CassiopeiaDas Klingeln zum Ende der Pause riss mich aus meinen Gedanken. Diego schien es ähnlich zu gehen, denn auch sein Blick wirkte für eine Sekunde etwas verklärt. Doch dann schenkte er mir ein schelmisches Grinsen.
„Wollen wir schwänzen und einfach zu mir fahren?", fragte er mich und ließ seinen Autoschlüssel am Finger baumeln.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe doch gleich mein Referat in Physik", entgegnete ich.
Diego griff sich an die Stirn. „Ach ja, stimmt. Sorry, das hatte ich über den ganzen Wirbel eben schon wieder verdrängt. Dann bringe ich dich aber zum Raum und wir sehen uns danach, okay?", schlug er stattdessen vor.
„Das klingt gut", antwortete ich lächelnd.
Diego griff nach meiner Hand, doch dieses Mal zog er mich nicht hinter sich her, sondern wir liefen einträchtig nebeneinander in die Mensa, um unsere Taschen zu holen. Maddox und Tyrone schienen sichtlich erleichtert aufzuatmen, als sie Diego und mich zusammen den Raum betreten sahen, sie waren schließlich diejenigen, die Diegos schlechte Laune nach unseren Streits ertragen mussten.
Diego ließ es sich nicht nehmen, meine Tasche für mich zum Raum zu tragen, den wir gerade noch rechtzeitig zum zweiten Klingeln erreichten. So blieb nur Zeit für einen ganz kurzen Abschiedskuss, dann huschte ich schnell in das Klassenzimmer, während Diego mir noch nachrief, dass er mich nachher von hier abholen würde.
Ich ließ mich auf meinen Platz neben Ranielle in der letzten Reihe fallen, die mich mit einem bedeutungsschweren Blick anschaute, der so viel sagte wie „Du hast mir einiges zu erklären". Ich nickte als Antwort darauf. Auch wenn es mir etwas davor graute, brauchte ich unbedingt den Rat meiner besten Freundin, aber nicht im Unterricht, vor allem da unserer Lehrer den Kurs gerade bereits begrüßte. Ich packte derweil meine Karteikarten aus und kontrollierte nochmal, ob sie auch in der richtigen Reihenfolge waren.
Doch in diesem Moment wurde die Tür noch einmal aufgestoßen und Emilio trat ein. Mein Herz setzte einen Schlag aus und noch einen weiteren als mein Blick auf seine rechte Hand fiel. Die Knöchel waren aufgeschlagen und blutverkrustet, als hätte Emilio gegen eine Wand oder irgendeinen anderen harten Gegenstand geschlagen.
Ich suchte mit meinen Augen nach seinem Blick, doch Emilio schaute durch mich hindurch als wäre ich Luft und setzte sich mit einem Plumpsen auf seinen Platz zwei Reihen vor mir. Auch wenn ich mir auf die Entfernung nicht sicher sein konnte, hatte ich das Gefühl, dass sein Körper vor Anspannung bebte und ich fragte mich, was gerade in seinem Kopf vorging. Es musste ihn ziemlich verletzt haben, Diegos und meinen Kuss zu beobachten, denn während er sonst immer absolut selbstsicher auftrat, als könnte ihm niemand etwas anhaben, wirkte Emilio nun ganz schön neben der Spur.
Doch mir blieb nicht viel Zeit, weitere Überlegungen anzustellen, denn unser Physiklehrer betrat den Raum und forderte mich nach einer kurzen Begrüßung auf, mit meinem Referat zu beginnen. Ich lief mit meinen Karteikarten nach vorne zur Tafel. Da unsere Schule noch nicht mit modernen Whiteboards ausgestattet war – dazu fehlte es an Geld – hatte ich ein paar Abbildungen ausgedruckt, die ich während meines Vortrages herumgeben wollte.
Ich begrüßte meine Klasse und legte dann los mit meinem Referat über Teilchenbeschleuniger. Es machte mir nichts aus, vor vielen Menschen zu sprechen, das war ich durch meine Rolle im Schülervorstand schließlich gewöhnt, deshalb erklärte ich meinen Mitschülern ruhig und souverän, worum es sich bei einem Teilchenbeschleuniger handelte. Da Emilio stur auf seinen Tisch blickte, gelang es mir sogar relativ gut, seine Anwesenheit auszublenden. Nach einer knappen Viertelstunde – mir war die Zeit kürzer vorgekommen, den anderen wahrscheinlich länger – beendete ich meinen Vortrag mit: „Wenn ihr noch Fragen habt, versuche ich gerne, diese zu beantworten."
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Dark Nights in Detroit
Teen Fiction》Und in den Glasscherben der zerschmetterten Bierflasche spiegelten sich all unsere zerbrochenen Träume und Hoffnungen wider, während die dunkle Nacht schonungslos über uns hereinbrach. Kein einziger Stern war zu sehen, als hätte selbst der Himmel a...