Der nächste Tag begann früher als erwartet, da alle Mädchen in Libras Schlafsaal ihre letzten Sachen zusammenpackten um den Zug nach London nicht zu verpassen. Das Frühstück verlief schnell und chaotisch und alle lagen sich beim Abschied in den Armen.
Außer Libra, sie saß in der großen Halle, neben den Treppen zum Kerker und beobachtete die rührenden Abschiedsszenen. Sie schüttelte den Kopf. Sie musste nicht nach Hause. Ihr ging es hier gut und sie verstand ihre Mutter komplett. Sie versuchte die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken, drehte sich um und floh in den Kerker. Sie vermisste ihre Mum und sie würde sie gerade sogar einmal in den Arm nehmen, obwohl sie dass sonst so sehr hasste.
Auf dem Weg Richtung Gemeinschaftsraum begegneten ihr nur vereinzelte Schüler, die sie einfach ignorierte und an ihnen vorbei hastete. Im Gemeinschaftsraum angekommen schmiss sie sich auf ein Sofa und weinte.
Sie weinte so heftig, dass sie fast keine Luft mehr bekam. Sie bemerkte nicht, wie jemand den Raum betrat und als sie von diesem jemand in die Arme gezogen wurde, schlug sie aus Reflex um sich und blickte erst dann auf. Sie sah Draco ins Gesicht, der ihre Fäuste eingefangen hatte und jetzt ihre Hände in seinen hielt. Er sah sie besorgt an, doch sie riss sich los und stand auf. Energisch wischte sie sich die Tränenspuren aus dem Gesicht. Sie hob ihren Kopf und versuchte zu sprechen, ohne dass ihre Stimme brach.
„Alles gut. Wann gehen wir nochmal nach Hogsmeade?"
Draco schüttelte nur den Kopf und sagte: „Ich wollte dich gerade holen"
Sie nickte und trat noch einen Schritt zurück. „Ich wasch mir das Gesicht und zieh mich um, dann können wir los" sie drehte sich um und verschwand in ihrem Schlafsaal. Sie betrachtete sich einige Zeit im Spiegel. Ihre Haare waren schon wieder fettig, obwohl sie sie erst vor zwei Tagen gewaschen hatte. Sie seufzte resigniert und ging zu ihrem Kleiderschrank. Sie schälte sich aus der Schuluniform, die seit diesem Jahr auch bei Mädchen aus Hosen bestand, wenn diese es wollten und zog sich neue Klamotten aus dem Schrank. Da der erste Schnee schon vor einer Woche gefallen war, entschied sie sich für eine dicke schwarze Stoffhose und einen Rollkragenpullover in der gleichen Farbe. Außerdem kramte sie ihren schwarzen Wollmantel aus dem Schrank und zog ihn sich über. Danach schlüpfte sie nur noch in warme Winterstiefel und schnappte sich ihren Slytherinschal. Nach einem letzten prüfenden Blick huschte sie aus dem Raum und fand Draco schon an die Türe gelehnt auf sie wartend.
Unterdessen stand Severus Snape schon draußen vor dem großen Tor und wartete auf die Schüler. Es hatten sich nur sechs angemeldet, was angesichts der Ferien trotzdem eine große Zahl war. Zitternd klappte er den Kragen seines Mantels hoch und vergrub die Hände tief in seinen Taschen. Er mochte den Winter eigentlich. Es war so kalt, wie in seinen Kerkern, aber das Rumstehen ging ihm auf die Nerven. Warum mussten sich Schüler eigentlich immer verspäten? Plötzlich legte sich eine behandschuhte Hand auf seine Augen und er fuhr herum. Hinter ihm stand Lucius Malfoy höchst persönlich und grinste ihn an. „Was sollte das Luc?"
Angesprochener legte den Kopf schief und sah ihn fragend an. „Was sollte was? Dass du dich seit Anfang des Schuljahres nicht mehr bei mir gemeldet hast? Das war wirklich nicht sehr löblich von dir." Snape verdrehte die Augen „Du hast dich aber auch nicht bei mir gemeldet, also sind wir quitt" Lucius beugte sich zu ihm „Sind wir das? Ich wüsste da etwas, womit ich dich für deine Ignoranz bestrafen könnte" er hauchte einen leichten Kuss auf Severus Wange. Dieser trat einen Schritt zurück und sah sich hektisch um. „Hör auf! Hier könnten jeden Moment Schüler kommen" Lucius richtete sich auf und sah sich ebenfalls um. „Also ich sehe keine Schüler. Stell dich nicht so an Sev" Severus gab mit einem Knurren nach und trat wieder dichter an Lucius heran. Dieser zog Severus Kinn zu sich nach oben und küsste ihn vorsichtig auf die Lippen.
Ein Knarren ließ sie auseinanderfahren. Das Schultor öffnete sich und Draco und Libra traten ins Freie. Sie schauten ihren Lehrer und Lucius einen Moment sprachlos an, bis sich ein großes Grinsen auf Dracos Gesicht schob.
Allerdings sprach er nicht aus, was er dachte, sondern sah seinen Vater an „Was machst du hier Vater?". Lucius zog seine Augenbrauen aufgrund dieser außerordentlich netten Begrüßung nach oben. „Ich finde es auch schön, dich nach so langer Zeit wieder zu sehen Sohn. Ich habe mich sehr über deinen Brief gewundert, indem du angekündigt hast, erst am Sonntag zu kommen."
Libra drehte sich erstaunt zu Draco „Hast du den Brief nachdem oder bevor du mir gesagt hast, dass du am Wochenende Zeit hast, abgeschickt?"
Draco sah sie schuldbewusst an „Ich wollte dich nicht alleine nach Hogsmeade lassen" sie kniff die Augen zusammen und funkelte Draco wütend an „Sehe ich so aus, als ob ich einen Babysitter bräuchte?". Er seufzte „Nein natürlich nicht, aber ich wollte nicht, dass du dir einbildest, dass niemand Zeit für dich hat."
Lucius sah verwirrt zwischen seinem Sohn und dem kleinen Mädchen, dem er in den Sommerferien ein Buch geschenkt hatte, hin und her. Anscheinend war sie nach Slytherin gekommen, was ihn mit ein bisschen Stolz erfüllte.
„Fahren sie in den Ferien nicht nach Hause?", Lucius verstand einfach die letzte Aussage von seinem Sohn nicht.
Libra schüttelte den Kopf „Meine Mutter ist auf einem wichtigen Kongress in Frankreich."
Lucius nahm dies nickend zur Kenntnis, als auch schon die restlichen vier Schüler am Treffpunkt angelangten.
„Das wurde aber auch Zeit", schnarrte Snape in seinem üblichen herablassenden Tonfall. Mit einem Winken forderte er die Schüler auf, sich in Bewegung zu setzen. Lucius reihte sich dreist neben Severus ein und bildete somit mit ihm die Nachhut. Er lehnte sich etwas zu ihm rüber und flüsterte: „Warum fährt Miss Wilson nicht einfach zu ihrem Vater?". Severus drehte seinen Kopf zu ihm und sagte ebenfalls mit gesenkter Stimme: „Erstens woher weißt du, wie sie heißt und zweitens habe ich sie genau das Gleiche gefragt. Sie kennt ihren Vater nicht und kann ihn so auch nicht fragen, ob sie die Ferien bei ihm verbringen kann". Lucius beobachtete nach Severus Aussage einen Moment das kleine Mädchen, dass nur wenige Meter vor ihnen, neben seinem Sohn durch den Schnee stapfte. Sie lachte über etwas, dass Draco gesagt hatte und wirkte so unbeschwert und frei, wie elfjährige nunmal sind. Er wandte sich wieder Severus zu und beantwortete ihm seine Frage „Ich habe sie in den Sommerferien bei Flourish & Blotts getroffen und ihr ein Buch gekauft."
Severus sah ihn daraufhin an, als hätte er sich die Haare grün gefärbt und fragte: „Seit wann kaufst du wildfremden kleinen Mädchen Bücher?" Lucius schüttelte leise lachend den Kopf. „Wenn du das sagst, hört es sich gleich so falsch an. Aber es war ein sehr teures Buch und sie sah so aus, als wollte sie es unbedingt haben. Außerdem war die Konversation mit ihr sehr unterhaltsam" Snape schnaufte „Oh ja, das kann ich mir gut vorstellen. Welches Buch hast du ihr denn geschenkt?"
Lucius dachte einen Moment nach, bevor er antwortete: „Ich glaub es hieß, seltene Zaubertrankzutaten und wie sie richtig einzusetzen sind"
Severus neben ihm schnappte empört nach Luft „Lucius dieses Buch ist gerade einmal vor einem halben Jahr erschiene! Das habe nicht einmal ich gelesen"
Der Mann neben ihm zog grinsend eine Augenbraue hoch „Bist du neidisch? Ich kaufe dir auch ein Exemplar zu Weihnachten"
Severus sah immer noch nicht zufrieden aus und murrte etwas, was sich wie „Ach für mich braucht es einen besonderen Anlass, um mir etwas zu schenken", doch bevor Lucius antworten konnte, waren sie schon in Hogsmeade angekommen.
So jetzt kommt heute doch noch ein neues Kapitel. Ich musste nicht nur einmal schmunzeln beim Schreiben. Ich hoffe es gefällt euch. Insgesamt bin ich bei meiner Geschichte bei 10239 Wörtern!! Ich hätte nie gedacht, dass ich soviel schreiben kann, ohne dass mich das Thema anfängt zu langweilen.
DU LIEST GERADE
Another Snape?
FanfictionAls Libra ihren Hogwartsbrief bekommt und schon im Zug Freundschaft mit Draco Malfoy schließt, verspricht es ein aufregendes Jahr zu werden. Neben Schule und Hausaufgaben versucht sie Aufschluss darüber zu finden, wer ihr Vater ist. Und warum fühlt...