29. I'll be missing you

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Mein Wecker klingelte und riss mich aus dem Schlaf.

Ein weiterer beschissener Wochentag.

Ich quälte mich aus meiner Decke und lief ins Badezimmer, um mich für die Schule zu richten.
Mein Blick fiel dabei in den großen Wandspiegel. Ich erschrak, als ich in ein bleiches Gesicht blickte, dass mit leeren, toten Augen zurückstarrte.
Das da im Spiegel schien ein fremder Mensch zu sein, dass war nicht der begeisterungsfähige Jungkook, der niedliche Streber der Schule.

Das war nicht ich.

Beschämt riss ich meinen Blick von dem Spiegel los, ich hasste es, mich so zu sehen.
Die dunklen Augenringe meiner selbst mussten mir immer wieder auf die Nase reiben, dass ich jede Nacht weinte.
Dass ich den Schmerz nicht verarbeiten konnte.

Aber es war okay, langsam aber sicher wurde alles in mir taub. Ich wollte lieber nichts mehr fühlen, als diesen Schmerz. Ich wollte einfach alles nur noch vergessen.

Müde setzte ich mich an den Frühstückstisch und ignorierte die besorgten Blicke meiner Mutter.
Ich war in letzter Zeit nicht sehr gesprächig gewesen, hatte mich nicht mehr mit Jimin getroffen und auch seine Anrufe ignoriert. Ich wusste, dass sie sich Sorgen machten.

Aber wie sollte ich meiner Mutter erklären, was passiert war? Würde sie verstehen...?

Meine Müslischüssel war noch so gut wie voll, doch ich hatte keinen Appetit mehr. Ich brachte nichts herunter.
Deshalb wollte ich einfach aufstehen und in die Schule gehen, als meine Mutter mich daran hinderte.

"Sag mal, Jungkook..", begann sie einfühlsam und sah mich fürsorglich an. "Ich beobachte dich nun schon eine Weile. Kann es sein, dass du und dieser Junge, der vor ein paar Wochen hier war... Also, dass es für dich vielleicht etwas mehr war als... nur Freundschaft?"
Sie lächelte lieb und es war das erste Mal, dass ich ihr an diesem Tag in die Augen sah.
Der Gedanke an Taehyung verursachte ein kurzes Stechen in meiner Brust, doch auch ein wohliges Kribbeln in meinem Bauch. Ein Gefühl nach einer altbekannten Heimat...

"Woher weißt du...", begann ich, doch meine Mutter sah mich nur liebevoll an.
"Eigentlich war es mir schon klar, als du ihn hergebracht hast, Jungkook.", sagte sie und sah dabei auf den Boden, kurz bevor ein mütterliches Lächeln auf ihrem Gesicht auftauchte. Hatte sie uns deswegen so gemustert, als der Prinz zu Besuch gewesen war? Jetzt machte ihr Verhalten um einiges mehr Sinn.
"Außerdem weiß ich, wie ein gebrochenes Herz aussieht."

Oh ja, dass hätte ich mir denken können. Nachdem Vater uns verlassen hatte, war sie oft stundenlang vor dem Fenster gesessen und hatte einfach nur ins Nichts gestarrt.
Ich erinnerte mich noch genau an diese Zeit. Und doch war ich damals zu klein gewesen, um es zu verstehen.

Ich lächelte. Oder zumindest lächelten meine Lippen, meine Augen nicht.
Ich schaffte es nicht mehr, ein echtes Lächeln aufzubringen. Aber ich war wirklich dankbar, dass meine Mutter mich so verstand.
Und sie schien kein Problem damit zu haben, dass ich mich in einen Mann verliebt hatte.

Meine Mutter war eine wundervolle Frau. Sie verdiente einen besseren Sohn als mich, das dachte ich zumindest. Ich hasste es, sie traurig zu machen, nur weil ich selber traurig war.
Ich wollte doch nur, dass sie glücklich war.

"Danke Mama.", sagte ich und gab ihr sogar noch einen schnellen Kuss auf die Wange, obwohl ich sowas eher selten tat.

"Ich hab dich sehr lieb, Jungkook, vergiss das nicht.", lächelte meine Mutter und steckte mir noch eine Vesperdose in den Ranzen.
"Ich bin davon überzeugt, dass das Glück zu dir zurückfinden wird."

So verließ ich das Haus.

Der Schulweg fühlte sich heute an wie eine Ewigkeit und ich dachte über all die Dinge nach, die passiert sind.

fairy tale. // ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt