06 - Is it just me? (Aralas)

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Legolas

Legolas weinte. In seinem Zimmer saß er nun und wusste nichts mehr mit seinem Leben anzufangen. Er hatte geglaubt endlich über Aragorn hinweg gekommen zu sein, doch da hatte er sich mächtig getäuscht. Vor einer Stunde war er von einer Patrouille zurück gekommen, als er ein paar Elben reden hörte. "Wisst ihr schon, das dieser Mensch eine neue Freundin hat?", hatte einer von ihnen gefragt. Wie erstarrt war Legolas stehen geblieben. "Du meist diesen Aragorn? Ja habe ich schon gehört. Auch ne blonde oder?" Der Elb hatte seine Frage bejaht und sie hatten angefangen zu lachen.

Nun versuchte Legolas verzweifelt dieses Bild aus dem Kopf zu bekommen. Aragorn wie er jemand anderen küsste als ihn. Erfolglos. Dachte Aragorn überhaupt noch an ihn? Wollte er vielleicht einen Brief an hin schreiben, aber hatte sich jedes Mal nicht getraut ihn abzuschicken? Tränen liefen über sein Gesicht, das er zu einer schmerzhaften Grimassen verzogen hatte. In der Hand eine Weinflasche, um diesen Schmerz irgendwie nicht mehr spüren zu müssen. Legolas dachte an ihre Zeit zurück. Auf der Reise mit den Gefährten hatte er Aragorn richtig kennen gelernt. Sein Leben war ihm wie ein Traum vorgekommen. Glücklich war er damals noch gewesen. Glücklich.

Legolas hatte nach ihrer Trennung gehofft, das sie wieder zusammen kommen würden. Das Aragorn zu ihm zurückkehren würde. Jedes Mal wenn sein Name fiel, hatte Legolas' Herz einen Hüpfer gemacht. Jedes Mal, wenn er sagte das sie kein Paar mehr waren - was ohne hin schon schlimm genug war - fragten alle wieso. Und jedes Mal wollte er seinen Schmerz in die Welt hinaus schreien.

Wieder nahm er einen Schluck Wein. Das alles war fünfzehn Jahre her, Aragorn war König von Gondor und Legolas wollte, dass er leidete. Er wusste das es gemein war, aber er wollte das Aragorn genau so leidete wie er nun. Es fühlte sich an, als ob die Splitter seines Herzens in sein Fleisch schneiden würden. Legolas wollte nicht mehr Leben. Nicht ohne Aragorn. Mit zitternden Beinen stand er auf und ging zu seinem Schreibtisch.

Er würde Aragorn einen Brief schreiben. Einen, in dem er sich von ihm verabschiedete. Einen, in dem er seine Gefühle zum Ausdruck brachte. Einen, in dem er Aragorn sein Herz ausschüttete. Der Prinz begann zu schreiben. Tränen fielen auf das Pergament, die Schrift war nicht schön geschwungen wie sonst immer. Gerade noch so schaffte der Elb es, den Brief zu versiegeln und Aragorns Name auf den Umschlag zu schreiben. Dann knallte sein Kopf auf die Tischplatte und er verließ für immer die Welt der Lebenden.

Aragorn

Der König von Gondor saß auf der Mauer, den Blick nach unten auf die Stadt gerichtet. Es war bereits Nacht und die Sterne funkelten am Himmel. Aragorn dachte an Legolas, wie so oft, wenn er Nachts draußen war. Es war etwas, das sie oft zusammen gemacht hatten. Wieso er sich von ihm getrennt hatte? Niniel. Sie war der Grund. Aber nicht das Aragorn in sie verliebt gewesen war, nein. Sie hatte ihn mit Legolas Leben erpresst. Wenn er sich nicht von ihm trennen würde, würde Legolas nicht mehr lange leben. Das waren ihre Worte gewesen.

Es war töricht gewesen, ihren Worten glauben zu schenken, doch Aragorn hatte in diesem Moment nicht nachgedacht. Er hatte zu viel Angst um Legolas gehabt. Natürlich liebte er ihn noch. Nie hatte er damit aufgehört. Es hatte ihm sein Herz gebrochen, als er in seine Augen gesehen und die Worte gesprochen hatte. Er hatte förmlich sehen können, wie Legolas' Herz in tausend Stücke zersprungen war.

Jede Nacht weinte er, weil Legolas nicht bei ihm war. Oft hatte er mit dem Gedanken gespielt, ihm einen Brief zu schreiben. Doch jedes Mal hatte den Gedanken aus Angst wieder verworfen. Nun aber, hatte er genug. Sein Leben würde nicht wieder so sein wie es vor ihrer Trennung gewesen war. Es gäbe einen Weg das alles zu beenden. Fast war er so weit, diesen Schritt zu gehen.

Aber noch konnte er nicht gehen. Nicht, bevor er seine Gefühle und Gedanken aufgeschrieben hatte und Legolas nicht doch zu ihm zurück gekehrt war. Schnellen Schrittes ging er in seine Gemächer. Niniel schlief tief und fest. Sie hatte ihn nicht nur dazu gezwungen, Legolas zu verlassen, sie hatte ihn auch noch dazu gebracht so zu tun, als wären sie ein Paar. Und Aragorn hasste sie dafür. An seinem Schreibtisch holte er Pergament und Feder hervor, dann begann er zu schreiben.

Legolas,

ich habe nie aufgehört dich zu lieben, oder an dich zu denken. Du erinnerst dich noch an Niniel, oder? Sie hat mich erpresst. Mit deinem Leben. Sie meinte, wenn ich mich nicht von dir trennen würde, fände sie einen Weg dein Leben zu beenden. Ich hätte es nicht ertragen für deinen Tod verantwortlich zu sein. Deswegen habe ich getan was sie gesagt hat. Ich wünsche mir nichts sehenlicher, als wieder in deinen Armen zu liegen und dich küssen zu können. Wenn ich diesen Brief abschicke, muss ich um dein Leben fürchten, sollte Niniel es herausfinden. Ich liebe dich und hoffe, dass ich dich bald wieder sehen kann.

Aragorn

Behutsam verschloss der Waldläufer den Brief und versteckte ihn unter dem Bett. Dort würde Niniel niemals nachschauen. Mit einem unguten Gefühl ging der König von Gondor ins Bett. Die nächsten Tage verlief alles normal, den Brief hatte Aragorn schon abgeschickt. An einem wolkenlosen Morgen, kam ein Brief für Aragorn an. Der Bote hatte ihm den Brief in die Hand gedrückt und war sofort wieder verschwunden. Schnell rannte Aragorn in den Garten und ging an den verstecktesten Ort den er im Garten kannte. Mit zitternden Fingern öffnete er den Brief.

Es tut uns leid euch mitteilen zu müssen, dass Legolas, Sohn Thranduils, am Morgen des 5. Septembers, Tod in seinen Kammern aufgefunden wurde. Ursache des Todes, war ein gebrochenes Herz.

Aragorn keuchte entsetzt auf, als er den Brief las. Legolas war Tod. Er war Tod. Diese Worte wiederholten sich unaufhöhrlich, in seinem Kopf. Nein. Nein, das durfte nicht wahr sein. Sein Herz fühlte sich auf einmal an, wie ein schwarzes Loch, das langsam alles verschlang. Seine Lebenslust, seinen Kampfgeist, alles verschwand. Gerade als er den Umschlag wegwerfen wollte, fiel ein zweites Pergament heraus. Langsam hob Aragorn es auf und entfaltete es.

Aragorn,

ich weiß, du willst mich eigentlich nie wieder sehen, aber ich schaffe es nicht länger hier herum zu sitzen, wenn ich weiß, dass du irgendwo da draußen bist. Mein Herz fängt an langsamer zu schlagen. Jede Minute verliere ich mehr von meinem Leben. Du hast dafür gesorgt, dass ich leide. Und nun will ich, auch wenn sich das gemein anhört, das auch du leidest. Jeden Abend habe ich wegen dir geweint. Ich will mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie viele Tränen ich deinentwegen vergossen habe. Denkst du manchmal überhaupt noch an mich? Bedeute ich dir noch etwas? Bist du wegen unserer Trennung auch verletzt und willst nicht mehr leben? Macht dein Leben für dich noch Sinn? Diese Fragen habe ich mir viel zu häufig gestellt. Und wenn du das hier liest, bin ich wahrscheinlich Tod. Aber ich will dir noch eins sagen:
Ich liebe dich, Aragorn.

Legolas

Tränen liefen Aragorns Gesicht herunter, bei jedem Schluchtzer wurde er geschüttelt. So saß er mehrere Stunden im Garten, versteckt von allen Blicken und weinte. Weinte um die Liebe seines Lebens. Jetzt war er sich sicher. Er wollte alles beenden. Sein Leben hatte keinen Sinn mehr. Ohne Legolas fehlte etwas, das sich nicht ersetzten ließ. Sofort fing Aragorn an zu überlegen. Um keinen Preis, sollte Niniel auf den Trohn kommen. Faramir sollte König werden. Er hatte immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Aragorn stürmte in sein Gemach, holte Pergament und schrieb sein Vermächtnis nieder. Mit geschlossenen Augen, seinem Vermächtnis auf der Brust und einem lächeln im Gesicht, nahm er einen Dolch und schnitt seine Pulsader auf. Es war ein befreiendes Gefühl, wie Aragorn fand. Nur ein paar Stunden später wurde der König von Gondor Tod aufgefunden. Doch jene, die ihn gut kannten wussten, dass er jetzt glücklicher war. Er war bei Legolas.

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Das hier ist ein Oneshot für MelissaKeiraBlack's Wattpad Camp zu dem Lied 'Is it just me?'

𝓜𝓲𝓽𝓽𝓮𝓵𝓮𝓻𝓭𝓮 𝓞𝓷𝓮𝓼𝓱𝓸𝓽𝓼Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt