Cassiopeia
„Fuck, ich glaube, ich habe die Picknickdecke zu Hause vergessen." Kadeem stieß einen genervten Seufzer aus, während Ranielle und ich einen skeptischen Blick austauschten.
Der Trainer musste die Jungs heute besonders hart rangenommen haben, sodass Kadeems Gehirn immer noch etwas unterversorgt mit Sauerstoff war, denn er trug die Tasche mit der blauen Decke in seiner linken Hand. Eben am Auto hatte er uns noch gezeigt, dass es möglich war, die Picknickdecke in die bereits viel zu volle Tasche zu quetschen, anstatt sie einfach in der anderen Hand zu tragen oder an Ranielle oder mich zu geben. Aber offensichtlich hatte er das schon wieder vergessen.
„Wie gut, dass ich zaubern kann", antwortete Ranielle grinsend und trat zu Kadeem, um die Decke aus der Tasche zu ziehen. „Wir können es ja einfach mal mit dieser Decke probieren."
„Die sieht ja genau aus wie meine", staunte Kadeem, der immer noch etwas neben sich war und kratzte sich irritiert am Kopf.
„Das ist deine, du Idiot", antwortete Ranielle lachend und boxte ihm freundschaftlich gegen den Arm. „Was haben die heute nur mit euch beim Training gemacht? Euch das Gehirn amputiert?"
Jetzt musste auch ich lachen. Offensichtlich hatte meine beste Freundin denselben Gedanken wie ich.
Kadeem ließ die Tasche aus seiner Hand zu Boden gleiten und fuhr sich durch die kurzen Haare. Seine braunen Augen funkelten amüsiert in Ranielles Richtung. „Ja genau. Wir führen jetzt eine Studie durch, ob Footballer ohne Gehirn besser spielen als mit. Das Blut gehört schließlich in die Waden und nicht in so überflüssige Organe wie das Gehirn", scherzte er. „Nein, ich habe einfach nur ein bisschen zu wenig geschlafen. Mein Kurzzeitgedächtnis spielt mir heute schon den ganzen Tag Streiche. Ich habe heute Morgen einfach für zehn Minuten in der falschen Klasse gesessen, bis mir aufgefallen ist, dass ich die ganzen Schüler gar nicht kenne."
Jetzt lachten wir alle nur noch mehr. So verpeilt konnte auch nur Kadeem sein. Aus Erfahrung wusste ich, dass mein bester Freund, wenn er nicht auf seine vollen neun Stunden Schlaf kam, tagsüber mehr Zombie als Mensch war.
Wahrscheinlich hatte er gestern Abend wieder zu lange mit Ranielle geschrieben, denn auch wenn die beiden es vehement leugneten, spürte ich auch in diesem Moment das Knistern zwischen ihnen in der Luft. Ich verstand nur nicht, warum meine besten Freunde nicht offiziell zu ihren Gefühlen standen. Gerade Ranielle reagierte jedes Mal total abweisend, wenn ich sie darauf ansprach, aber ich war mir sicher, dass auch sie etwas für Kadeem empfand.
„Dann hoffe ich mal, dass du uns nicht gleich einschläfst, sonst muss ich deine Klapperkiste nach Hause fahren", meinte ich immer noch mit einem Grinsen auf den Lippen. Dabei graute es mir vor dem Gedanken, tatsächlich mit Kadeems Auto zu fahren, denn jedes Mal, wenn es auch nur minimal beschleunigte, musste man sich fürchten, dass es auseinanderfiel. Ich konnte für ihn nur hoffen, dass er damit niemals in eine Polizeikontrolle geraten würde.
Trotzdem hatten wir es heil auf die Belle Isle geschafft, um unser Wochenende mit einem Picknick am Detroit River einzuleiten. Ranielle und ich hatten den ganzen Nachmittag in der Küche gestanden und kleine Snacks vorbereitet, aber den besten Schokokuchen buk immer noch Kadeem und er hatte versprochen einen mitzubringen und das hatte er zumindest nicht vergessen.
So waren wir mit genug Essen für eine ganze Footballmannschaft ausgestattet vom Parkplatz zu einem schönen Platz am Wasser gelaufen und ich war wirklich froh, dass wir die Picknickdecke nicht vergessen hatten, denn ich wäre definitiv nicht bereit gewesen, die ganzen Sachen nochmal zurück zum Auto zu schleppen. Dann hätten wir halt einfach auf dem Boden sitzen müssen.
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Dark Nights in Detroit
Teen Fiction》Und in den Glasscherben der zerschmetterten Bierflasche spiegelten sich all unsere zerbrochenen Träume und Hoffnungen wider, während die dunkle Nacht schonungslos über uns hereinbrach. Kein einziger Stern war zu sehen, als hätte selbst der Himmel a...