Emilio
„Ich kann nicht sagen, dass ihr letzten Freitag gut gespielt habt. Die letzten fünf Minuten und die Verlängerung waren gut, der Rest war abgrundtief scheiße, um es mal freundlich auszudrücken", dröhnte unser Trainer am Montagnachmittag in unserer Umkleidekabine.
Ich verkniff mir zu sagen, dass das vor allem Diegos one-man-show geschuldet war, schließlich hatten die anderen aus dem Team genauso schlecht gespielt. Es hatte nichts funktioniert, die Dynamik der Mannschaft war einfach nicht dagewesen. Ich hatte das Gefühl, dass viele der Jungs aus dem Abschlussjahrgang auf ein Sportstipendium aus waren und nur selber glänzen wollten. Dabei vergaßen sie jedoch, was wirklich zählte – das Team.
Unglaublich, dass ich nach so kurzer Zeit schon so in diesen Sport hineingewachsen war und es mich störte, wenn etwas nicht lief, während ich vor einigen Wochen noch nicht mal eine Ahnung von den Regeln hatte. Aber bei allem Sportsgeist durfte ich nicht aus den Augen verlieren, weshalb Sid und ich wirklich hier waren. Wir brauchten langsam mal einen Plan, wie wir die Devils hochnehmen konnten – unsere Zeit lief wie bei einer tickenden Zeitbombe.
„Wir werden uns deshalb in den nächsten Wochen vor allem auf unsere Gesamtleistung als Team konzentrieren", fuhr Coach Bolton fort. „Das gilt vor allem auch für dich, Russo."
Er warf Diego einen vorwurfsvollen Blick zu, doch dieser bemerkte das gar nicht, so vertieft war er in sein Smartphone. Erst als Marley, der neben ihm saß, ihm seinen Ellbogen in die Rippen stieß, blickte er auf.
„Hää, was?", fragte er verwirrt. Offensichtlich hatte er während der Rede unseres Trainers vollkommen auf Durchzug geschaltet.
Das wurde jetzt auch Coach Bolton bewusst, denn seine Miene verfinsterte sich und er verschränkte seine Arme vor der Brust. „Ich hätte gedacht, dass es dich als Captain des Teams mehr interessieren würde, was ich zu sagen habe. Aber wahrscheinlich meinst du, dass du eh alles besser kannst. Also gut, von mir aus kannst du gerne weiterhin dafür sorgen, dass sich unsere Mannschaft zum Gespött aller Schulen macht", warf er dem braunhaarigen Jungen vor.
Man konnte sehen, wie es in Diego zu brodeln begann. Seine Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen und es war fast, als würde jeder im Raum nach Deckung suchen, in der Ahnung, was jetzt passierte. Auch ich hatte in der kurzen Zeit gelernt, dass es nicht viel brauchte, um Diego zum Explodieren zu bringen und heute war er offensichtlich in besonders gereizter Stimmung. Doch ich hätte niemals erwartet, dass er sich gegen unseren Coach erheben würde, denn wäre er sein Amt als Captain wohl schneller los, als er blinzeln konnte.
Das schien auch Diego wieder einzufallen, denn anstatt etwas bissiges zu erwidern, nickte er nur. „Tut mir leid, Coach", presste er eine Entschuldigung hervor, die er aber ganz sicher nicht so meinte. „Wird nicht wieder vorkommen."
Ich konnte mir vorstellen, dass diese öffentliche Demütigung einen gewaltigen Knacks in Diegos Ego hinterlassen hatte und dass wir die Folgen davon noch deutlich spüren würden, doch für den Moment war ich einfach froh, dass die Situation nicht eskaliert war. Obwohl ich es Diego gegönnt hätte aus der Mannschaft zu fliegen, aber das hätte unseren ganzen Plan auf den Kopf gestellt.
„Gut. Dann seht zu, dass ihr eure faulen Ärsche aufs Spielfeld kriegt und wir anfangen können", rief unser Trainer und klatschte auffordernd in die Hände.
Dann verließ er den muffigen Raum und die Jungs folgten ihm nach und nach. Nur Diego lief in die entgegengesetzte Richtung zu den Duschen, sein Handy schon wieder in der Hand.
Ich tauschte einen verwunderten Blick mit Sid aus, der neben mir stand. Irgendetwas stimmte mit Diego nicht, er war völlig neben der Spur.
Sid schien das ebenfalls zu bemerken. „Guck nach, was er macht. Ich geh schon mal raus und liefere dem Coach eine plausible Ausrede, wo ihr steckt. So wie es aussieht, ist mit dem heute nicht gut Nüsse essen", raunte er mir zu.
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Dark Nights in Detroit
Fiksi Remaja》Und in den Glasscherben der zerschmetterten Bierflasche spiegelten sich all unsere zerbrochenen Träume und Hoffnungen wider, während die dunkle Nacht schonungslos über uns hereinbrach. Kein einziger Stern war zu sehen, als hätte selbst der Himmel a...