Epilog

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Der Sand war fast so fein, wie das Mehl, mit dem meine Oma ihr Brot buk. Und er war auch fast so weiß. Ich hörte das Rauschen vom Meer und sah ein paar Surfern zu, wie sie gekonnte eine Welle nahmen.

Es erinnerte mich an meine erste Surfstunde, die ich erst letzte Woche bestritten hatte. Mir war es nicht einmal gelungen eine einzige Welle zu stehen. Doch das hinderte mich nicht daran, es weiter zu probieren. Denn das war Bela immer am wichtigsten gewesen: Niemals aufgeben. Ganz gleich wie aussichtslos die Situation auch schien. Aufgeben dürfte niemals eine Option sein, denn dann würde man nie vorankommen. Man musste für sein Glück kämpfen.

Ich drehte die Flasche, in der ein kleiner zusammengerollter Zettel lag, in meiner Hand. Das tat ich schon seit Stunden, denn es fiel mir schwer sie abzuschicken. Doch es war schon längst überfällig.
Ich erhob mich und lief die steinige Naturtreppe nach oben. Meine Haut war durch die australische Sonne mittlerweile schon sommerlich braun gebrannt und auf meiner Nase tummelten sich ein paar Sommersprossen.

Als ich oben ankam, schnaufte ich einmal durch und ging zum Rande der Klippe. Man hatte von hier eine wunderschöne Aussicht auf das dunkelblaue Meer und den Strand, der eingekesselt von hohen Klippen war. Hier schossen die Wellen gegen die Felsen. Es war ein wahres Naturspektakel.

Ich würde weit werfen müssen, damit die Flasche nicht sofort zerschellte. Ich ging sicherheitshalber noch ein paar Schritte weiter, wo die Wellen nicht ganz so hoch waren.

Zwei Monate war ich nun schon in Australien und ich war tatsächlich ganz allein gegangen. Ich hatte solche Angst gehabt, doch Bela hatte wie immer Recht behalten. Es war das beste gewesen, was ich hätte tun können. Schon innerhalb dieser zwei Monate war ich offener, mutiger und sozialer geworden. Ich erkannte mich selbst kaum wieder. Fremde Menschen anzusprechen war mit einem Mal kein Problem mehr. Und Freunde hatte ich, ohne dass ich mich anstrengen musste. Es war am Anfang schwer gewesen und ich hatte einen ständigen Kampf mit meinem Schatten geführt, über den ich stets hatte springen müssen. Doch nun war ich auf der Sonnenseite gelandet.

Einen Nachteil hatte die Sache jedoch: Pepe war in Deutschland zurückgeblieben.

Doch in zwei Monaten würde er seine Bachelor-Arbeit abgeben und mich besuchen kommen. Es war eine harte Probe, auf die unsere junge Beziehung gerade gestellt wurde, doch wenn wir das überstehen konnten, dann auch alles andere.

Ich holte weit aus und schmiss die Flasche mit aller Kraft in die Ferne. Ich sah zu wie sie im Wasser landete und von der Strömung davongetragen wurde. Genau, wie Bela davongetragen wurde.

Ich stellte mir vor, wie die Flasche irgendwie zu ihm gelangte und er noch die Worte lesen könnte, die ich an ihn geschrieben hatte. 

Meet me under the cherry treeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt