9 - Paul & Oscar

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Mein Telefon klingelt und ich taste blind danach. „Hallo?", murmele ich verschlafen.
„Paul?"
Schlagartig bin ich hellwach. „Oscar?"
„Gott sei Dank, dieses Mal habe ich die richtige Nummer gewählt", seufzt er erleichtert ins Telefon.

Ich mag seine Stimme, auch, wenn ich das nie zugeben würde. Ich mag sowieso ziemlich viel an ihm. Die Art, wie er redet, seine Augen, sein Lächeln..

„Bist du noch da?", reißt seine Stimme - die ich übrigens mag - mich aus meinen Gedanken.
„Ja, entschuldige, ich bin noch etwas verschlafen. Ist noch Freitag?"
Er kichert leise. „Ja, aber heute freue ich mich darüber."
Ich muss selbst grinsen, denn mir geht es ebenso.
„Du weißt, was du zu tun hast?", fragt er mich.
Ich nicke, obwohl er es nicht sehen kann und sage: „Du hast deinen Teil schon erledigt?"
„Nein."
„Nein? Wieso nicht?"

Er lacht wieder und ich bekomme eine Gänsehaut.
„Weil ich zuerst dich anrufen wollte, Paul."
Ohne, dass ich es beeinflussen kann, werde ich rot. Zum Glück war es kein Videoanruf.
„Wirst du jetzt rot, Paul?", fragt er mich direkt.
Fuck, wie macht er das?
„Nein", lüge ich.
„Oh, Paul. Das mit dem Lügen üben wir noch. Wir sehen uns nachher", kichert er und legt auf.

Ich sehe auf mein Handy und seufze. Wie kann dieser Mann mich so schnell durchschauen?
Verwirrt schüttele ich den Kopf und schließe meine Augen, um mich an die gestern auswendig gelernte Nummer von Sam zu erinnern. Dann atme ich tief durch, unterdrücke meine Nummer und rufe die Nummer an.
Bitte Mailbox, bitte Mailbox, bete ich in meinem Kopf und das Universum erhört mich.

„Hey ho, hier ist die Mailbox von Sam. Ich rufe auf jeden Fall zurück!"
Hey ho?
Es piept und ich räuspere mich, bevor ich stammele: „Hi, du kennst mich nicht, aber ich hab' deine Nummer von Nicole, weil sie meinte, wir könnten uns vielleicht ganz gut verstehen. Ich bin heute um 9:00 Uhr im Coffee World, vielleicht hast du ja Lust zu kommen? Ach so, mein Name ist Steve."

Grinsend lege ich auf und gehe in aller Ruhe duschen. Leon taucht erst in etwa zwanzig Minuten hier auf und ich genieße es, dass ich zum ersten Mal seit langem nicht von seinem Geschrei geweckt werde.

Bevor Leon mein Haus stürmen kann, bin ich schon an der Haustür und begrüße ihn freudestrahlend.
„Morgen, Kumpel. Bereit, deinen Führerschein zurückzubekommen?", frage ich ihn.
Er zögert kurz und grinst schief. „Dein Wort in Gottes Ohr, Paul."
„Das wird schon." Ermutigend klopfe ich ihm auf die Schulter.

Selbstverständlich habe ich Recht und wir fahren anschließend, wie immer, zum Café. Ich sehe Oscar schon an seinem üblichen Tisch sitzen und mein Herz macht einen kleinen Satz. Er lächelt und nickt mir zu und ich frage mich, wie er sich wohl heute genannt hat.

Emma umarmt mich und hinter ihr erblicke ich Sam im gleichen T-Shirt, das er auch heute Abend bei Nicoles Party tragen wird. Er schaut mich interessiert an, doch ich weiche seinem Blick schnell aus, bevor er mich für denjenigen hält, mit dem er sich hier treffen soll.

Stattdessen grinse ich kurz in Oscars Richtung, bevor ich Leon von seinem Stuhl vertreibe. Heute möchte ich, dass Oscar seinen Spaß bekommt.

Wie erwartet taucht Emma wenig später mit dem Tablett auf, stellt mir plappernd meinen Red Eye vor die Nase und kurz darauf bekommt Leon seine Kaffeedusche. Ich lache laut und herzlich, am meisten darüber, wie Oscar sich an seinem Tisch amüsiert. Schließlich stehe ich auf, nehme meine Tasse und gehe zu ihm hinüber.

„Guten Morgen", lächele ich ihn an.
„Hi", grinst er zurück.
„Vergiss deinen Kaffee nicht, Peter Parker", deute ich auf die French Press.
Dankend sieht er auf die Uhr und drückt den Stab hinunter. „Hat Emma schon wieder meinen Namen verraten?"
„Hast du heute wirklich Peter Parker genommen?" Ich bin verblüfft und ein bisschen stolz. Offenbar kann nicht nur er mich durchschauen.

Wiederholungsfall | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt