als Ablehnung deuten konnte.
Sie befanden sich am Eingang des Waldes und Jinora würde alleine hineingehen.
Sie hatte ihn einige Male überflogen, in der Hoffnung herauszufinden in welche Richtung sie gehen musste, aber bis auf seine vier Seen und eine Unmenge an Baumkronen hatte sie nichts entdecken können.
Das Armband lag kühl um ihr linkes Handgelenk und gab ihr die nötige Zuversicht um die ersten Schritte zwischen sich und die Außenwelt zu bringen.
Grüne Blätter rahmten ihr Sichtfeld, während ihre Füße über das sanfte Moos glitten.
Jinora's Haut kribbelte leicht.
Jede Faser, jedes Blatt und jeder Grashalm  verströmte eine Energie, die ähnlich der der Geisterwelt war.
Das Tal öffnete seine Pforten und schloss sie in sich ein und nach einigen Schritten hatte sie schon jegliches Zeitgefühl verloren.
Jinora fühlte sich wie in einer Art Zwischenwelt, was ja auch irgendwie der Wahrheit entsprach.
Einzelne Lichtstrahlen sickerte auf den Boden und sie bändigte die Luft um sich über die Baumkronen zu erheben.
Sie durfte die Zeit nicht vergessen, doch jedes Mal wenn sie durch das Blätterdach nach oben flog stand die Sonne tiefer.
Angst versuchte von ihr Besitz zu ergreifen, doch Jinoras rechte Hand griff nach den Holzkugeln, fuhr die Schnitzereien entlang, während ihr Herzschlag sich langsam beruhigte.

Die Dämmerung brach herein und sie entschied Rast zu machen. Die letzten Sonnenstrahlen versickerten im Waldboden, als ihre Feuerstelle aufflammte, die sie mithilfe eines Feuersteins entfacht hatte. Sie lehnte sich an einen Baum, dessen Rinde unter dem Moos kaum zu erkennen war und schloss die Augen.
Nur für einen Augenblick.
Nur ganz kurz...

Ein Kaninchen flog durch die Gegend, setzte sich auf ihren Schoß und bedeutete Jinora ihm zu folgen.
Mühsam stand sie auf und klopfte sich den Dreck von ihrer Kleidung.
,,Ich folge dir ja schon", gab Jinora schmunzelnd zurück und folgte dem Kaninchen tiefer ins Tal.
Mit jedem Schritt wurde es dunkler um sie herum und erst jetzt fielen ihr die komischen Markierungen an den Steinen auf, die das gleiche Muster der vier Seen aufwiesen.
Es waren die Zeichen der Mutter der Gesichter, die sich quer durch den Wald zogen und ihn zu ihrem machten.
Eine Lichtung, die in helles silbriges Licht getaucht war, kam vor ihnen zum Vorschein.
Die Sonne war also schon untergegangen, stellte Jinora erschrocken fest, als das Kaninchen im Dickicht verschwand und sie alleine zurück ließ.
Tiergeräusche erfüllten die Nacht, während Jinora die Lichtung auf der sie stand, nach etwas absuchte von dem sie selber nicht wusste, was es war.
,,Wer wagt es uns zu stören?", hallte eine alte weibliche Stimme über das Gras.
Drei Gestalten, in schwarze Umhänge gehüllt, erschienen wie aus dem Nichts auf der Lichtung. Ihre Gesichter waren hinter grotesken Masken verborgen, auf denen ein schwarzer Punkt auf der einen und Wolken auf der anderen Seite abgebildet waren.
Sie sprachen in einem seltsamen Chor, als wären sie ein und dieselbe Person.
,,Ich heiße Jinora und ich ersuche euren Rat."
Die Gestalten zischten im Chor.
,,Wir entscheiden, ob du unser würdig bist. Stelle eine Frage und wir nennen dir den Preis."
Sie konnte nur etwas fragen was in der Vergangenheit lag, dass hatte ihr Kiyi auf den Weg mitgegeben...dabei hatte sie gehofft Antworten für die Zukunft zu finden.
,,Von wem geht die Bedrohung für die Feuernation aus?", fragte Jinora schließlich.
Korra hatte erzählt, dass es sich um Anhänger der diktatorischen Sozin-Dynastie handelte, aber sie mussten jemanden haben, der sie antrieb, ihre Wut schürte.
Lange Zeit schwiegen die Kemurikage und Jinora hörte ihren eigenen Atem laut in ihren Ohren widerhallen, so windstill war es. Trotzdem wabberten die Umhänge der Kemurikage geisterhaft um ihre formlosen Körper.
,,Unser Preis ist das Armband", sagten die Kemurikage wie aus einem Mund.
Das Armband.
Ihr Blick glitt auf ihr linkes Handgelenk und das aus Holz geschnitzte Armband. Sie zog es mit der linken Hand ab und betrachtete es im silbrigen Mondschein. Die Schnitzereien wirkten nun eigenartig lebendig, obwohl sie sich weder bewegten, noch sonst irgendwelche Veränderungen aufwiesen.
Jinora's Hände kribbelten, als sie fasziniert über die Kugeln strich.
Sie wollten das Armband, dass Kiyi ihr geborgt hatte um den Weg aus dem Tal zu finden, nicht hergeben, aber sie brauchte die Informationen, die die Kemurikage ihr geben konnten.
Sie streifte es über ihr Handgelenk und betrachtete es noch einen kurzen Moment, ehe sie hervortrat und es in die ausgestreckte Hand der vordersten Kemurikage legte.
Eine Art Schluchzen entrang den Gestalten, als sich die Hand, die aus durchscheinenden Knochen überwuchert von Wurzeln und Moos bestand, um das Armband schloss.
,,Die Antwort die du sucht wirst du bei der alten Frau finden", flüsterten die Kemurikage und lösten sich in Luft auf.
Jinora starrte ungläubig auf die leere Lichtung.
Das war nicht mal ansatzweise was sie sich erhofft hatte.
Sie hatten sie reingelegt und nun hatte sie nicht einmal mehr ein Armband, dass sie aus diesem Tal herausführen konnte.
Das fliegende Kaninchen, welches sie zur Lichtung geführt hatte, erschien wieder und flog aufgeregt um sie herum.  Sie hob die Hand und streichelte es geistesgegenwärtig, während es vergnügt quickte.
Jinora schüttelte den Kopf.
Sie hatte versagt und damit Alle enttäuscht.
Wie in Trance folgte sie dem Kaninchen zu ihrem Körper.
Hinaus aus der Geisterwelt.

Luft und Sand- Eine Geschichte über Jinora und KaiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt