29. Kapitel: "Sicherheit als Fata Morgana, aber Hakuna Matata."

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Am Morgen danach ist der Himmel grau, aber er strahlt. So sehr, dass ich das Licht leider nicht mehr ignorieren kann, weil ich dem Fenster genau zugewandt liege. Sich auf den Rücken drehen hilft nicht. Erstens ist es dann noch immer zu hell, zweitens müsste ich dafür Pari loslassen und darauf habe ich keine Lust. Sie schläft friedlich in meinen Armen, als wäre es das Normalste der Welt. Ich betrachte ihr Gesicht. Auch ohne ein einziges Gramm Schminke ist sie noch wunderschön. Vorsichtig streiche ich eine ihrer Haarsträhnen zurück, aber offenbar nicht vorsichtig genug. Ihr Atem, der bis eben noch gleichmäßig und ruhig war, stockt, kurz bevor sie die Augen aufschlägt, blinzelt und sich zu orientieren versucht.
„So hell", nuschelt sie verschlafen, dreht sich zu mir um und vergräbt ihr Gesicht an meiner Brust. Ich ziehe ihre Decke ein Stück höher, streiche über ihren Arm. Es fühlt sich noch immer komisch an, sie in meiner Nähe zu haben, ohne fürchten zu müssen, dass sie gleich abhaut.
„Dag?", höre ich sie leise fragen.
„Hm?"
„Machst du Kaffee?" Ich seufze geräuschlos.
„Boah, nee. Ich schlafe", murre ich, schließe die Augen und drücke sie an mich.
„Stimmt gar nicht, du redest im Schlaf nicht."
„Doch, doch", gähne ich. „Hab ich mir angewöhnt, während du weg warst."
„Vor allem hast dir einen Kaffeevollautomaten angeschafft, während ich weg war", kommt sie auf das eigentliche Thema zurück. Ich lache leise.
„Hätte ich das früher gemacht, wärst du dann bei mir geblieben?", frage ich sie.
Pari zuckt gespielt gleichgültig die Schultern. Sie kratzt mit ihren Fingernägeln leicht über meine Brust, fährt die Buchstaben aus Tinte darauf nach.
„Vielleicht."
Ich zwicke sie in den Hintern und sie rammt mir dafür ihr Knie in den Oberschenkel.
„Das war knapp", atme ich erleichtert auf und entlocke ihr ein Lachen damit.
„Selbst schuld. Was musst du mich denn so stressen?"
„Ich stresse dich? Du quengelst doch wegen diesem Scheiß-Kaffee", gebe ich amüsiert zurück.
„Dann bleib halt liegen, ich will deinen blöden Super-Kaffee gar nicht mehr", stöhnt sie theatralisch und schmiegt sich an mich. Eine Weile kehrt Stille ein. Pari küsst mich immer mal wieder, aber wir bleiben hauptsächlich dösig liegen, bis sie sich aufrichtet. Die Decke rutscht ihr runter. Ich weiß, dass ich starre und dass es unhöflich ist, mir ist das aber herzlich egal. Sie dreht mir den Kopf zu. „Okay, ich mache uns Kaffee. Aber wenn du mir nicht zeigst, wie man mit dem Ding umgeht, mache ich die Maschine vielleicht aus Versehen kaputt", warnt sie mich.
„Wenn du sie kaputt machst, musst du sie mir ersetzen", sage ich grinsend, richte mich ebenfalls auf und lehne mich gegen den Bettrahmen.
Pari legt sich auf mich, küsst mich und ich streichle sie, halte sie bei mir. Als wir uns voneinander lösen ist, es genau wie gestern am Abend. Sie sieht mir in die Augen, ich erwidere ihren tiefen Blick – „Kaffee?", fragt sie mich dann und lacht, als ich ein unzufriedenes Knurren von mir gebe, bevor ich sie von mir runter und auf die Matratze schiebe.
