Kapitel 10 - Ein Strudel aus tausend kleinen Herzen

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Als ich Bela sah, schien meine Welt für einen Moment wieder in Ordnung zu sein. Er sah mich mit so einer Herzlichkeit an, sodass mir ganz warm im Brustkorb wurde. Noch nie zuvor hatte mich so beim Anblick eines anderen Menschen gefühlt.

"Wie geht es deinem Muskelkater?", erkundigte er sich fürsorglich.

Ich setzte einen gequälten Gesichtsausdruck auf. Nach dem ersten Training hatte ich Schmerzen in Körperteilen gehabt, von denen ich nicht einmal wusste, das dort Muskeln waren.

"Die ersten drei Tage konnte ich keine Treppen laufen! Ich habe mich gefühlt, als wäre ich 120 Jahre alt. Aber mittlerweile ist es erträglich geworden."

Bela schmunzelte.

"Aber das heißt, dass du wirklich alles gegeben hast. Wie ich gehört habe, warst du gestern auch wieder da und trainieren."
Ja, das war ich tatsächlich. Und der Hauptgrund war nicht einmal der Sport gewesen. Nachdem Streit mit meiner Mutter und der Instagram-Story von Charly hatte ich mich so einsam gefühlt, dass ich mich nach Menschen gesehnt hatte, die einfach nett zu mir waren. Genau das traf auf Pepe, Amirah und und Vito zu.

Auch gestern hatten sie mich unterstützt und motiviert. Ich fühlte mich von ihnen so angenommen, wie ich war und das war ein Gefühl, das ich nicht kannte. Ich hatte mich sogar dabei erwischt, wie ich mich selbst gefragt hatte, warum so überhaupt so nett zu mir waren. Als hätte ich es nicht verdient, dass auch mich mit Respekt behandeln sollte.

"Ja, ich denke, ich werde öfter hingehen." Er sah mich stolz an. Dieser Blick löste ein angenehmes Kribbeln in meinem Bauch aus. "Danke, Bela! Es war eine wirklich gute Idee!"

"Nicht dafür! Es freut mich einfach, dass es dir gefällt!"

Bela und ich hatten uns verabredet um Kanu zu fahren. Schließlich wollte ich einen aktiveren Lebensstil haben als bisher. Die Sonne belohnte uns für unser sportliches Vorhaben mit warmen Strahlen.

"Hast du das schon mal gemacht?", erkundigte sich Bela bei mir, während er das Boot ins Wasser ließ.

"Nein."

"Nicht schlimm! Der schwierigste Part ist es, überhaupt ins Boot reinzukommen. Steig du als erstes ein, ich halte das Boot fest."

Es war eine wackelige Angelegenheit mich in das Boot zu hieven und ich bemerkte, wie sehr sich Belas Arme anspannten, um das Boot stabil zu halten. Ich mochte mir diese Oberflächlichkeit eigentlich nicht eingestehen, doch ich muss mir auch eingestehen, dass ich seine Stärke äußerst attraktiv fand. Bela wirkte immer so, als hätte er alles im Griff. Nichts schien ihn aus der Ruhe bringen zu können.

Als ich eine bequeme Sitzposition gefunden hatte, schwang er sich elegant vor mich ins Boot. Er reichte mir das Paddel.

"Und jetzt müssen wir nur noch einen Rhythmus finden", gab er Anweisungen und zeigte mir, wie ich das Paddel zu halten hatte.
Er machte die ersten Schläge und ich versuchte mich ihm anzupassen. Hinter ihm zu sitzen, hatte den Vorteil, dass ich wieder dabei zu sehen konnte, wie seine Muskeln arbeiteten. Sein Körper war unfassbar stark.

Auch wenn ich mir wirklich Mühe gab, war er wohl derjenige, der das Boot voranbrachte.

"Wie war denn deine Woche?", erkundigte ich mich, als mir auffiel, dass wir uns eigentlich immer nur über mich unterhielten.

"Gut", antwortete er und an seiner Stimmung konnte man keinerlei Anstrengung heraushören. "Meine Kunden machen gute Fortschritte. Das freut mich immer sehr."
"Wer sind denn deine Kunden? Das sind doch bestimmt Promis, oder?"

Ich hatte mich schon länger gefragt, mit wem er zusammenarbeitete. Ich dachte hauptsächlich an Supermodels, die sich einen Personal Trainer leisten konnten.

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