15 - Lass mich dir gehören (Thranduil)

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Von meinem Fenster konnte ich direkt zum Ballsaal sehen, erkannte die hell erleuchtete Halle und die Silhouette der Elben, die aus der Ferne betrachtet zu einem ganzen verschwammen. Wenn ich zwischen all diesen Elben stand, würde man uns hoffentlich nicht zusammen sehen. Denn sonst sah man uns auch nicht. Man sah uns niemals. Nicht, wenn wir uns heimlich im Garten trafen oder uns verstohlene Blicke zuwarfen, wann immer wir einander begegneten und auch nicht, wenn wir einen Ausflug in den Wald machten.

Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Spiegel, achtete darauf, dass mein Kleid gut saß und man mit einer einzigen Bewegung die Schnüre lösen könnte, die es am Rücken zusammen hielten. Ich liebte dieses Kleid und es passte wie angegossen. Der weinrote Stoff fiel in sanften Wellen meine Beine hinab, betonte meine Taille sowie meine Hüfte und schmiegte sich an meine Kurven.

Ich strich die Seide glatt und widmete mich anschließend meinen Haaren. Nicht so wie sonst hatte ich die schwarzen Locken offen gelassen und verhinderte nur mit einer goldenen Spange in Form einer filigranen Feder, dass sie mir über die linke Seite ins Gesicht fielen.

Ich wusste, es würde ihn wahnsinnig machen, mich so zu sehen. Seine Blicke hatten Bände gesprochen, als ich das letzte Mal so etwas getragen hatte und dennoch hatte er sich nicht dazu hinreißen lassen, seinen Gelüsten nachzugeben. Dafür war er viel zu gut erzogen.

Aber heute würde ich ihn dazu bringen. Ich würde ihn dazu bringen, den nächsten Schritt zu gehen.

Schon seit einigen Monaten trafen Prinz Thranduil und ich uns im Schatten der Säulen und in der tiefsten Nacht, wenn nur der Mond Zeuge unserer Zuneigung werden konnte. Doch bis jetzt war es nur bei ein paar Küssen und geflüsterten Worten geblieben, die mein Innerstes erwärmt hatten.

Und ich wollte mehr. Ich wollte nicht nur die Funken, die Thranduil in mir auslöste. Nein, ich wollte das ganze Inferno, dass irgendwo tief in mir schlummerte und nur darauf wartete, entfesselt zu werden.

Also trug ich achtsam den roten Lippenstift auf und betrachtete mich ein letztes Mal im Spiegel, ehe ich mir die goldene Maske schnappte und mich auf den Weg in den Ballsaal machte.

Nur einmal im Jahr fand ein Ball statt, an dem das ganze Volk teilnehmen konnte. Und jedes Mal war Prinz Thranduil von so vielen Elben umringt, dass er gar nicht wusste, wem er seine Aufmerksamkeit schenken sollte. Heute würde ich dafür sorgen, dass ich es war.

Kurz bevor ich auf den überfüllten Gang vor dem Ballsaal trat, legte ich mir die Maske um und knotete das rote Band hinter meinem Kopf zusammen. Dann atmete ich tief durch und schob mich in die Masse der Elben, die heute hier waren. Ich betrat den Ballsaal und sofort fanden meine Augen den Prinzen, der auf seinem Stuhl saß und versuchte, das offensichtliche Gefühl der Langeweile aus seinem Gesicht und seiner Körperhaltung zu verbannen.

Ein Diadem thronte auf seinem Kopf und unterstrich seine Position, die mir allerdings schmerzlich bewusst war. Thranduil war in ein weißes Gewand gekleidet, dessen silberne Fäden im Licht der vielen Kerzen glänzte.

Plötzlich hob er den Blick und als er mich sah, schien sich seine ganze Haltung zu verändern. Beinahe gierig wanderten seine Augen über meine Erscheinung. Die schwarzen Locken, die goldene Maske, deren Seiten in Federn endeten und der filigranen Kette, welche er mir vor einigen Wochen unter den Sternen geschenkt hatte. Er schluckte, als seine Augen tiefer wanderten und mein Kleid erblickten.

Die weinrote Seide wurde von goldenen Stickereien geziert, die wie Flammen vom Saum hinauf zu meiner Hüfte wanderten und sich schließlich in dem ärmellosen Oberteil verloren.

Ich warf ihm ein wissendes Grinsen zu und wandte mich ab, um mir ein Glas Wein zu suchen. Immerhin passierte es nicht jeden Tag, dass König Oropher seinem Volk den köstlichsten Wein einschenkte. Nachdem ich von einem der Bediensteten ein Glas der roten Flüssigkeit bekommen hatte, stellte ich mich an den Rand des Saals und ließ meine Augen über die Elbenmenge schweifen, während ich ab und zu an meinem Wein nippte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 20 ⏰

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