„Hast du eigentlich noch andere Charaktereigenschaften außer Kaffee, Bambi?", will ich wissen und sie stößt einen empörten Laut aus, den ich mit einem Kuss ersticke. Schmollend schiebt sie die Unterlippe vor.
„Kaffee ist nicht meine einzige Charaktereigenschaft", antwortet sie. „Ich bin auch ziemlich notgeil momentan." Lachend streiche ich über ihre Brust und sie schließt selig lächelnd die Augen, mit ihren Fingern krallt sie sich in mein Haar. Ich küsse sie erst am Hals, dann zahm auf die Wange, bis sie die Augen wieder öffnet und mich anschaut. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich das genieße", meint sie.
„Doch, ich denke schon", erwidere ich. „Du hast echt Glück, dass die alte Dame aus der Wohnung nebenan schwerhörig ist", grinse ich.
„Du bist ja wohl auch nicht der leiseste Typ der Welt", murrt sie.
„Ich steh drauf, wenn du laut bist, hör bloß nicht auf damit", sage ich und sie schenkt mir ein Lächeln.
„Kann ich gar nicht", gluckst sie.
Ich küsse sie, ehe ich sie liegenlasse. Pari schnalzt missbilligend mit der Zunge.
„Dein Ernst?", fragt sie.
„Du wolltest doch Kaffee", trieze ich sie.
„Gut, dann kann ich mich ja anziehen, solange du Kaffee kochst", kontert sie grimmig.
„Mach, ich kann dich ja wieder ausziehen. Is' kein Problem für mich."
Pari folgt mir zur Kaffeemaschine und drängelt sich vor mich.
„Ich hab's mir anders überlegt", verkündet sie. „Ich bleibe nackt, aber du musst deine Hände bei dir behalten, keine unzüchtigen Avancen bitte." Ich küsse sie sanft hinters Ohr, ehe ich ihr zuflüstere: „Gestern war schön, du warst so losgelöst. Hast du deine Skills in Sachen Selbstbefriedigung verbessert?"
„Und wenn?", schießt sie frech zurück.
„Nette Vorstellung", kommentiere ich und drücke sie von hinten gegen die Anrichte.
„Hey", ermahnt sie mich. „Nicht anfassen, hatte ich gesagt."
„Guck mal." Ich nicke in Richtung der Kaffeemaschine. „Da sind meine Hände."
„Kannst du deine restliche Anatomie auch selber verorten, oder soll ich dir dabei helfen?", fragt sie mich. Sie dreht sich zu mir um, legt ihre Hände auf meinen Bauch und schiebt mich weg von sich. „Geh", sagt sie. „Ich mache uns Frühstück." Sie haucht mir einen Kuss auf die Wange, doch als sie sich zurückziehen will, nehme ich ihr Gesicht in beide Hände und küsse sie ein zweites Mal.
„Bis eben hast du mir doch noch erzählt, du könntest die Kaffeemaschine nicht bedienen", erinnere ich sie skeptisch.
„Das war, bevor du alles betriebsbereit gemacht hast", winkt sie ab. Sie startet das Programm und Kaffee Crema fließt aus der Maschine in die Tasse, die ich darunter platziert habe.
„Hau ab, welche Knöpfe ich bei dir drücken muss, weiß ich doch." Sie schmunzelt und ich lasse von ihr ab, da ich ja nun offensichtlich nicht mehr gebraucht werde.
Während Pari mit der Kaffeemaschine zugange ist, schnappe ich mir eine Jogginghose und einen Pullover. Zuletzt ziehe ich einen weiteren Hoodie aus meinem Schrank. Bevor ich mir meine Tasse hole, lege ihn ihr über die Schultern und knote die Ärmel vor ihrem Hals locker zusammen.
„Zieh den an, falls dir kalt werden sollte", fordere ich sie auf. „Ich bin auf dem Balkon."
Pari nickt und ist längst damit beschäftigt, Besteck aus der Schublade neben sich rauszusuchen.

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