CassiopeiaVollkommen überfordert blickte ich Emilio nach, nachdem er mich einfach mitten im Satz stehengelassen hatte. Er hatte wirklich wütend ausgesehen. Wütend und verletzt. Und irgendwie traf mich das auch.
Aber noch viel schlimmer war, dass er mit allem, was er gesagt hatte, Recht hatte. Ich war das Arschloch, nicht er. Ich hatte mit ihm immer wieder geflirtet und ihm falsche Signale gesendet und jetzt hatte er mir trotzdem aus der Klemme helfen wollen. Er hatte es wirklich gut gemeint, doch als ich plötzlich seine Stimme hinter mit vernommen hatte, waren sämtliche Sicherungen bei mir durchgebrannt. Ich wollte nicht, dass er immer wieder in meiner Nähe auftauchte und mich daran erinnerte, wie unglücklich ich mit Diego eigentlich war. Wenn ich mit Emilio redete, fühlte es sich immer so leicht und unbeschwert an, außer heute natürlich.
Heute hatte ich ihn zum ersten Mal richtig aufgebracht erlebt, was ihm nach meiner völlig übertrieben Reaktion nicht zu verdenken war. Ich hasste es, wenn ich selber nicht in der Lage war, meine eigenen Probleme zu lösen, sei es auch nur ein Eis zu bezahlen und es hatte tatsächlich meinen Stolz verletzt, mir von ihm helfen lassen müssen. Die Situation war einfach so unglaublich beschämend für mich gewesen, da waren meine Emotionen mit mir durchgegangen und ich hatte ihn eigentlich völlig grundlos angepampt. Emilio war nicht Diego, der Mädchen nur half, um sich an sie heranzumachen. Emilio musste wirklich etwas an mir liegen, wenn er mir nach all den Malen, die ich ihn schon abgewiesen hatte, trotzdem geholfen hätte. Doch dieses Mal war ich mir sicher, dass er nicht wieder zurückkommen würde. Ich hatte ihn endgültig von mir weggestoßen.
„Komm schon, Cassie, was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen? Du wirkst schon den ganzen Morgen völlig neben der Spur." Ranielle sah mich aus ihren großen, braunen Augen besorgt an, doch ich tat so, als würde ich etwas in meinem Spind suchen, um ihrem Blick auszuweichen. Ich wollte nicht darüber reden, was seit gestern Abend in mir vorging, auch nicht mit meiner besten Freundin. Ich wusste ja selber nicht mal, was mit mir los war. Warum ich die ganze Nacht Emilios verletzten, wütenden Blick vor meinem inneren Auge gesehen hatte. Warum ich mir sicher war, dass er mich dieses Mal wirklich in Ruhe lassen würde. Und warum ich mir das aus irgendeinem Grund nicht wünschte.
Auf der einen Seite nervte es mich, dass Emilio immer wieder in meiner Gegenwart auftauchte. Ich war mit Diego zusammen und sollte andere Jungs eigentlich noch nicht mal angucken, schon gar nicht auf die Weise, wie ich es bei Emilio tat. Auf der anderen Seite machte mein Herz jedes Mal einen kleinen Sprung, wenn ich ihn unerwartet irgendwo traf. Ich unterhielt mich gerne mit ihm und würde ihn gerne näher kennenlernen. Doch das ging nicht, noch nicht mal als Freund. Das würde Diego niemals zulassen.
„Ich habe schlecht geschlafen, das ist alles", antwortete ich schließlich halbherzig, als ich meinen Kopf wieder aus meinem Spind herauszog, ich konnte mich nicht ewig vor Ranielle verstecken.
Doch meine beste Freundin schien meine Lüge nicht zu schlucken, sie durchschaute mich immer viel zu schnell. „Ist schon wieder etwas mit Diego passiert?", fragte sie, ohne die Abscheu, die in ihrer Stimme lag, zu verbergen. Sie hatte noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie meinen Freund absolut nicht ausstehen konnte.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, die letzten Tage war tatsächlich echt schön. Diego schickt mir neuerdings immer süße Guten-Morgen-Nachrichten und hat mich gebeten, ihn heute vom Footballtraining abzuholen, weil er eine Überraschung für mich hat."
Aber warum dachte ich dann immer zu an Emilio?
Ich sollte echt schleunigst damit aufhören, wo es gerade mit Diego und mir bergauf ging. Schließlich war Diego mein Freund und ich liebte ihn. Oder? Oder?
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Dark Nights in Detroit
Novela Juvenil》Und in den Glasscherben der zerschmetterten Bierflasche spiegelten sich all unsere zerbrochenen Träume und Hoffnungen wider, während die dunkle Nacht schonungslos über uns hereinbrach. Kein einziger Stern war zu sehen, als hätte selbst der Himmel a...