Die Schlacht von Hogwarts

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Jonathan

Ich presste mich gegen die Wand und irgendwo hinter mir bröckelten Teile einer Mauer ein. Die Trümmer bedeckten den staubigen Korridor und ich strauchelte. Hustend hielt ich mir den Ärmel meines Hemdes vor den Mund und blinzelte mir Tränen aus den vor Staub gereizten Augen. Eine Gruppe von Schülern rannte um eine Biegung, dicht gefolgt von einer schwarz gekleideten Gestalt. Beide Gruppen feuerten blendende Lichtblitze ab, die in meinen ohnehin empfindlichen Augen brannten. Dann verschwanden sie am Ende des Korridors und ich hörte einen Knall und einen gequälten Schrei. Langsam pirschte ich mich vorwärts, mich immer weiter umblickend, denn sowohl die Schüler als auch der Todesser könnten mich als Bedrohung wahrnehmen und angreifen. Und da ich unbewaffnet war, könnte das verheerend enden.

Ich schlich um die Ecke, lauschte, aber die Kampfgeräusche klangen nun weiter entfernt. Meine Augen glitten über Staub und Trümmer. Vermutlich hatte ein Sprengzauber hier die Wand getroffen ... Mein Magen drehte sich plötzlich um, denn da lag ein Körper am Boden, halb vergraben durch einen massiven Steinquader-

Mit zwei großen Schritten hatte ich die Person erreicht und drückte mich gegen das Trümmerstück. Meine Arme protestierten, aber ich schaffte es, den Steinblock von dem Körper der Person zu hieven. Weißer Staub bedeckte ihren Umhang, doch trotz allem konnte ich erkennen, dass sie eine Schuluniform trug. Eine rote Krawatte locker um den Hals gebunden hatte ... Es war ein Junge mit mausbraunem Haar, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als ich. Seine Augen waren trüb. Glanzlos.

Ich wischte mir mit dem Ärmel meines Hemdes den Schweiß aus der Stirn, was schwer war, so sehr wie meine Hände plötzlich zitterten. Für mehrere Sekunden traute ich mich nicht, mich zu rühren, denn die Sicht vor meinen Augen flimmerte verdächtig. Als die flackernden Punkte vor meinen Augen schließlich verschwunden waren, presste ich die Hände gegen meine Oberschenkel. Das half, dass zumindest ein bisschen Gefühl in meine Fingerkuppen zurückkehrte und sich meine Gliedmaßen nicht mehr ganz so taub anfühlten. Ich stieß mehrmals gepresst die Luft aus, ruhig und gleichmäßig, ruhig und gleichmäßig- Erst dann fühlte ich mich stark genug, das Handgelenk des Jungen zu berühren, dort, wo der Puls beständig schlagen sollte. Musste. Meine Finger krallten sich in die Haut zwischen Arm und Handgelenk, sie war fast genauso kalt wie meine eigene und da war kein Herzschlag, nur das Blut, das in meinen Ohren rauschte-

Ich ließ den Arm des Jungen los. Er fiel schlaff auf den staubigen Boden, die Knöchel aufgeschürft und blutig.

Der wievielte Tote war das? Der erste? Fünfte? Zehnte? Zwanzigste? Und wie viele würden ihm noch folgen? Mühsam erhob ich mich aus meiner knieenden Haltung und vernahm dann ein leises Klackern gegen meine Fußspitze. Ich blickte nach unten. Ein brauner Zauberstab war auf die steinernen Fliesen gerollt, vermutlich die Waffe des toten Jungen. Ich bückte mich und hob sie auf. Das Stück Holz lag kalt in meiner Hand, durchzogen von feinen Rillen und nicht glatt wie mein eigener Zauberstab. Keine wohlige Wärme durchfuhr mich, als ich die Waffe in der Hand drehte. Als wäre sie genauso tot wie ihr Besitzer. Sie fühlte sich fremd auf meiner Haut an. Natürlich hatte ich mehrere Male meinen illegalen Zweitzauberstab verwendet, der vermutlich von weniger bekannten Zauberstabmachern nach Großbritannien geschmuggelt worden war und eben noch Ginnys Zauberstab ... aber keine der Waffen hatte einem Toten gehört.

Ich krempelte die Arme meines Hemdes hoch und schnippte probehalber mit dem Zauberstab. Ein leichter Energiestoß schien in meinen Arm zu vibrieren, vermutlich besser als nichts. Accio, dachte ich und deutete mit dem Zauberstab auf einen kleinen Kiesel. Er rührte sich nicht. Ich seufzte. „Accio." Der Stein flutschte vorwärts und ich fing den Klumpen in meiner offenen Faust ein. Das war doch ein Anfang.

Sein Vermächtnis (3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt