7 - Paul & Oscar

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„PAUL!", schreit mein bester Freund vor meiner Zimmertür und ich schrecke hoch. Wird das jetzt immer so sein? Kurz überlege ich, welche Strategie ich heute fahren will.
Gericht, Café und so weiter? Wenn ich ins Café mitfahre, sehe ich sicher wieder diesen Typen, der mich gestern mit Kaffee begossen hat. Nein, danke. Also Migräne.

Die Tür geht auf und Leon stürmt herein.
„Wieso bist du nicht wach?"
Ich vergrabe mein Gesicht in meinem Kissen und stöhne: "Oh Leon, bitte nicht so laut. Ich hab' so Migräne!"
"Verarschst du mich? Wir müssen los!"
Ich stöhne erneut und verzerre mein Gesicht.
„Bitte Leon, ich weiß, dass du zum Gericht musst. Aber mir platzt gleich der Schädel. Ich habe vor zwei Stunden schon eine Tablette genommen und die hat nichts gebracht."

Jetzt sieht er besorgt aus. Hervorragend.
"Scheiße, Paul. So schlimm?", fragt er nun mitleidig.
Ich nicke nur und kneife die Augen zusammen. Lichtempfindlichkeit und so.
"Okay, ich hole dir einen kühlen Waschlappen und am besten eine Schlafmaske oder sowas für die Augen." Hektisch beginnt er, hin und her zu laufen.
"Leon", stöhne ich.
"Ja? Musst du kotzen? Brauchst du einen Eimer?"
"Nein, du musst zum Gericht. Ich komm' klar."

Plötzlich fällt ihm ein, dass er ja einen Termin hat. "Oh, okay. Danke, Paul. Bleib' liegen und mach' die Augen zu. Ich melde mich später."
"Viel Glück, Paul. Und genieß' die Fahrt zum Café."
Fragend sieht er mich an.
„Woher willst du wissen, dass ich meinen Führerschein zurück bekomme?"
"Vertrau' mir, das wirst du."

Kaum höre ich ihn und Mia unten wegfahren, stehe ich auf und gehe in aller Ruhe duschen. Ich überlege ernsthaft, ob ich in die Uni fahren und zum x-ten Mal diese blöde Arbeit in Analysis schreiben will. Zumindest kann ich die Fragen mittlerweile auswendig und mein verlässliches Ich verlangt, dass ich weiter davon ausgehe, dass ich morgen früh endgültig aus diesem Albtraum erwache.

Also mache ich mir erst mal einen Kaffee und setze mich an den Küchentisch. Während ich an meiner Tasse nippe, denke ich über den gestrigen - zumindest war es für mich gestern, das echte Gestern ist schon eine Woche her - Tag nach. Was stimmte nicht mit diesem Typen? Fuck, er hatte sich bei mir vorgestellt, doch ich hab seinen Namen vergessen. Klar ist nur, er heißt nicht Peter Pan. Da ich gerade keine andere Bezeichnung für ihn habe, muss ich ihn weiter so nennen.

Also, was stimmt nicht mit Peter Pan? Ich habe ihm mehr als deutlich gesagt, dass er mich in Ruhe lassen soll. Selbst, wenn er wie ich in dieser absurden Zeitschleife festhängt, soll er die Situation nicht noch schlimmer machen, indem er alles durcheinanderbringt. Je normaler wir uns verhalten, desto wahrscheinlicher ist es doch, dass das Leben für uns weitergeht. Oder?

Bevor mein Hirn vor Gegrübel komplett weichgekocht ist, mache ich mich auf den Weg zum Supermarkt. Schließlich habe ich noch einen Kuchen zu backen. Die Regale sind frisch bestückt und ich finde hervorragende Äpfel. Kurz überlege ich, ob ich nicht auch mal einen anderen Kuchen backen will, aber verwerfe den Gedanken sogleich wieder.

Zu Hause backe ich wie gewohnt meinen Kuchen und mache mich anschließend auf den Weg zur Uni.
In weniger als zwanzig Minuten bin ich mit der Arbeit fertig und hänge die restliche Zeit meinen Gedanken nach.

Was mache ich mit Jane, die gleich draußen auf mich warten wird? Lasse ich mich ankeifen oder erzähle ich ihr wieder, dass ich schwul bin? Nur dann wird sie mir heute Abend wieder diesen Widerling mit den fettigen Haaren vorstellen.
Ich will auch nicht schon wieder meine Mutter anrufen, denn das verlagert mein Problem nur und dass Jane mir wieder mitten im Flur eine Szene macht, ist das Letzte, was ich will.
Letztendlich entscheide ich mich für die Ausrede, dass ich schwul bin, zumindest ist sie so am Nettesten.

Die Prüfungszeit ist vorbei und ich gehe nach draußen, innerlich gewappnet auf ihre Annäherung. Doch die kommt nicht. Jane steht nicht da wie gewohnt.
Was ist hier los?
Ich sehe nach links, keine Jane.
Nicht, dass ich sie vermisse, aber irgendwas ist hier merkwürdig.
Ich sehe nach rechts, da steht sie am Ende des Korridors. Und neben ihr..

Wiederholungsfall | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt