Ich trage keinerlei Reue in mir

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Immer noch stand ich da und schaute auf denjenigen, der die Armbrust in der Hand hielt. Ich war wie gelähmt und konnte mich nicht bewegen. Ich bereitete mich vor, den Schmerz des Pfeiles zu spüren, kraftlos zu stürzen und zu sterben. Doch es geschah nichts dergleichen, denn plötzlich stürzte sich Stormfly auf mich, drückte mich auf den Boden und wehrte den Pfeil ab und schoss Nadeln in die Richtung des Armbrustschießers. Alle wichen erschrocken zurück und starrten auf mich und Stormfly. Sie nahm ihren Fuß von meinem Körper und ich konnte aufstehen. Sie schaute mich an und ich lächelte sie an, froh darüber, dass Stormfly und ich noch leben.

„Genug!“ dröhnte die zornige Stimme von Stoik über das Schlachtfeld. Ich konnte ihn nirgends sehen, doch plötzlich warfen die Wikinger Netzt über Stormfly und zogen sie nach unten. Ich wollte ihr schnell zur Hilfe eilen, doch auch mich seilte man fest. Ich stand unter Arrest. Stormfly wehrte sich mit ihrer letzten Kraft, doch sie wurde betäubt.

„Stormfly, Nein!“ rief ich und wollte zu ihr gelangen, erfolglos.

„Bringt das Pack in die Große Halle.“ Hörte ich den Stammesoberhaupt sagen und ich wusste, dass ich mit keiner milden Strafe davonkommen werde. Ruff, Tuff und Snotloud wurden auch gefesselt und selbst Fischlegs auch, obwohl er nicht beim Kampf teilgenommen hatte. Irgendwie hatten sie gewusst, dass er mit dazugehörte. Ich fühlte mich auf einmal so schuldig, alle mit da reingezogen zu haben. Ich sollte alle Schuld bekommen nicht sie. Sie waren nur Anhänger, ich war diejenige, die damit angefangen hatte und nicht sie. Geschlagen gab ich auf mich zu wehren, behielt aber meine stolze Haltung ein. Ich bin immer noch Astrid Hofferson, und ich ließ mir nicht so schnell sagen, was ich zu tun und was ich zu lassen hatte.

„Wisst ihr eigentlich, was ihr da gerade getan habt! Ist das euch bewusst, das ihr hättet anstellen können?!“ sagte Stoik in einem lauten Ton zornig und fassungslos. Wir standen in der Großen Halle, das ganze Dorf bildete einen Kreis um uns und jeden zornig an. Ich blieb still, war aber weder eingeschüchtert von ihm, noch trug ich irgendwelche Reue für das, was ich getan hatte. Ich blieb in meiner stolzen Haltung und schaute ihn ausdruckslos an. Viel hatte ich nicht mehr für dieses Pack von Wikingern übrig. Die anderen stattdessen hatte eine gebückte Haltung und schauten den anderen noch nicht einmal in die Augen, ich suchte gerade den Augenkontakt. Ich wollte ihnen signalisieren, dass wir nichts Böses oder Schlimmes getan hatten und dass ich stolz war, mich einen Drachenreiter nennen zu können. Stoik redete weiter, versuchte uns ins Gewissen zu reden, dass wir eine schreckliche Tat begangen haben, versuchte uns klein zu kriegen. Schließlich blieb er vor mir stehen und wir schauten uns gegenseitig an. Kein funken von Respekt hatte er bei mir und jetzt, wo ich hier war und ihn so reden hörte, konnte ich Hiccup nun ganz verstehen, warum er es nicht versucht hatte, ihn umzustimmen. Da gab es überhaupt nichts umzustimmen.

„… Und deshalb werdet ihr alle mit den Drachen noch heute Hingerichtet werden.“ Fiel sein Urteil und das Dorf stimmte murmelnd zu. Bei mir brannten alle Leitungen durch und wutentbrannt öffnete ich meinen Mund.

„Das würde euch so passen. Einfach die verbündeten der Drachen mit auf den Scheiterhaufen werfen, damit sich nichts verändert …“

„Astrid …“ warnte mich Fischlegs, doch ich hatte mich erst aufgewärmt.

„Nein …“ sagte ich zurück, doch Stoik unterbrach mich.

„Drachen sind Monster, die schon hunderte von uns getötet haben …“ und ich besaß die Frechheit ihn zu unterbrechen.

„Und wir haben noch mehr von ihnen getötet. Sie haben sich nur verteidigt, und außerdem gibt es nun seit drei Jahren keine Drachenangriffe mehr, und weißt du auch wieso? Weil sie nicht mehr dazu gezwungen werden und nun frei sind! Sie können wunderbare, liebliche und treue Gefährten sein, wenn man sich nur mit ihnen einlässt …“

„NEIN!“ schrie er dazwischen und schaute mich noch zorniger an, doch das heilt mich nicht auf, nun, da sie es abgelehnt hatten den Drachen eine Chance zu geben.

„ … jetzt versteh ich es.“ Sagte ich und zögerte absichtlich, damit Stoik auch alle meine Worte mitbekam, „Jetzt versteh ich ihn, warum er es nicht versuchen wollte.“

„wen und was wollte er versuchen?“ fragte mich Stoik irritiert. Ich musste kurz überlegen, ob ich es ihm wirklich sagen wollte, ihm, dem ich beichten musste, dass sein Sohn für immer fort war, doch ich wollte ihn wissen lassen, dass es ein Fehler wäre mich nicht anzuhören.

„Hiccup.“ Sagt ich endlich und Stoik starrte mich an, „Er hat sich die Treue eines Drachens verdient und mir alles beigebracht, was er über sie wusste. Man kann sich mit ihnen anfreunden und hat man sich erst einmal die Treue und die Freundschaft bei einem Drachen verdient, gibt es nichts, was sie trennen kann. Ihr erkennt die ganzen Möglichkeiten nicht, die ich euch hier biete. Es wäre eine bessere Welt, wenn alle in Frieden miteinander leben könnten …“

„Hiccup wurde von einem Drachen getötet, das hattest du mir selbst gesagt.“ Sprach Stoik dazwischen.

„Nicht getötet. Ich hatte dir nur die halbe Wahrheit darüber erzählt.“ Alle waren still und starrten mich an, gespannt darauf, was ich ihnen jetzt erzählen würde.

„In der Nacht, in der er verschwand, nahm er mich mit auf einen Flug mit seinem Drachen. Wir entdeckten das Drachennest und ich wollte gleich zu dem Oberhaupt rennen um dies zu berichten, doch Hiccup hielt mich davor zurück. Er wusste, das, wenn ich euch davon erzählen würde, ihr seinen Drachen töten würdet, und das konnte er nicht zulassen. Auch konnte er nicht gegen den Riesenhaften Albtraum kämpfen.“ Sagte ich und lief dabei etwas herum und schaute die betroffenen Wikinger, in dem Fall Gobber, an, „Und er war ziemlich davon überzeugt, dass er euch nicht seine Lebensweise zeigen konnte, denn hätte er es getan, so hättet ihr ihn eingesperrt, verbannt oder sogar getötet mit seinem Drachen. Also entschied er sich zu gehen, weg zu fliegen von Berk, damit er frei sein kann. Und jetzt kann ich ihn verstehen, warum er es nicht versuchen wollte, euch umzustimmen. Ihr habt einfach keine Ahnung von den Drachen, ihr glaubt sie einfach töten zu müssen und das Problem wäre aus der Welt geschafft, euch sind sie im Grunde total egal.“ Ich wurde immer zorniger und weitere Beschuldigungen drohten aus meinem Mund zu kommen, doch Stoik reichte es. Was ich auch irgendwie nachvollziehen konnte.

„Genug.“ Schrie er, „bringt sie in das Gefängnis, ich will sie nicht mehr sehen.“

‚Soll mir doch recht sein‘ dachte ich und ging mit den anderen aus der Halle raus, begleitet von bewaffneten Wikingern.

Verloren und GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt