Chapter 1

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Sie wurde von einem Pochen an der Fensterscheibe geweckt. Stöhnend drehte sie sich auf die andere Seite und versuchte weiter zu schlafen, doch es ging nicht und dieser gottverdammte Vogel wollte einfach nicht aufhören an die Scheibe zu klopfen. Sie richtete sich auf und tapste schlaftrunken ans Fenster.

Davor saß ein braunes Waldkäuzchen, das ihr anklagend ein Beinchen entgegenstreckte, an dem ein Brief festgebunden war. Vorsichtig löste sie das Papier und gab dem Vogel schnell einen Keks, den dieser eilig verschlang und sich wieder in die Lüfte erhob.

Sie betrachtete den Brief von allen Seiten und es wurde ihr schnell klar, dass dieses Schreiben nur aus Hogwarts kommen konnte. Das Wappen war einfach unverkennbar. Schnell brach sie das Siegel und konnte ihre Einladung an die Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei herausziehen. Aufgeregt las sie den Brief und mit einem siegessicheren Lächeln rannte sie die Treppen hinunter, um ihre Mutter zu wecken.

Allerdings stoppte sie am Treppenabsatz wieder und besann sich darauf, dass ihre Mutter wahrscheinlich wieder bis spät in die Nacht gearbeitet hatte und sicher nicht um sieben Uhr morgens geweckt werden wollte. Traurig legte das Mädchen den Brief auf den Küchentisch und verzog sich mit einem Buch, welches sie sich aus der städtischen Bibliothek ausgeliehen hatte, in ihr Zimmer.

Doch anstatt sich auf ihr Buch konzentrieren zu können, wanderten ihre Gedanken wie so oft in letzter Zeit zu ihrer Mutter. Diese arbeitete immer öfter bis weit nach Mitternacht und auch wenn sie sich damit herauszureden versuchte, dass sie viele Vorträge vorbereiten musste, glaubte ihre Tochter ihr kein Wort. Sie machte sich Sorgen um ihre Mutter. Seit ihrem elften Geburtstag verhielt sie sich immer komischer. Vor allem seit klar war, dass Libra definitiv nach Hogwarts kommen würde und eine Hexe war. Und dann war da auch noch die Sache mit ihrem Vater. Das Problem war nämlich, dass Libra gar nicht wusste, wer ihr Vater war. Sie hatte zwar inzwischen aus ihrer Mutter herausgekitzelt, dass er ebenfalls ein Zauberer war und sie somit ein Reinblut. Allerdings hatte sie weder den Namen, noch sonst irgendwelche Informationen.

Ihre Mutter wollte nicht, dass sie etwas über ihn herausfand und sie rastete immer total aus, wenn sie sie beim Recherchieren erwischte. Vielleicht war das der Grund, weshalb sie in einem Muggledorf aufgewachsen war und auch dort zur Grundschule gehen musste. Ihre Mutter wollte noch nie, dass sie Kontakt mit anderen Zauberern hatte. Und ganz offensichtlich sah das Mädchen auch exakt so aus wie ihr Vater, sie hatte fast keine Ähnlichkeiten zu ihrer Mutter, außer der kleinen Stupsnase und ihren grün-grauen Augen. Wahrscheinlich hätte sie von anderen Zauberern erkannt werden können.

Ja! Das war ganz sicher der Grund, warum ihre Mutter in letzter Zeit so anders geworden war. Natürlich konnte sie mit ihren zarten elf Jahren noch nicht die gesamte Situation erfassen und verstehen, das war ihr durchaus bewusst, allerdings erschien ihr das als die plausibelste Lösung.

Als es das nächste Mal klopfte, war es ihre Mutter, die sie beim Nachdenken unterbrach. Libra schaute auf und war verwundert, ihre Mutter lächelnd zu sehen. Diese schloss sie aber freudestrahlend in eine Umarmung, aus der sich Libra verzweifelt befreien wollte. Auch wenn es sie tierisch freute, dass es ihrer Mutter wieder besser zu gehen schien, war sie kein Freund von zu viel Körperkontakt. Ihre Mutter verstand und strubbelte ihr fröhlich über den Kopf. „Warum hast du mich nicht geweckt?", fragte sie immer noch lächelnd. „An so einem wichtigen Tag, darfst du mir zwei Stunden von meinem kostbaren Schlaf klauen."

Libra schaute sie entsetzt an „Woher weißt du, wann ich unten war?". Hatte sie sie etwa doch geweckt? „Dein Getrampel auf der Treppe war nicht zu überhören". Warum hatte ihre Mutter immer noch dieses Strahlen im Gesicht? Langsam wurde es gruselig. „Es tut mir so leid Mum. Mir ist zu spät eingefallen, dass du noch schläfst". Schuldbewusst senkte sie ihren Blick. „Das ist jetzt unwichtig. Wollen wir etwas frühstücken?", ihre Mutter streckte ihr eine Hand entgegen und zog sie aus ihrem Sessel.

„Wir sollten demnächst in die Winkelgasse gehen und alles kaufen, was du brauchst. Du kannst auch ein paar von meinen Sachen haben, aber natürlich sind die nicht so neu und, wie sagen die Muggles in deiner Klasse?, „cool"".

„Danke Mum. Ich nehme gerne deine alten Sachen. Alles neu zu kaufen wäre doch auch viel zu teuer."

Nach einem ausgiebigen Frühstück, bei dem sie sich über die neue Ausgabe einer Tränkezeitschrift unterhalten hatten, fingen sie an die beigeschickte Liste zu überprüfen. Einen Großteil hatten sie tatsächlich schon daheim und so mussten sie nicht mehr viel Neues kaufen. „So meine Kleine, Kessel habe ich wirklich genug und auch Gewichte kannst du von mir nehmen. Ein Teleskop sollte ich auch noch haben, siehst du mal eben im Keller nach?", bat ihre Mutter sie. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass sie nur noch drei Bücher und natürlich den Zauberstab brauchten, war es schon fast Zeit fürs Mittagessen. Den Rest des Tages arbeitete ihre Mutter vor, sodass sie am Wochenende Zeit hätten in die Winkelgasse zu gehen.

Another Snape?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt