~4~

200 22 2
                                    

-Jaemin's Sicht-

Zu Hause angekommen, verkroch ich mich direkt in mein Bett und begann leise vor mich hin zu weinen. Ich war so erbärmlich. Ich hatte doch alles, was zum Leben nötig war. Ich hatte Eltern, die mich liebten, auch wenn sie nicht so oft zu Hause waren, ich hatte immer genug zu essen und musste mir um Geld keine Gedanken machen. Trotzdem führte ich mich so undankbar auf und widersetzte mich meinen Eltern, dabei wollten sie mich ja nur schützen. Das hatte ich jetzt davon, wenn ich mich nicht nach ihren Regeln verhielt.
Ich war ein schlechter Mensch. Viele hatten es nicht so gut wie ich, machten aber das Beste daraus und konnten damit leben. Ich schaffte es nicht einmal, meine Eltern stolz zu machen.

Meine Augen zusammenkneifend versteckte ich mich unter der Bettdecke und schluchzte erneut. Bei der Bar konnte ich mich doch nie mehr blicken lassen, die dachten bestimmt ich wäre von allen guten Geistern verlassen. Hoffentlich hatte mich vorher niemand erkannt, sie hatten schließlich mein Gesicht gesehen.
Das würde alles noch schlimmer machen.

Kurze Zeit blieb ich noch unter der Decke und versuchte mich zu beruhigen, bis ich schlussendlich erschöpft einschlief.

Am nächsten Morgen stand ich mit angeschwollenen Augen, schniefender Nase und Kopfschmerzen vor dem Spiegel im Badezimmer und fuhr langsam durch meine Haare.
Jeno mochte meine Haare, mochte er vielleicht auch mich? Wenigstens ein bisschen?
Ach, was machte ich mir eigentlich für welche Hoffnungen?
Wahrscheinlich hatte ich ihn gestern abgeschreckt und er wäre froh, wenn ich von ihm fernbleibe.

Seufzend ließ ich meinen Kopf nach unten fallen und musste mich beherrschen, nicht wieder zu weinen. Ich war so verdammt schwach.
Schnell duschte ich und machte mich für den Unterricht fertig. Heute war jedoch ein etwas kürzerer Schultag und somit konnte ich mich später wieder weiter selbst bemeitleiden. Darin war ich gut, wenigstens etwas, in dem ich gut war.

Frühstücken tat ich heute nicht, ich hatte keinen Hunger, also begab ich mich gleich in das "Schulzimmer", wo ich schweigend auf meinen heutigen Lehrer wartete. Meine Eltern waren bereits arbeiten, sodass es unheimlich still im Haus war. In zwei Tagen würden meine Eltern wegfahren und ich hatte dann ebenfalls keine Schule, also würde ich die ganze Zeit alleine sein. Wie lange sie wegbleiben würden, wusste ich nicht, aber hoffentlich waren sie an meinem Geburtstag zurück, der war schon in fünf Tagen und so lange konnte diese Dienstreise ja nicht dauern.

An unseren Geburtstagen unternahmen wir immer etwas gemeinsam und es fühlte sich an, als wären wir eine ganz normale Familie. Es gab nur uns drei, ohne irgendwelche Paparazzis, ohne Gespräche über die Arbeit meiner Eltern und ohne Bodyguards.
Jedes Jahr freute ich mich riesig darauf und genoss die seltene gemeinsame Zeit. Dieser Gedanke heiterte mich etwas auf und ließ mich Jeno für einen kurzen Augenblick vergessen, was auch gut war, denn mein Lehrer betrat gerade den Raum und für den Unterricht musste ich mich logischerweise konzentrieren, was mit Jeno in meinem Kopf nicht funktionieren würde.

Meine Eltern kamen erst spät am Abend zurück und gingen nach einem kurzen Gespräch mit mir direkt schlafen, weshalb ich noch für mich alleine kochte und danach etwas auf dem Fernseher schaute, bevor ich ebenfalls müde zu Bett ging.

Auch die restlichen Tage passierte nicht viel. Meine Eltern waren wie immer selten zu Hause und so richtig zu Gesicht bekam ich sie erst am Morgen des Tages, an dem sie zu ihrer Dienstreise aufbrechen würden.
Gemeinsam frühstückten wir und redeten etwas über meinen Unterricht und meine Lehrer, wie auch sie erzählten kurz von dem neuen Film, wegen dem sie abreisen mussten.
So wirklich zuhören tat ich jedoch nicht, da mich das nicht interessierte. Ich hörte schon genug davon über die Medien oder im Fernsehen und schon langsam nervte mich dieses Thema. Jedoch sagte ich das nicht, ich wollte meine Eltern nicht verletzen und außerdem waren sie so Feuer und Flamme für ihre Arbeit, dass ich ihnen nicht die Freude daran nehmen wollte.

"Und es ist wirklich okay für dich ein paar Tage alleine zu sein?", fragte mich meine Mutter gefühlt schon zum zwanzigsten Mal, woraufhin ich nickte.
"Ja klar, ich bin schon alt genug um alleine auf mich aufzupassen."
Seufzend strich sich meine Mutter eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.
"Ach Jaemin, wir wissen, dass du das kannst, aber es gibt leider viele Leute, die uns nicht mögen und vielleicht etwas schlechtes wollen. Das ist eben so, wenn man in der Öffentlichkeit steht."
Beruhigend nahm ich ihre Hand und lächelte sie an.
"Ich weiß Mama. Ihr könnt nichts dafür, aber ich schaffe das allein. Keine Sorge!"
Nun lächelte auch sie leicht, aber ich wusste, das sie sich trotzdem Sorgen machte.

"Na gut, da dass nun geklärt ist, würde ich sagen, dass wir schön langsam aufbrechen, oder?", mit diesen Worten stand mein Vater auf und räumte sein Geschirr in die Küche. Schnell half ich meiner Mutter beim Abwasch, während mein Vater ihre Sachen in das Auto einpackte.
Kurz darauf verabschiedeten sie sich auch schon von mir und ihr Auto setzte sich in Bewegung.

Auf eine weitere Woche alleine. Eigentlich war es ziemlich egal, ob meine Eltern wegfuhren oder nicht, zu Hause waren sie sowieso nicht viel. Also änderte sich für mich nicht wirklich etwas. Die nächsten Tage würde ich einfach nichts tun.

~~~~
Ich habe gerade einen richtigen Schreibefluss und ich denke, unter meinen Geschichten mag ich diese vielleicht sogar am meisten. Ich hoffe, euch gefällt sie auch^^

escape || nominWo Geschichten leben. Entdecke jetzt