12 - Oscar & Paul

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Mein Wecker auf dem Smartphone weckt mich pünktlich um 7:00 Uhr. Ich taste danach und schaue aufs Display. Freitag. Ich lasse meinen Kopf auf das Kissen zurückfallen und grinse, als ich an meinen gestrigen Freitag denke.

Nachdem Paul und ich unseren Kaffee ausgetrunken haben und die Röte auf seinen Wangen etwas nachgelassen hatte, sind wir gemeinsam einkaufen gegangen. Quark für seinen Käsekuchen und Kosmetikartikel für mich.
Von diesem dummen Kuchen will er sich einfach nicht abbringen lassen.

Anschließend gingen wir in seine Wohnung, da ich wusste, dass Tino bald nach Hause kommen würde und ich hatte keine Lust darauf, dass mein Mitbewohner dumme Geschichten aus meiner Vergangenheit erzählte. Außerdem konnte ich so gleich sehen, wo Paul wohnt und wir stellten beide fest, dass es von meiner Wohnung zu seiner gerade einmal zwanzig Minuten Fußweg sind.

Während er den Kuchen backte, durfte ich seine Regendusche benutzen und wenn diese Zeitschleife jemals endet, wird das das Erste sein, was ich mir kaufe. Natürlich habe ich nicht mein neues Duschgel verwendet, sondern seins.
Ich mag seinen Geruch.

Als ich aus dem Badezimmer kam, nur mit einem Handtuch um meine Hüften (okay, das war pure Absicht), waren seine Wangen schon wieder rot.
Allerdings machte er keine Anstalten, unsere kleine Erfahrung vom Morgen zu wiederholen. Stattdessen stammelte er etwas davon, dass der Kuchen noch eine Viertelstunde bräuchte und verschwand im Badezimmer, um ebenfalls zu duschen.

Ich nutzte die Zeit und besah seine ausgiebige DVD- und Büchersammlung. Als er mit feuchten Haaren und zu meiner Enttäuschung bereits fertig angezogen zurückkam, war ich bereits vertieft im dritten Kapitel von ‚Fahrenheit 451'.
„Magst du es?", fragte er und riss mich aus meinen Gedanken.
„Ja, ich hatte nie die Gelegenheit es zu lesen", gab ich zu.
„Ich leihe es dir gern aus."

Ich hob eine Augenbraue und er stockte kurz, bis ihm klar wurde, dass das nicht funktionieren würde.
„Vielleicht ist morgen ja Samstag", sagte er hoffnungsvoll.
„Ja, vielleicht", erwiderte ich, obwohl ich nicht daran glaubte. „Und sonst merke ich mir einfach die Seite."

Den Rest des Tages verbrachten wir auf seinem Sofa und schauten Filme über Zeitschleifen.
‚Und täglich grüßt das Murmeltier', ‚Happy Death day' und ‚Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei (sagen sie)'.
Beim letzten Film waren wir uns einig, dass unsere Zeitschleife sich nicht so auflösen würde und überhaupt brachte uns keiner eine wirkliche Erkenntnis.

Als es dunkel wurde, nickte Paul schließlich auf dem Sofa ein und ich beschloss, dass es Zeit wäre zu gehen. Ich wäre gern bei ihm geblieben, doch nachdem alles zwischen uns noch so neu war, wollte ich ihn nicht überfordern. Und meinen Schwanz, der sich in seiner Nähe kaum ruhig verhalten konnte, auch nicht. Also rüttelte ich ihn vorsichtig wach und verabschiedete mich, nachdem er in sein Zimmer getapst war.

In freudiger Erwartung wähle ich seine Nummer.
„Hallo?", kommt es verschlafen nach dem dritten Klingeln.
„Guten Morgen, Schlafmütze", hauche ich.
Ich meine, sein Lächeln zu spüren, auch wenn ich es nicht sehen kann.
„Hi", murmelt er zurück.
„Zu dir oder zu mir?", schnurre ich. Ich kann es einfach nicht lassen, besonders nicht, wenn ich weiß, dass er rot wird.
Er zögert kurz und antwortet dann: „Zu dir, dann entkomme ich Leon. Ich bin in einer halben Stunde da."

Er legt auf und ich liege wieder grinsend im Bett. Schnell schreibe ich meine Abfuhrtexte an Katherine und Steve. Da er Sam heute folglich nicht anrufen wird, muss der arme Steve diesen Tag leider ungevögelt verbringen.

Etwa zwanzig Minuten später klingelt es, ich muss wohl wieder eingedöst sein. Ich eile zur Tür und antworte über die Gegensprechanlage: „Ja?"
„Hey Oscar. Kann ich ein Paket für die Bowers bei dir abgeben?", höre ich eine gut gelaunte Stimme.
„Ja", murmele ich entnervt. „Stell' es vor meine Tür."

Wiederholungsfall | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt