💭 six

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Den ganzen Tag lang hatte Jisung von den Worten nicht mehr ablassen können. Ständig kreisten sie in seinem Kopf herum und machten ihm gar rasend vor Wut. Chan war ein abartiger Mensch, das wurde ihm heute noch einmal mehr bewusst geworden und es wäre definitiv besser, wenn er seinen australischen Freund von ihm versuchte fernzuhalten. Er würde ihn nicht nur ausnutzen, sondern auch willentlich schaden wollen.

Doch wie sollte er dies anstellen? 

Es wäre in seinen Augen mehr als nur auffällig gewesen, jede Art der Annäherungsversuche zwischen ihnen kappen zu wollen, genauso wie Felix zu zwingen, dass er nicht zu dem Typen auch nur schauen sollte. Am Ende würde es auf genau das herauslaufen, dass er das tat. Außerdem würde es ihrer Freundschaft auch nicht sonderlich gut tun. Es würde ihnen beide nicht gut tun, obwohl Jisung nur das Richtige tun wollte, was seinen Vorstellungen entsprach. Aber noch lang nicht denen, die Felix hatte, die wohl eher daraufhin deuten würden, dass er seine Gefühle einerseits akzeptieren sollte, gleichzeitig aber ihn auch unterstützen sollte, obgleich Chan ihn zerstörte und er ihm schon jetzt nicht gut tat. Nur war Felix eben blind. Blind vor den Gefahren, die er jetzt schon ausgesetzt war. 

»Wieso isst du denn nichts?« Die Abwesenheit von Jisung blieb auch seiner Mutter nicht erspart und während er sonst so gut wie fertig mit Essen war, stocherte er nur gedankenverloren in seinem Essen herum und beäugte dieses angewidert, obwohl an diesem rein gar nichts auszusetzen war. Lediglich die Appetitlosigkeit des heutigen Tages machte ihm zu schaffen. Für eine kurze Zeit stellte er sich sogar die Frage, ob Felix damit tagtäglich zu kämpfen hatte oder ob er das Essen aus Prinzip verweigerte, nur weil Chan sich so einen dummen, gemeinen Witz erlaubt hatte, den man schon beinahe als Mobbing deklarieren konnte. 

»Ich hab nicht wirklich Hunger, denke ich... Heute war einfach nicht mein Tag, hab Kopfschmerzen und ich will einfach nur in mein Bett.« Zwar schienen seine Eltern nicht ganz so überzeugt davon zu sein, da es eine indirekte Aufforderung war, dass er aufstehen wollte, um in sein Zimmer zu gehen. Jisung dazu aber zu zwingen, war auch die falsche Herangehensweise und somit deutete sein Vater ihm, dass er gehen durfte. Zwar fühlte er sich auch nicht sonderlich wohl dabei, denn ihm wurde beigebracht, dass man nicht vorzeitig gehen sollte, aber er war auch froh, dass man ihm Verständnis entgegenbrachte.

Somit ließ er sich einfach auf sein Bett fallen als er sein Zimmer betrat, atmete tief durch und spürte zunächst nichts als Leere. Eine, welche ihn bedrückte, da er diese nicht sonderlich kannte und er somit auch nicht wusste, was er tun sollte. Es war anders als sonst, wo er auf seinem Bett lag und manchmal aus dem Nichts anfing zu weinen. Denn nun fühlte er nur dieses erdrückende, aber eben auch leere Gefühl in sich, welches er nicht deuten konnte und ihm jegliche Art von Emotionen verbot, von sich zu geben. Als hätte er verlernt wie es ist, so etwas zuzulassen, obwohl er sowas nie tat. Besonders nicht, wenn er allein war. 

Aber die ganze Sache von heute überforderte ihn mehr, als er eigentlich zugeben wollte. Er fühlte sich schutzlos, weil er sich bewusst war, dass er gegen Chan nichts machen konnte. Dieser hatte sich wie ein Parasit in seine Klasse eingenistet und sich einzelne herausgesuchte, um ihnen zu schaden. Und niemand machte etwas. Weder Lehrer taten etwas, noch Schüler. Obwohl sie ja eigentlich eine friedliche Klasse waren. Aber nun machten sie bei den Sticheleien mit. Entweder aus Angst, weil sie nicht die Nächsten sein wollten, die Chan sich herauspickte oder um ihr eigenes, noch so mickriges Ego zu pushen, um sich einmal in ihrem Leben als etwas besseres zu fühlen. 

Es war zwar für Jisung beschlossene Sache gewesen, dass er Felix davor schützen musste. Besonders vor Chan, auch wenn er selbst noch keine leiseste Ahnung hat, wie er das anstellen sollte. Und das bereitete ihn umso mehr Bauchschmerzen. Die Ahnungslosigkeit, welche in ihm herrschte.

𝗗𝗿𝗲𝗮𝗺 𝗼𝗳 𝗬𝗼𝘂 ✧ CHANJILIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt