Der Beobachter

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Ich starrte ihn an, als hätte ich einen Geist gesehen. Ich hätte ja was gesagt, wenn mein Mund nicht so trocken wäre. Was um Thors Willen machte ausgerechnet Fischlegs noch hier draußen, vor allem alleine in der Dunkelheit. Soweit ich mich erinnern konnte, hatte er Angst vor der Dunkelheit und dem Alleine sein. Er war nie so spät noch draußen. Warum also, war er hier? Er hatte wohl mein verdutztes und gleichzeitig zornig und etwas verängstigtes Gesicht gesehen, denn er schaute schnell zu Boden. Auch Stormfly hatte ihn bemerkt und stellte sich Schützend vor mich, mit aufgestellten Stacheln und geduckter Haltung, bereit zum Angriff. Fischlegs wich schnell zurück und griff nach einem Schild, der auf seinem Rücken befestigt war und nach einem kleinen Messer. ‚Als würde das ihn vor einen Nadder retten‘ dachte ich mir und verdrehte die Augen. Immer noch auf Fischlegs schauend, der nur Stormfly anstarrte und sich hinter seinem Schild duckte, wagte ich den Mund auf  zu machen.

„Fischlegs? Was in Odins Namen machst du hier?“ fragte ich mit erstaunlich starker Stimme. Er zuckte leicht zusammen und schaute unsicher zu mir, ohne den Schild sinken zu lassen.

„Dasselbe könnte ich dich auch fragen.“ Sagte er etwas zittrig zu mir und schaute wieder auf Stormfly.

„Leg dein Schild und die Waffe weg.“ Sagte ich zu Fischlegs. Er starrte mich verständnislos an und ich wusste, dass gleich wieder seine Berühmten wiederworte kamen, doch ich hatte dafür keinen Nerv heute Nacht.

„Aber …“

„Leg jetzt sofort die Waffe und dein Schild weg!“ befahl ich ihm, denn ich befürchtete, dass Stormfly nicht mehr lange auf sich warten ließ und bereit war anzugreifen. Zögernd blickte Fischlegs zwischen mir und Stormfly her, und wusste nicht so recht, was er jetzt tun sollte, doch er sollte sich schnell entscheiden. Ein Glück, dass er nicht so dumm war wie Snotloud, der sicher mit lautem Gebrüll auf Stormfly losgegangen wäre. Er legte langsam die Waffe und den Schild nieder, ohne dabei den Nadder aus den Augen zu verlieren, was ich ihm auch nicht übel nahm.

„Jetzt zeig ihr, dass du Unbewaffnet bist und ihr nichts tun willst.“ Gab ich weitere Anweisungen zu Fischlegs, der sie dieses Mal ohne jegliche Wiederworte befolgte. Er hob seine dicken Arme und stand so eine Weile, bis Stormfly sich beruhigen würde. Doch sie stand weiterhin da und fixierte Fischlegs, als sei er der Feind.

„Stormfly, komm her.“ Sagte ich zu ihr, sie reagierte jedoch nicht. Irgendetwas musste ich unternehmen, sonst ist Fischlegs morgen Früh nur noch ein Haufen Asche, vorausgesetzt sie hatte nicht vor ihn zu Essen, was noch viel ekliger wäre. Ich versuchte es also noch einmal sie zu rufen, doch wieder reagierte sie nicht. Nun versuchte ich auf zu stehen, was schwieriger und schmerzhafter war als gedacht. Ich verzog mein Gesicht vor Schmerz und schrie für einen kurzen Augenblick auf, doch dann stand ich, angelehnt an der Wand, aber ich stand. ‚Jetzt der nächste Teil‘ ging es mir im Kopf rum und ich wagte den ersten Schritt, welcher sehr schmerzhaft war und ich wieder drohte einzuklappen, doch ich konnte mich halten. Schritt für Schritt ging ich langsam auf Stormfly zu und berührte ihre Stacheln am Schwanz. Sie merkte das sofort und fuhr mit ihrem Kopf zu mir rum. Ihre schlitzartigen Pupillen wurden größer, als sie mich sah und ich ihren Schwanz streichelte. Die Stacheln legten sich wieder und Stormfly verlor das Interesse an Fischlegs. Ich kraulte sie am Kopf und stützte mich etwas auf ihn und gab Fishlegs ein kleines Zeichen, dass er näher kommen konnte, doch er blieb stehen, wo er war und rührte sich nicht vom Fleck, bis ich ihm beteuerte, dass alles gut und er außer Gefahr war. Er kam langsam näher und Stormfly blieb ruhig. Ich machte es wie Hiccup, schaute Stormfly in die Augen und sagte, dass er ein Freund sei, und es funktionierte.

„Wie … Wie hast du das gemacht?“ fragte er mich, immer noch nervös und mit etwas Abstand zu Stormfly.

„Durch Vertrauen? Oder das Wissen, wie es geht?“ ehrlich gesagt wusste ich es selber nicht, wie ich das in den letzten Tagen hinbekam, nicht als Mitternachtsnack zu landen.

„Und warst du in den Vergangenen Nächten auch hier bei dem Drachen?“ fragte er mich und ich glaubte er hielt mich für dumm. Er hatte mich doch gestern Abend noch beobachtet, wie ich mit Stormfly spielte.

„Äh, ja, du hast mich doch Beobachtet.“ Sagte ich vorsichtig, denn genau wusste ich es immer noch nicht, ob er es war, der mich beobachtete.

„Wie? Du hast mich gesehen?“ fragte er etwas Panisch und ich entspannte mich etwas, da ich nun wusste, dass er es war.

„Nun, eher gehört, du warst nicht gerade Leise in dem Gebüsch.“

„Äh, warte, was? Ich war nicht in einem Gebüsch und war laut.“ Sagte er etwas verwirrt und ich war jetzt auch etwas verwirrt.

„Wie, du warst nicht in dem Gebüsch?“                                                                 

„Nein, ich habe dich nur von meinem Haus aus gestern gesehen, wie du durch die Nacht geschlichen bist in Richtung Arena und da ich das ziemlich Komisch fand, bin ich dir also heute gefolgt.“ Gestand er mir und lügen konnte er nie gut, vor allem nicht vor mir. Da hatte ich mich zu früh gefreut. Was wenn jemand anderes aus dem Dorf mich gesehen hatte? Die Antwort wollte ich jetzt nicht wissen.

„Na gut, und was machen wir jetzt?“ seufzte ich und schaute ihn an. Eigentlich brauchte ich ihn auch gar nicht zu fragen, denn er schaute mich mit großen Augen an und bettelte schon fast danach.

„Zeig mir, wie du das hinbekommen hast.“ Sagte er und zeigte auf Stormfly, die schon fast einschlief. Ich schaute ihn zweifelnd an, ob das überhaupt eine gute Idee war, doch ich wusste, dass das Hiccup gefreut hätte, wenn ich noch mehr Wikinger in seine Sache mit einbezog.

„Na gut, aber du musst mir versprechen, dass niemand davon erfährt, sonst sind wir beide und die Drachen tot, verstanden?“ sagte ich im strengen Ton und er nickte heftig. Ich entschied mich, ihn die Wahrheit über Hiccup zu erzählen, damit er es besser verstand, wie es dazu kam.

„Und du nimmst ihn wirklich so in Schutz? Selbst seinen Vater hast du anlügen müssen?“ fragte er mich nach einer Weile des Geschichten Erzählens.

„Naja, ich habe ihn nicht angelogen, nur nicht die komplette Wahrheit über ihn erzählt.“ Nahm ich mich in Schutz. Ich wollte nicht als Lügnerin dastehen. Ich versuchte mittlerweile selber zu stehen, ohne die Hilfe von Stormfly, und es klappte auch. Der Schmerz war nicht mehr so heftig und ich konnte sogar etwas laufen, jedoch drohte ich nach ein paar Schritten wieder zusammen zu klappen, also ließ ich es sein und lief mit der Hilfe von Stormfly.

„Also, bei welchem Drachen willst du es versuchen?“

Verloren und GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt