14 - Oscar

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Mein Wecker auf dem Smartphone weckt mich pünktlich um 7:00 Uhr. Ich taste danach und schaue aufs Display. Freitag. Natürlich. Ich reibe mir meine Augen und seufze.

Sofort fällt mir der gestrige Tag wieder ein. Ich war so ein Idiot. Der Morgen hatte so gut angefangen. Unfassbar gut. Allein, wenn ich daran denke, wie Paul.. mein unschuldiger, schüchterner Paul.. vor mir auf die Knie ging und allen Ernstes das tat, wovon ich seit Tagen träumte, durchfährt mich ein wohliger Schauer.

Allerdings habe ich es offiziell geschafft, ihn zu vergraulen. Indem ich mich mal wieder nicht unter Kontrolle hatte, nur weil etwas nicht so lief, wie ich es wollte.

Es war nicht fair von mir gewesen, ihn wegzuschicken, nur weil ich den falschen Kuchen gebacken hatte. Ein dummer Kuchen. Und als würde es einen Unterschied machen - seine Mutter hätte ihn doch nie bekommen.
Sobald er zur Tür heraus war, tat es mir leid. Er sah so verwirrt und verletzt aus und ich war zu stolz, ihm zu folgen und um Entschuldigung zu bitten.

Nachdem ich das Chaos in der Küche beseitigt und Tinos dumme Fragen, was das gerade für ein hysterischer Ausbruch war, ignoriert hatte, versuchte ich, ihn anzurufen, doch bekam immer wieder die Mailbox. Also blieb mir nichts anderes übrig als bis zum Abend zu warten und bei Nicole mit ihm zu sprechen.

Wie schon einige Male zuvor stand ich wie ein Freak vor ihrer Haustür herum und sah erst Emma mit Leon und Mia, etliche andere Leute und.. keinen Paul. Er kam nicht. Ich stand zweieinhalb Stunden dort und er tauchte nicht auf. Ich traute mich nicht, zu ihm nach Hause zu gehen. Ich hätte es nicht ertragen können, wenn er mich weggeschickt hätte und allein die Erinnerung daran, dass ich genau das mit ihm gemacht hatte, ließ meine Reue ins Unermessliche steigen.

Entschlossen stehe ich auf und dusche schnell mit meinen üblichen Resten. Dann mache ich mich auf den Weg zu seiner Wohnung, auf dem Weg nach unten ignoriere ich Mrs. Rogers und den Postboten.

Ich renne schon fast zu seinem Haus und starre kurz verwirrt auf das Klingelschild. Wie heißt er? Oh Gott, ich kenne nicht mal seinen Nachnamen! Ich schaue nach oben und überlege, wo seine Wohnung ist. Dann drücke ich auf den Knopf neben Lambert, denn ich glaube, das ist der Richtige.

Zu meinem Glück summt kurze Zeit später der elektrische Türöffner und ich gehe die Treppen nach oben, bis ich vor seiner Tür stehe. Ich schaue auf die Klingel. Lambert. Paul Lambert. Das passt irgendwie zu ihm. Ich drücke auf den Knopf und warte.

Eilige Schritte von drinnen lassen vermuten, dass er da ist und plötzlich wird die Tür aufgerissen.
„Guten Morgen", sage ich und bin kurz etwas aus der Fassung. Er trägt nur eine dunkelblaue Boxershorts und ich zwinge mich, ihn nicht anzustarren.
„Es ist noch Freitag", sagt er schlicht.

Ich nicke nur und bevor er etwas sagen kann, platzt es aus mir heraus: „Es tut mir leid wegen gestern. Ich hätte nicht so austicken dürfen. Ich wollte dir eine Freude machen und dann hab' ich's versaut."
„Wir hätten auch darüber reden können", erwidert er kühl.
„Ja, ich hab einfach nicht nachgedacht. Und abends tat es mir leid und ich wollte dich anrufen.."
„Mein Handy war aus", fällt er mir ins Wort.
„Das habe ich gemerkt. Und dann war ich bei Nicole, aber du warst nicht dort.."
„Warum sollte ich auch? Du wolltest mich ja nicht sehen." Seine Stimme ist eiskalt und mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen.

Ich sehe ihm in die Augen und atme tief durch.
„Paul, es tut mir wirklich leid. Ich wollte dich nicht verletzen", sage ich aufrichtig und hoffe, dass er versteht, dass es mir ernst ist.
Er sagt nichts, sondern sieht mich einfach nur an. Dann öffnet er die Tür ein Stück, als würde er mich hereinbitten.
Plötzlich hört man eine laute Stimme unten im Treppenhaus.
„Ja, lass' den Motor an, ich hole ihn schnell!"

Wiederholungsfall | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt