KAPITEL 18

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Cassiopeia

Mit zittrigen Händen goss ich mir einen großen Schuss Vodka in meinen Orangensaft und führte den Becher dann auch sogleich zu meinen Lippen, wobei ich mich jedoch die ganze Zeit beunruhigt umblickte. Ich hatte mich mit einer halbherzigen Ausrede von Diego davongestohlen, um mir einen Drink zu besorgen, da ich wusste, dass ich den heutigen Abend sonst nicht überstehen würde. Normalerweise trank ich keinen Alkohol, unter anderem weil Diego es hasste, wenn ich das tat, während er sich selbst natürlich abschießen durfte, wie er wollte. Aber heute machte ich da mal eine Ausnahme.

Es war mir zwar klar gewesen, dass Emilio und sein Freund heute auf der Afterparty dabei sein würden, wo sie jetzt offiziell zum Footballteam unserer Schule dazugehörten, doch ich hatte mich immer noch an die leise Hoffnung geklammert, dass wir uns nicht über den Weg laufen würden, schließlich war das Gelände um das Bootshaus herum echt groß.

Diese Illusion war jedoch schon nach wenigen Minuten zerplatzt, als ich zusammen mit Diego und seinen Kumpels draußen vor dem hölzernen Gebäude gestanden hatte, damit die Jungs rauchen konnten und ich plötzlich einen Blick auf mir gespürt hatte. Seinen Blick. Noch bevor ich mich umgedreht hatte, hatte ich gewusst, wer dort stand. Es war, als würde seine alleinige Anwesenheit dazu führen, dass sich die kleinen Härchen auf meinen Armen aufstellten und ich eine Gänsehaut bekam.

Natürlich hatte ich der Versuchung nicht widerstehen können und mich ebenfalls umgedreht, nur um von dem intensiven Blick aus Emilios karamellbraunen Augen beinahe überwältigt zu werden. Wie konnte es nur sein, dass er immer noch Interesse an mir hatte, wo ich doch so abweisend und gemein zu ihm war? Und wie konnte es sein, dass ich mir wünschte, dass er niemals damit aufhören würde? Das war doch vollkommen absurd.

Egal wie unglücklich ich mit Diego war, er war immer noch mein Freund und ich würde ihn niemals hintergehen. Außerdem war er die letzte Woche so freundlich und zuvorkommend zu mir gewesen wie noch nie. Er hatte Adhara und mich täglich morgens von zu Hause abgeholt, um sie und dann uns zur Schule zu fahren. Außerdem hatte er mich mehrfach zum Essen ausgeführt und ich konnte nicht leugnen, dass wir echt eine schöne Zeit miteinander verbracht hatten.

Wenn er seine Emotionen unter Kontrolle hatte, war er wirklich ein anständiger Kerl, aber leider musste ich permanent damit rechnen, dass seine Laune innerhalb einer Sekunde umschlagen würde. Egal wie nett und charmant Diego sein konnte, er war eine tickende Zeitbombe und das machte mir mehr Angst als alles andere. Ich wollte doch nur ein bisschen Sicherheit und Stabilität in meinem Leben haben und das würde er mir niemals geben können. Aber ein dreiviertel Jahr würde ich noch mit ihm überstehen. Ich musste.

Ohne es bemerkt zu haben, hatte ich bereits den ganzen Becher geleert und schenkte mir noch einmal nach. Dann bahnte ich mir einen Weg durch die tanzenden Menschen nach draußen, damit Diego sich nicht wunderte, wo ich so lange blieb.

Er, Tyrone, Madox und Jim standen immer noch an der alten Eiche, die vor dem Eingang des Bootshauses wuchs und eine wirklich imposante Erscheinung war. Die Sonne neigte sich hinter ihren knorrigen Ästen bereits dem Untergang zu, während die Stimmung der feiernden Schüler immer ausgelassener wurde.

Nur ich konnte mich von der guten Laune der anderen nicht so ganz anstecken lassen. Wenigsten spürte ich, wie der Alkohol sich seinen Weg in mein Blut bahnte und meine Anspannung etwas linderte. Das fühlte sich gut an, aber ich musste aufpassen, dass ich nicht zu viel trank und sämtliche meiner Schutzschilde fallen ließ. Während ich mich sonst immer gut unter Kontrolle hatte, machte Alkohol mich leider schrecklich emotional.

Bei den Jungs angekommen, begrüßte ich Diego mit einem Kuss auf die Wange und schenkte ihm dann das beste Lächeln, das ich zustande kriegte. Er hingegen zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.

Dark Nights in DetroitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt