Kapitel 14 - Clansitzung

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Jocelyn Clearwater

Jocelyn hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und kniff sich selbst ins eigene Fleisch. Richard musterte sie eindringlich und legte eine Hand auf ihren Rücken. Sein rechter Arm war auf der Tischplatte abgelegt und seine Augen wichen nicht von ihrem besorgten Gesicht. Er fühlte die aufkochenden Emotionen seiner Frau, denn Jocelyn konnte sich nicht mehr zügeln. Sie war hin und her gerissen zwischen ihrer unfassbaren Schuld, Wut und ja... Auch Sorge. Sie wollte es sich zwar nicht eingestehen, aber die Sorge galt gewiss nicht nur ihrer Familie, sondern auch dem Neuankömmling, die sie in einen Vampir verwandelt hatte. Das Band zwischen ihnen war schließlich nicht zu zerrütten und eine unabdingliche Tatsache. Ein Naturgesetz, welches kein Vampir ignorieren konnte, selbst wenn er es wollte. Ezekiel hatte mal erwähnt, dass es gelegentlich Vampire gab, die versuchten sich ihrer Schöpferbindung zu entziehen und dass es meist mit Höllenqualen endete. War es vielleicht auch genau das, was so sehr an Richard nagte? Jocelyn war sich bewusst, dass er für Bradleys Eigenheiten nicht besonders viel Verständnis hegte, es ihn sogar nahezu zur Weißglut trieb. Aber gleichzeitig mied er ihn, trotz ihrer festgelegten Bindung, weil Jocelyn nun verstand was er sah, wenn er Bradley erblickte. Er war ein lebender Beweis dafür, dass er versagt hatte. Dass er Schuld an seinem Dasein hatte. Ein Zustand, den die Frau nun selbst besser nachempfinden konnte, als sie es vorher jemals für möglich gehalten hätte. Sie wollte niemals einen Vampir kreieren. Aber es war geschehen. Wie musste sich erst Richard fühlen, der es nur aus reiner Rache getan hatte?

Sie nagte an ihrer Unterlippe und sie drehte ihren Kopf in die Richtung, der sich öffnenden Doppeltür. Ezekiel trat mit Blake an seiner Seite in das Speisezimmer, gefolgt von Bradley, der vermutlich weniger Lust hatte, dem Ganzen beizuwohnen. Aber was hatte er für eine Wahl? Jocelyn sah sofort in dem Blick der jungen Frau, dass sie etwas durch den Wind war. Das konnte sie ihr nicht verübeln. Sie war an dem Tag ihrer Verwandlung mit so vielen Dingen konfrontiert worden, dass ihr wohl bald der Schädel aus allen Nähten platzen würde. Und die Nachricht, die noch folgte, würde der Detektivin wohl den Rest geben. Dass ihr Geliebter ein Spiel mit ihr getrieben hatte und das schon eine gewisse Zeit über, würde sie wohl treffen wie ein Hammer einen Amboss. Doch Jocelyn wusste ja selbst nicht einmal viel über diesen Benedict. Sie konnte nur Vermutungen über ihn anstellen. Doch wenn Ezekiel, der älteste, erfahrenste und weiseste unter ihnen, über Benedicts plötzliches Auftreten alarmiert war, wusste Joce mit einer totsicheren Gewissheit, dass es sich um eine unfassbar ernste Situation handeln musste. Nicht oft war es vorgekommen, dass sie Ezekiel in solch einem Zustand erlebt hatte. Und da er jetzt so zur Tür hineintrat, lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Er war angespannt wie ein Brett, seine Kiefermuskeln versteift und seine Augen hatten einen leichten Rotschimmer angenommen, was die Vampirin sogleich zur Kenntnis nahm. Bei dem Anblick seiner Augenfarbe, wuchs die Sorge in ihr wie ein Geschwür heran.

Jocelyn erkannte wie Bradley, der sich noch hinter den anderen zwei Vampiren befand, perplex die Arme in die Höhe hob und ein: "Was soll das?" stimmlos mit seinen Lippen formte. Die Clearwater begegnete ihm nur mit einem strengen Blick. Dies war nicht die Zeit für Witzeleien und Scherze. Dass Jocelyn nicht auf sein Feixen einging bemerkte Brad sofort, das erkannte sie sogleich an seiner Mimik. Schlagartig sanken seine Mundwinkel hinab und er bekam wohl nun einen Schwall von ihren Emotionen ab, denn er schien kurz inne zu halten. Ihn mussten die Emotionen wahrscheinlich noch härter treffen, da das unsichtbare Schöpferband zwischen ihnen herrschte. Und in diesem Moment schien es ihn zuzuschnüren, wie ein Draht aus Edelmetall. Er schüttelte sich und wandte seine Augen von ihr ab. Zwar ein kläglicher Versuch ihrem Einfluss zu entkommen, aber Brad war nicht sonderlich gut darin sich negativen Gefühlen zu stellen. Er ignorierte sie viel lieber, oder versuchte sie ins Lächerliche zu ziehen. Das hatte ihn die Jahrhunderte über wohl das ein oder andere Mal gerettet. Wenn es etwas gab, was man in seinem unsterblichen Dasein nicht riskieren durfte zu verlieren, war es der eigene gesunde Verstand. Dieser setzte gelegentlich bei Bradley aus, wenn er sich seinem unstillbaren Hunger stellen musste. Aber ging es nicht allen von ihnen so? Ezekiel und Richard waren die einzigen, denen Jocelyn es zutraute alleine mit einem ausblutenden Gentleman oder einer Lady in einem Raum zu sein, ohne sie anzufallen, wie ein wildes Tier.

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